Rede: Ralf Briese: Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Versammlungsrechts

Anrede,

es hat ein bisschen gedauert, bis die Mehrheit in diesem Hause ein eigenes Versammlungsrecht erarbeitet hat. Gut Ding will Weile haben – aber nun kann es losgehen.

Ein guter Gesetzentwurf der grünen Fraktion ist ja schon eingebracht und wartet im Innenausschuss darauf, mit dem Mehrheitsentwurf verglichen zu werden.

Also eines vorweg: Der schwarz-gelbe Entwurf atmet weiter den Geist des Obrigkeitsstaates. Die Mehrheit in diesem Haus will keine aktive und kritische Bürgergesellschaft. Es ist ihnen nicht gelungen, das Versammlungsrecht aus der staatlichen Umklammerung zu lösen. Die Versammlungsbehörde hat immer noch sehr großen Einfluss auf den Versammlungsablauf. Sie kann bestimmen, kontrollieren und auch gängeln.

Das wird vor allen Dingen deutlich bei den umfangreichen Informationspflichten bei einer Demoanmeldung. Die Behörde kann auch – aus welchen Gründen auch immer – eine Versammlungsleitung ablehnen. Wie sie zu dieser Entscheidung kommt und warum, muss sie nicht einmal begründen. Da ist der Willkür Tür und Tor geöffnet – und viel Streit vorprogrammiert.

Und dann diese Verliebtheit in Datensammelei und Bürokratie. Nicht nur jeder Versammlungsanmelder muss sich erstmal halb ausziehen, sondern die Versammlungsbehörde kann sogar von jedem Ordner – also einer Demohilfskraft – personenbezogene Stammdaten verlangen.

Die starke Stellung der Versammlungsbehörde ist schon mal ein großer Unterschied zu unserem Entwurf. Wir haben versucht ein Gesetz für die Menschen zu schreiben und nicht für die staatlichen Kontrollbehörden.

Wir gehen erstmal nicht mit einer misstrauischen Grundhaltung an Menschen heran, die sich politisch beteiligen wollen. Denn die allermeisten Versammlungen sind friedlich und gewaltfrei.

Das Grundgesetz sagt in schöner Klarheit und Deutlichkeit: Alle Deutschen – besser wäre Menschen – haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

Gewalt, Aggression und extremistische Provokation stehen nicht unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit und können jederzeit verboten werden. Das ist auch richtig so.

Der grüne Gesetzentwurf hat genauso wie der schwarz-gelbe die Absicht, rechtsextreme Versammlungen, die den Nationalsozialismus verherrlichen und die Opfer der Nazi-Herrschaft verhöhnen, im Vorfeld zu verbieten.  Das ist ein schwieriges Feld – und wir werden intensiv beraten müssen, wem das besser gelungen ist.

Definitiv liberaler und auch verständlicher sind wir bei der Frage der Polizeiaufnahmen. Bild- und Tonaufnahmen bei Versammlungen haben ein viel zu großes Ausmaß angenommen. Damit wird die Versammlungsfreiheit beschädigt.

Wir sagen einfach und klar: Die Polizei darf offen Aufnahmen machen, wenn die Sicherheit gefährdet ist. Die Aufnahmen dürfen  verwendet werden, wenn sie zur Straftatenaufklärung notwendig sind. Danach sind sie zu löschen. Einfach und verständlich.

Und dann lesen wir im schwarz-gelben Antrag: Der § 19 "Bild- und Tonaufnahmen" hat vier Absätze mit jeweils 3-4 Unterpunkten und auch nach drei- oder viermal lesen weiß man nicht, wann die Polizei was, wie lange und wofür speichern darf. Das ist unverständlich, bürokratisch, schlecht.

Und zum Abschluss: An der heiligen Bannmeile wollen sie unbedingt festhalten. Etwas mehr Vertrauen in die gefestigte Demokratie und das parlamentarische Selbstbewusstsein sollte man schon haben.

Demonstrationen muten wir den Menschen überall zu – vor Rathäusern, in Fußgängerzonen, vor Bahnhöfen und vor Schulen und Universitäten. Aber dort wo Politik und Gesetze gemacht werden bitte nicht.  Das ist ängstlich und ungerecht.

Noch mal zum Mitschreiben: Jede gewalttätige Demonstration kann sofort aufgelöst und verboten werden. Das Parlament muss nicht doppelt und dreifach geschützt werden, sondern muss sich Kritik schon anhören.

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