Rede Ottmar von Holtz: Große Anfrage (CDU) zur Rückführung ausreisepflichtiger Menschen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

unser geschätzter Landtagspräsident Busemann, Mitglied der CDU-Fraktion angehört, hat am 18. März beim Festakt zur Einweihung des Museums Friedland im Grenzdurchgangslager Friedland eine Rede gehalten, in der er sich ausdrücklich zum Asylrecht und zur Genfer Flüchtlingskonvention bekannte:

„Das individuelle Grundrecht auf Asyl in Artikel 16a GG und unsere Verpflichtung auf die Grundsätze der Genfer Flüchtlingskonvention sind keine Schönwetterparagrafen. Ihr Wert zeigt sich vielmehr gerade erst dann, wenn es schwieriger wird, sie mit Inhalt zu füllen. Das ist zurzeit ohne Zweifel der Fall. Und schon gibt es erstarkende politische Kräfte, die das Grundgesetz und die Flüchtlingskonvention schon beim ersten Windstoß über den Haufen werfen wollen. Das dürfen wir nicht zulassen.“

Herr Landtagspräsident, ich danke Ihnen herzlich für diese deutlichen Worte!

Es gibt Normen, die so grundlegend sind, wie das Grundgesetz mit dem Asylrecht, die Menschenrechtskonvention und die Genfer Flüchtlingskonvention, die für uns Grüne unumstößlich sind. Am Asylrecht schraubt man nicht mal eben herum, wenn es ein bisschen eng wird.

Meine Damen und Herren,

der aktuelle Tätigkeitsbericht der Härtefallkommission macht deutlich, dass die Kommission im abgelaufenen Jahr 2015 so viele Anträge bekommen hat wie nie zuvor seit ihrer Gründung vor zehn Jahren. Sie hat sich in 188 Einzelfällen aufgrund dringender humanitärer oder persönlicher Gründe für eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland ausgesprochen. In 180 Fällen ist das Innenministerium dem auch gefolgt. Diese Zahlen zeigen: es gibt immer wieder gute Gründe, die gegen Abschiebungen sprechen. Sie zeigen auch: bei vielen Einzelfällen, wo Abschiebungen drohen, muss man sehr genau hinschauen, was da wirklich vorliegt.

Zum internationalen Tag der Roma am 8. April hat der Flüchtlingsrat darauf hingewiesen, dass es Staaten gibt, in denen die Fakten ganz anders aussehen als uns es diese Staaten glauben machen wollen. Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Albanien und Montenegro sind gerade für Roma, die dort am untersten Ende der sozialen Hierarchie stehen und vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt sind, alles andere als „sichere Herkunftsstaaten“. Der Flüchtlingsrat hat gesagt:

„Auch wenn es auch Sicht der deutschen Asylbürokratie an Belegen für staatliche Verfolgung fehle, lässt sich in vielen Fällen nachweisen, dass die Staaten nicht vor Verfolgung schützen. Das allein kann laut Genfer Flüchtlingskonvention zu einer Flüchtlingsanerkennung führen. In der Praxis erleben insbesondere Schwule und Lesben, aber auch Angehörige ethnischer Minderheiten wie Roma Diskriminierungen in verbaler und physischer Form, ohne staatlichen Schutz zu finden. Rückkehrende Roma erwarten regelmäßig Verelendung, Analphabetismus, rassistische Übergriffe und Ghettoisierung. Das haben Recherchen und Berichte von bereits zurückgekehrten Roma-Flüchtlingen bestätigt.“

Meine Damen und Herren,

die Antwort der Landesregierung auf die Fragen der CDU haben gezeigt: beim Thema Asyl und Abschiebungen bewegen wir uns absolut im rechtlich zulässigen Rahmen. Und wir werden uns davon nicht abbringen lassen. Über Ängste, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, über Ängste und über Belastungen können wir gerne reden. Aber Panikmache – das ist mit uns nicht machen!

Der Innenminister hat mit dem Rückführungserlass gezeigt, wie es geht; wie die Wahrung der Familieneinheit, die weitgehende Vermeidung nächtlicher Abschiebungen und der Schutz der Menschenwürde sichergestellt werden können. Und das alles im Rahmen des geltenden Bundesrechts!

Gesundheitliche Gründe können Abschiebungshindernisse sein, die durchaus im Ermessen der Ausländerbehörden liegen. Darauf wird auch weiterhin geachtet werden. SPD und Grüne, meine Damen und Herren, betreiben eine menschenrechtsbasierte Flüchtlingspolitik.

Und sicher, die Antwort der Landesregierung führt auch aus: wenn es das Gesetz erfordert, dann kommt es natürlich auch zu Abschiebungen. Nur, meine Damen und Herren, wir betreiben keine Abschiebepolitik um der Abschiebungen willen.

Bei uns ist die Abschiebung ultima ratio. Die freiwillige Ausreise hat absoluten Vorrang! Deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal meinen herzlichen Dank an alle Aktiven richten, die in der Beratung, insbesondere der Rückkehrberatung, engagiert sind. Ausdrücklich hervorheben möchte ich hier die wertvolle Arbeit des Raphaelswerkes.

Für Personalkostenzuschüsse an Verbände der freien Wohlfahrtspflege und Hilfsorganisationen zum Zweck der sozialen Betreuung und Beratung, also für die unabhängige Verfahrensberatung in der LAB NI stehen seit 2014 im Haushalt 300.000 EUR, seit 2016 sogar 600.000 EUR zur Verfügung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU,

Sie kommen in Frage 12 auf die Zahlen der Geduldeten zu sprechen. Da möchte ich einmal auf Ihren Antrag mit dem Titel „Deine Chance in Niedersachsen - Ein niedersächsisches Programm als Ausweg aus der Duldung“ in der Drucksache 17/3828 aus dem Juli 2015 hinweisen. Dieser Antrag zeigte bemerkenswerte Perspektiven auf und wurde durch einen großen Presseaufschlag begleitet.

Nur hat die CDU-Fraktion diesen Antrag im Januar zurückgezogen. Hatten sie plötzlich Angst vor der eigenen Courage? Ich hoffe doch sehr, dass Sie in Sachen Abschiebungen nicht wieder zurück wollen in die Ära Schünemann! Dann hätten Sie nichts, aber auch gar nichts gelernt! David McAllister hat nach der Landtagswahl die Fehler in der Flüchtlingspolitik treffend identifiziert. Gehen Sie in sich: wiederholen Sie diese nicht!

Vielen Dank!

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