Rede Ottmar von Holtz: Antrag (FDP) zur Hochschulfreiheit für Niedersachsen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

die FDP möchte also Hochschulfreiheit in Niedersachsen! Da reibt man sich verwundert die Augen und fragt sich: die Hochschulen haben keine Freiheit in Niedersachsen?

Da müssen Sie sich keine Sorgen machen, liebe Kollegin von Below-Neufeldt. Unsere Universitäten und Fachhochschulen haben alle Freiheiten, die Ihnen laut Verfassung zustehen.

Die durch das Grundgesetz zugesicherte Freiheit in Forschung und Lehre ist in allen Belangen in Niedersachsen erfüllt. Ihr Ruf nach Freiheit verhallt in der Weite der Forschungsfreiheit, die die niedersächsischen Hochschulen genießen. Niemand wird diesen Ruf hören. Vielleicht Ihre Parteimitglieder, sonst niemand.

Meine Damen und Herren der FDP, ich glaube, dass Sie etwas ganz anderes vorhaben. Ihnen geht es nicht um die Freiheit von Forschung und Lehre. Ihnen geht es darum, die Hochschulen vollumfänglich von der Fach- und Rechtsaufsicht des Landes zu befreien. Sie wollen das Pinkwartsche Hochschulfreiheitsgesetz in Niedersachsen haben.

Sie wollen, dass unsere Hochschulen ausschließlich nach ökonomischen Prinzipien geführt werden. Sie wollen Hochschulen, die sich wie Unternehmen in der freien Wirtschaft weiterentwickeln und entfalten können.

Allerdings machen Sie bei Ihrer ganzen Konstruktion einen riesigen Denkfehler: das ganze Vorhaben ist nämlich steuerfinanziert! Wir hätten am Ende 21 freie Wirtschaftsunternehmen, die das Land mit einer gigantischen Summe von 2,4 Mrd. Euro pro Jahr subventioniert. Wie wollen Sie das eigentlich rechtfertigen?

Ich wäre gespannt, was die europäischen Wettbewerbshüter dazu sagen würden. Ich wäre im Übrigen auch gespannt, was Ihr Parteimitglied Bernhard Zentgraf, der selbst ernannte Steuerwächter, dazu sagen würde. Steuerfinanzierte Einrichtungen, die sich vollständig der Kontrolle des Steuerzahlers entziehen!

Der zweite Fehler, den Sie machen, ist: vieles, ja fast alles, von dem, was Sie fordern, ist bereits erfüllt. Ein paar Beispiele:

Beispiel Grundordnung: In Niedersachsen beschließen die Hochschulen selbst über Ihre Grundordnung. Das Ministerium prüft lediglich bei staatlichen Angelegenheiten – wie bei der Bewirtschaftung der Landesmittel – die Zweckmäßigkeit. Immerhin geht es hier um Steuergelder. Und da muss ich Ihnen doch nicht erläutern, was das bedeutet!

Oder: Mehr Partizipation der Statusgruppen. Ja, die haben wir doch gerade im Dezember mit den Änderungen des Hochschulgesetzes beschlossen! Und Sie haben dagegen gestimmt, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP.

Weiter: Hochschulen sollen nach Ihrer Lesart unabhängige rechtsfähige Einrichtungen sein. Abgesehen davon, dass sie jetzt schon rechtsfähig sind – so etwas muss man nun wirklich nicht fordern! – abgesehen davon wollen Sie vor allem eines. Sie wollen einen Freibrief, den die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler unseres Landes teuer bezahlen können.

Der Gipfel ist übrigens, dass Sie die Hochschulen offensichtlich von den Vorschriften der Landeshaushaltsordnung entbinden wollen. Sie fordern ein Globalbudget und Finanzhoheit. Doch diese haben die Hochschulen schon. Ihre Budgethoheit ist im Ergebnis lediglich durch das Budgetrecht des Landtags begrenzt. Und durch die sich daraus ergebenden Berichtspflichten durch die Fachaufsicht des Ministeriums – etwas, was verfassungsgemäß unverzichtbar ist. Wieder blenden Sie aus, dass die Grundfinanzierung der staatlich getragenen Hochschulen – auch der Stiftungshochschulen! – Steuergelder sind. Ich frage mich manchmal wirklich, in was für einer Welt Sie eigentlich leben!

Die Hochschulen entscheiden jetzt schon eigenverantwortlich und ohne Bindung an Zweckbestimmungen über den Einsatz ihrer Finanzmittel. Das gilt für alle Bereiche der Verwaltung. Auch im Bereich der Personalwirtschaft. Sie fordern aber mehr! Sie fordern die vollständige Befreiung jeglicher Berichtspflicht gegenüber dem Steuerzahler.

In Ihrem Antrag finde ich bei bestem Willen keinen Punkt, wo ich sagen könnte, „ok, das kann ich verstehen und mittragen“.

Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP. Das, was Sie hier mit uns machen, ist unglaublich. Sie benutzen das Parlament als Testwiese für ihr künftiges Landtagswahlprogramm. Ein steuerfinanzierter Programmparteitag, an dem wir alle mitmachen dürfen. Sie dürften noch nicht einmal im Traum damit gerechnet haben, dass wir darüber begeistert sein werden!

Wenn ich könnte, würde ich am liebsten die sofortige Abstimmung beantragen und Ihren Antrag ablehnen. Den braucht die Welt wirklich nicht!

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