Rede Miriam Staudte: Haushalt 2010 - Soziales (Kinder und Jugendliche)

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete!

Vor wenigen Tagen veröffentlichte der Landesbetrieb für Statistik aktuelle Zahlen, was die In-Obhut-Nahmen von Kindern und Jugendlichen angeht. Im Jahr 2008 kam es im Vergleich zum Vorjahr zu einer Steigerung von plus 31%. In den konkreten Situationen sicher richtige und wichtige Kindeswohls-Entscheidungen, aber auch ein Zeichen dafür, dass präventive Maßnahmen vorher nicht ausreichend genutzt wurden. Doch nicht jede präventive Maßnahme ist gleich effektiv: Zum Beispiel das umstrittene Einladewesen, das im kommenden Jahr erstmals im Landeshaushalt zu Buche schlagen wird: Im Übrigen ebenso bei den Kommunen, denen dieses Projekt gegen ihren Willen aufgezwungen wurde. Beim Land sind es also 700.000 Euro für Personalkosten, 550.000 Euro für Portokosten. Dass die Landesregierung inzwischen selbst erkannt hat, dass sie mit diesem Projekt keine Lorbeeren ernten kann, ist klar geworden, als der Beschluss still und leise zur späten Abendstunde im Plenum durchgedrückt wurde. Die Experten der ersten "Kinderschutzkonferenz" lehnten den Vorschlag rundweg ab,

  • der Landkreistag warf die Frage auf, ob es sich nicht um "Alibi-Bürokratie" handele.
  • -Landesbeirat der Kinder und Jugendhilfe sah keine zwingende Notwendigkeit für diese Maßnahme.
  • Berufsverband der Kinderärzte erwartete im Einladewesen ohne weitere unterstützende Maßnahmen keinen Effekt.
  • Die Wohlfahrtsverbände äußern Unverständnis warum gerade für diese Maßnahme Gelder vorhanden sind.

Dieses Unverständnis teilen wir. Wir Grüne lehnen dieses Projekt ab und wollen diese 1,25 Mio. € für andere erprobte Maßnahmen einsetzen: Kommunen, die Kinderschutzprojekte wie Baby-Begrüßungsaktionen wie in Dormagen oder Delmenhorst durchführen, sollen Zuschüsse aus einem Landestopf erhalten. Dafür wollen wir 400.000€ zur Verfügung stellen. Wir wollen weiterhin die Kommunen unterstützen, Familienhebammen einzusetzen und stellen 1,5 Mio. € dafür bereit. Es gibt kein Projekt, das so oft lobend hervorgehoben wird wie die Familienhebammen und gleichzeitig vom Land so marginal durch Projektmittel gefördert wird. Diese 1,5 Mio. € für die Familienhebammen sind mehr als überfällig.

Auch fordern wir mit unserem Haushaltsänderungsantrag die Einführung des erfolgreichen  Berliner Charite-Projekts zur präventiven Arbeit mit Pädophilen: Mit 80.000€ jährlich werden in Berlin mehrere Hundert Beratungsgespräche mit Männern durchgeführt, die ihre pädophilen Neigungen von sich aus bekämpfen wollen bevor sie Täter werden. Wir haben im Ausschuss eine Unterrichtung beantragt, die Vorteile wurden deutlich, doch auch in diesem Fall verharrt die Landesregierung in Regungslosigkeit. Wenn auch nur der sexuelle Missbrauch an einem Kind damit verhindert wird, ist das mit Geld nicht aufzuwiegen.

Dann das Dauerthema "Jugend und Alkohol". Hier wird der Innenminister ja nicht müde repressive Bekämpfungsstrategien in den Vordergrund zu stellen. Dass der Mittelansatz für Suchtbekämpfung seit Jahren trotz Tarifsteigerungen auf 7 Mio eingefroren ist, scheint niemanden zu stören. Die Sozialministerin lobt stattdessen das erfolgreiche Halt-Projekt. Doch auch hier schießt die Landesregierung keinen Cent mehr zu und überlässt den Krankenkassen die Finanzierung. Wir Grünen hingegen bieten mehr als warme Worte und wollen für die  flächendeckende Einführung des Halt-Projekts 300.000€ zur Verfügung stellen. Es gibt Handlungsbedarf – die Zahl der Krankenhausaufenthalte stieg seit dem Jahr 2000 um 170%.

Nun noch der Vollständigkeit halber einige Stichpunkte aus unserem Haushaltsänderungsantrag:

Wir haben ja gerade einen Antrag zur besseren Partizipation von Kinder und Jugendlichen in der Beratung. Für die Reaktivierung der Gemeinschaftsaktion "Niedersachsen- Land für Kinder" wollen wir daher 200.000€ bereitstellen.

Noch ein Satz zur Jugendarbeit: Neben dem Innovationspool, für den wir 150.000€ vorsehen, wollen wir die 2003 gestrichenen Ferienfahrtenzuschüsse wieder einsetzen. Das ist Geld, das bei bedürftigen Familien und ihren Kindern tatsächlich ankommt.

Alles in Allem: 2,75 Mio. € für mehr Prävention in diesen Bereichen der Kinder- und Jugendpolitik. Das sind 2,75 Mio. € für ein soziales, gerechteres Niedersachsen. An die Vertreter von CDU und FDP kann ich nur appellieren: Überdenken sie ihre bisherigen Entscheidungen noch einmal!

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