Rede Miriam Staudte: Antrag (SPD/GRÜNE) - Keine Kapazitätserweiterung von Schacht Konrad - stattdessen Überprüfung nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

Gestern haben wir über den Stiftungsfonds Asse gesprochen, der notwendig ist, weil in der Asse nach dem Motto verfahren wurde: Wir haben hier ein Bergwerk, lasst uns möglich viel Atommüll hineinfüllen und alle Sicherheitsbedenken ignorieren. Meine Damen und Herren, dieses Schema darf sich bei Schacht Konrad nicht wiederholen.

Welche Bedenken gibt es bei Schacht Konrad? Ich möchte daa an dieser Stelle einmal ausführen, denn wir haben in dieser Wahlperiode im Plenum noch nicht über Schacht Konrad diskutiert. Schacht Konrad ist ein ausgebeutetes Eisenerzbergwerk und wurde nicht unter sicherheitsrelevantes Gesichtspunkten für ein Endlager gebaut. Stattdessen sind Wegsamkeiten durch ehemalige Probebohrungen vorhanden. Die Schächte wurden zum Beispiel nicht unter hydrogeologischen Gesichtspunkten abgeteuft- Sie wissen ja wie wichtig die Wasserfrage in einem Endlager ist. Man muss unbedingt vermeiden, dass Wasser als Transportmedium für Radioaktivität im Bergwerk unkontrolliert zufließt. Die Gesellschaft für Strahlenforschung , die 9 Jahre vorher die Asse als für alle Ewigkeit sicher bezeichnet hatte, sagte 1982 , in Schacht Konrad sei kein Wasser zu erwarten. Wer schon mal unten im Schacht Konrad war, weiß, dass es auch hier regelrechte Tropfsteinformationen gibt.

Stand von Wissenschaft und Technik ist, dass man ein  Endlager nicht da baut, wo Bodenschätze vorhanden sind, denn zukünftige Generationen könnten unwissentlich auf der Suche nach Bodenschätzen das Endlager anbohren. Auf Konrad trifft auch dieses Ausschlusskriterium zu, denn das Eisenerz in Konrad wurde nicht vollständig ausgebeutet. Das sind nur einige Gesichtspunkte, die belegen dass Konrad als Endlager ungeeignet ist. Auch die Problematik einer Gasmigration wurde nicht untersucht.

Die Konzeptplanungen für Konrad stammen aus den 80er Jahren. Trotz Aufforderung durch die niedersächsische Landesregierung hat das Bundesamt für Strahlenschutz bis heute keinen Sicherheitsnachweis nach Stand von Wissenschaft und Technik vorlegt. Das bestärkt die Vermutung: Ein solcher Nachweis lässt sich nicht führen!

Nun zu den aktuellen Debatten: Das geplante Endlager Schacht Konrad ist für 303.000 Kubikmeter Abfallvolumen genehmigt. Nachdem der Bund seine Prognose für den Anfall von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen überarbeitet hat, wurde aber amtlich bestätigt: Es fallen doppelt so viele Abfälle an, wie in Schacht Konrad nach geltender Genehmigung eingelagert werden dürften. Anti-Atom-Initiativen hatten schon lange gewarnt, dass die rückzuholenden Abfälle aus der Asse und die Abfälle aus der Urananreicherung ignoriert wurden.

Und was tut der Bund? Schlägt vor, die neu entdeckten Abfallmengen in Schacht Konrad unterzubringen. Besonders perfide:  die Kapazitätserweiterung sollte erst nach der Inbetriebnahme beantragt werden. Warum? Andernfalls hätte das gesamte geplant Endlager nach heutigen Sicherheitsanforderungen neu genehmigt und planfestgestellt werden müssen – und den Bürgerinnen und Bürgern wären neue Möglichkeiten des Rechtsschutzes eröffnet worden. Die Bundesregierung glaubte wohl nicht, dass die bisherigen Planungen diesen Anforderungen hätten standhalten können.

Die Bundesregierung war wohl von den Protesten in der Region überrascht. Nach 70.000 Einwendungen hat sie die Ankündigung der Kapazitätserweiterung für Schacht Konrad als favorisierte Option wieder aus dem Nationalen Entsorgungsprogramm gestrichen. Sie hat sie aber auch nicht definitiv ausgeschlossen. Faktisch steht jetzt keine Lösung für die Asse-Abfälle und die Uranabfälle im Napro.  Mit der geplanten Inbetriebnahme 2022  ginge die Zuständigkeit dank des „tollen“ Standortauswahlgesetzes wie gesagt vom Land auf den Bund über. Und dann kann der Konrad-Joker wieder aus dem Hut gezogen werden – und für das Land Niedersachsen wäre es noch schwieriger, ein Veto einzulegen. Die Endlagerkommission soll sich nun um den neuen entdeckten Müll kümmern- mehr Zeit hat sie dafür nicht.

Dass die Bundesregierung die Endlager-Kommission nun angewiesen hat zu untersuchen, wie und ob schwach- und mittelradioaktive Abfälle zusammen mit den hochradioaktiven entsorgt werden können, ist bedenklich. Ein Mischlager wäre sogar gefährlich, denn die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle sind gasbildend und die heißen, hochradioaktiven Abfälle sollte man wohl besser nicht mit Gas in Kontakt kommen lassen. Dann heißt es in der Endlagerkommission wieder: nein, Mischlager heißt nur zwei Endlager in einer Region. Aber auch das ist fragwürdig: Warum soll eine Region eigentlich alle Lasten alleine tragen? Und wie wahrscheinlich ist es , dass man ein bestmögliche Formation für hochradioaktiven Atommüll neben einer bestmöglichen Formation für SAW/MAW findet?

Die einzige Lösung: Die ungelöste Frage der Entsorgung auch der  schwach- und mittelradioaktiven Abfälle muss in einem vergleichenden Standortauswahlverfahren geklärt werden. So macht es die Schweiz. Und so müssen wir es auch machen. Und so ist es langfristig der schnellere und sicherere Weg.

Der Rückbau der AKW wird dadurch nicht verzögert- denn der schwach- und mittelradioaktive Müll kommt sowieso erst in Zwischenlager vor Ort. Auch die Anti-Atom-Initiativen haben auf der Atommüllkonferenz im Juli 2015 in einem  Positionspapier zum AKW-Rückbau gefordert:

„Jeglicher Atommüll, also sowohl der hoch-, mittel-, und schwachradioaktive, als auch alle anders klassifizierten radioaktiven Materialien, muss am Standort zwischengelagert werden bis es Lagerstätten in Deutschland für die langfristige Verwahrung gibt. Gorleben und Schacht Konrad scheiden als Lagerstätten aus, da sie weder geeignet noch akzeptiert sind.“

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