Rede Miriam Staudte: Änderungsantrag (SPD/GRÜNE) - Tarnt sich der Tofu? - Kennzeichnung ist uns nicht Wurst

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Begriffe wie Vegetarische Wurst und Veggie-Schnitzel sollen nach Meinung der CDU künftig verboten werden. Das war in ihrem Ursprungsantrag so, das ist in ihrem neuen Änderungsantrag nicht anders geworden. Wir wollen das Gegenteil: In unserem Antrag „Tarnt sich der Tofu?“ sprechen wir uns für die Beibehaltung der bisherigen Bezeichnungen aus. Ihr Änderungsantrag wird heute also den Weg allen Fleisches gehen und abgelehnt werden.

Ihr vorgeschobenes Argument ist ja immer, Begriffe wie „veganes Schnitzel“ seien eine Irreführung der Verbraucherinnen und Verbraucher.

Wir haben uns ausführlichst mit dieser Thematik der Bezeichnungen in einer Expertenanhörung befasst und selbst die Verbraucherschützer haben ihnen widersprochen. Mit Zusätzen wie „vegan“ oder „vegetarisch“ werden nach Auffassung der Verbraucherzentrale Produkte völlig ausreichend kenntlich gemacht – und die Verbraucherzentrale hat sogar Kundenbefragungen dazu durchgeführt. Nur 4% haben jemals danebengegriffen, und zwar in beide Richtungen. Vermutlich haben sie die Beschriftung gar nicht gelesen.

Eine Bezeichnung wie „vegane Bratwurst“ ist nicht irreführend, sondern transportiert mit einem kurzen, aussagekräftigen und attraktiven Namen alle notwendigen Informationen:

  1. sie ist ohne tierische Produkte hergestellt,
  2. sie schmeckt wie eine Bratwurst,
  3. sie ist wie eine Bratwurst zuzubereiten also auch auf dem Grill
  4. und wenn ich Ketchup oder Senf dazu kaufe, mache ich nichts falsch.

Wenn die Hersteller stattdessen „veganes, längliches Soja-Brat- oder Grillstück“ dazu sagen müssten, wäre das wohl eher verwirrend.

Klingt auch nicht appetitlich: Da mag kein Mensch mehr reinbeißen, aber das ist vielleicht ihr Interesse.

Das Gegenteil von ihrer Behauptung ist also richtig:

Die aktuellen Produktbezeichnungen sind für den Verbraucher eine Erleichterung bei der Produktauswahl.

Im Übrigen wurden solche Namensgebungen auch schon durch mehrere Gerichtsurteile bestätigt. Auch durch das heutige Urteil des EuGH zu Käseprodukten. Denn die Richter haben darin ausdrücklich festgehalten, dass dieses Verbot bei Fleischprodukten nicht gilt.

Die absichtliche Irreführung ist doch ein absurder Vorwurf: Die Hersteller haben doch ein enormes Interesse, dass ihre Produkte als vegetarisch oder vegan für die Verbraucher zu erkennen sind und sie ihre Zielgruppe erreichen. Dick und fett steht es deshalb auf jedem Veggie-Produkt.

Wir sind auch von einem Bündnis von Lebensmittelherstellern wie der Rügenwalder Mühle , Meica, Herta- die ja alle ehemals reine Fleischereien waren- angeschrieben worden, Ketten wie dennree waren auch dabei- dieses Wirtschaftsbündnis fordert dringend, dass diese Begriffe weiterhin zulässig sind,

einzige Bedingung:  eine ausreichende Ähnlichkeit mit dem namensgebenden Produkt muss bestehen.

Der vegane Fleischsalat muss also auch wie ein traditioneller Fleischsalat und nicht wie Waldorfsalat schmecken.

Die Veggie-Palette ist DAS Wachstumssegment in dieser Branche mit hunderten von Arbeitsplätzen in Niedersachsen. Die setzen sie von der CDU aufs Spiel.

Was steckt also wirklich hinter der ihrer Forderung? Wessen Interessen vertreten sie mit diesem Antrag?

Bleiben eigentlich fast nur noch die Schweineproduzenten.

Und das passt ja auch: Da hat die CDU sich ja schon mit der Forderung für mehr Schweinefleisch in Schulkantinen hervorgetan.

Sie können deren Interessen ja vertreten, aber dann schieben sie nicht immer andere Argumente vor, wie die kulturelle Überfremdung durch muslimische Essgewohnheiten in Schulmensen oder die angebliche Verbrauchertäuschung. Stehen sie doch dazu, dass sie Fleischprotektionismus betreiben wollen statt immer wieder Geschichten darum herum zu erfinden.

Fleischlose oder vegane Produkte sind ein Megatrend. Immer mehr Menschen wollen zumindest ihren Fleischkonsum reduzieren und darüber kann man sich doch nur freuen, gerade in Niedersachsen, wenn man mal an unsere Nitrat- und Gülleproblematik denkt.

Gerade für diese Flexitarier sind die neuen Produkte eine Einstiegshilfe, sie wollen aus ethischen oder Tierschutzgründen auf Fleisch verzichten, aber eben nicht auf den Fleisch- oder Wurstgeschmack.

Wer seit Jahren kein Fleisch mehr isst, der mag diesen Geschmack doch meist überhaupt nicht mehr. 

Und das ist ihre große Sorge, dass sich perspektivisch viel größere Bevölkerungsgruppen für eine vegane oder vegetarische Ernährung entscheiden.

Die Verbraucher sind schlauer als sie behaupten, sie wissen, dass im Mäusespeck keine Mäuse sind und dass in der veganen Wurst kein Fleisch.

Sie wissen ja auch, dass bei der CDU trotz C keine christliche Politik zu erwarten ist.

Viele Dank.

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