Michael Lühmann: Rede zur Akt. Stunde (AfD) zum niedersächsischen Verfassungsschutz

Rede Michael Lühmann© Plenar TV

TOP 5b: Der niedersächsische Verfassungsschutz, ein Teil der Antifa (Akt. Std. AfD)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg:innen,

Timing ist ja oft alles. Und wenn ich auf die Ereignisse gestern in Sachsen schaue, Schüsse bei der Festnahme eines AfD-Politikers, dem, wie zwei weiteren Parteikadern, die Mitgliedschaft in einer rechtsextremen terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird, dann kann ich die vom rechtsextremen Verdachtsfall hier rechts außen aufgeworfene Frage, ob der Verfassungsschutz antifaschistisch sei, ob er das sein müsse, ob er das sein solle, sehr klar mit Ja beantworten.

Nicht zum ersten Mal jedenfalls, erinnert sei an die Gruppe Reuß oder an den Mörder von Walter Lübcke, ist die Nähe der AfD zum Rechtsterrorismus offenkundig. Die Rede vom parlamentarischen Arm erhält weitere Substanz. Und die Notwendigkeit, deshalb den antifaschis-tischen Kern unserer Verfassung auch und gerade gegen die AfD als ideologischer Wiedergänger zu verteidigen, erhält mit jedem dieser Fälle ein festeres Fundament.

Nun geht es im Falle Niedersachsens aber nicht um die konkreten, bewaffneten, ethnischen Säuberungspläne der sächsischen Parteifreunde Kurt, Hans-Georg und Kevin, sondern um einen Tweet des Niedersächsischen Verfassungsschutz, in dem sich dieser selbstverständlich als Antifa bezeichnet und erläuternd anfügt, dass jede Person, die sich hinter der freiheitlich-demokratischen Grundordnung versammelt, antifa(schistisch) sei.

Als regierungstragende Fraktionen haben wir uns, als ebenso überzeugte Antifaschist:innen, deshalb klar und deutlich hinter unseren Verfassungsschutz gestellt. Denn das, was der Verfassungsschutz verteidigt, unsere Verfassungsordnung, unsere freiheitlich demokratische Grundordnung, unser Grundgesetz, ist in seiner Entstehungsgeschichte, in seiner Wirkungsgeschichte, in seiner Ausrichtung und seiner Intention glasklar antifaschistisch. Eine Anti-Nazi-Verfassung, so der Verfassungsblog Gründer und Autor Maximilian Steinbeis.

Und was die AfD hier versucht ist am Ende ja nichts anderes als den Verfassungsschutz anzugreifen und zu diskreditieren, um von sich selbst abzulenken und Zweifel an unseren Sicherheitsorganen zu streuen. Das ist in Anbetracht des Status der AfD natürlich nachvollziehbar, aber folgt am Ende einer in Schnellroda beim Ziegenhof-faschisten Götz Kubitschek erdachten Strategie, jeden Diskurs zu zerstören. Das ‚Ende der Party‘ nennt das das rechtsextreme Umsturzmilieu in Schnellroda, wo auch niedersächsische AfD Abgeordnete fröhlich ein- und ausgehen. Und da muss der Verfassungsschutz eben auch hinschauen, selbstverständlich.

Wir alle sollten beherzt Antifaschist:innen sein und wen das hier inkludiert, unser Kreuz hat auch keinen Haken!  

Liebe Kolleg:innen, ich weiß, das ist für manche in der ideologischen Wagenburg schwer nachzuvollziehen, aber der Satz „Auch wir sind Antifa, selbstverständlich“, über den kann man sich am Ende doch nur aufregen, wenn man es sich bewusst ein bisschen zu einfach machen will, wenn man die Binnendifferenzierung innerhalb von Antifa-Gruppen, Antifa-Recherchekollektiven oder Antifa-Journalist:innen nicht sehen will, weil man die Kurzformel des Antifaschismus gleichsetzt mit jenen militanten Gruppen, die im Namen des Antifaschismus das Gewalt-monopol des Staates aktiv angreifen. Wenn Steine auf Polizist:innen fliegen, wenn rohe Gewalt Mittel zum Zweck wird, dann ist auch für mich zweifellos eine Grenze überschritten.

Aber als Antifaschist und als Sprecher für Antifaschismus lasse ich mir weder von Leuten, die Steine schmeißen als Initiationsritus sehen, noch, lieber Kollege Plett, von der DDR den Begriff des Antifaschismus nehmen.

Diesen letzten Sieg der DDR, den werde ich mir als Kind dieser furchtbaren Diktatur, aber auch und gerade als Kind der friedlichen Revolution von 1989 nicht kaputt machen lassen. Und das sollten sie auch nicht tun. Nur weil Ulbricht, Honecker und Co. den Begriff es Antifaschismus instrumentalisiert und entleert haben, sollten wir doch als Demokrat:innen umso selbstbewusster Antifaschist:innen sein. Siamo tutti antifacisti – alle zusammen gegen den Faschismus, was denn sonst.

Und wenn Sie schon Verfassungsschutzkritik für sich als Topos entdecken, und das ist ja vollkommen legitim, liebe CDU, dann doch bitte richtig. Da geben wir gern Nachhilfe, da haben wir viele Jahre Vorsprung. Und ansonsten rate ich uns allen, den Verfassungsschutz seine Arbeit machen lassen, der Blick aktuell nach Sachsen und hier rechts außen ins Plenum zeigt uns allen, wie notwendig das ist.

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