Rede Meta Janssen-Kucz: Haushalt 2008 – Familie und Gesundheit

 

Anrede

Vorteile hat die bevorstehende Landtagswahl ja, 1. der Haushalt wurde im schnell beraten; 2.  im Nachklapp gab es noch einige Zuschläge und 3. vorerst sind die Zeiten der harten Einschnitte im Gesundheitsbereich und insbesondere im Bereich der Kinder und Jugendpolitik vorbei”¦. Aber die Kerbe ist  geschlagen.

Jetzt wird erstmal "lieb Kind" bei den Wählerinnen und Wählern gemacht!

Anrede

Schauen wir uns den Haushalt mal etwas genauer an:

Ein Schlagwort ist das 100 Mio. € Programm: "Offensive: Kinder- und Familienfreundliches Niedersachsen" zur Förderung familienfreundlicher Strukturen. Doch die 100 Mio. müssen durch 4 Jahre geteilt werden, dann bleiben noch 25 Mio. Davon bekommt der Kultusminister auch noch 5 Mio. zur Förderung der Kooperation zwischen Kindertagesstätten und Grundschulen. Bleiben für die Sozialministerin 20 Mio. zur Förderung familienfreundlicher Strukturen.

Nach Aussagen der Ministerin wird das Programm rege abgerufen. Mein Eindruck ist eher, es ist ein Flop - ein Schuss in den Ofen.

Doch das Schlimmste ist, dass unter dem Dach der "Familien- und Kinderservicebüros" gerade neue Jobs unterhalb der Armutsgrenze, im Niedriglohnbereich, entstehen.

Für eine Tagesmutter wird zurzeit ein Stundensatz von 2,50 € pro Kind, bei Höherqualifizierung der Tagesmutter 3,00 € pro Kind und Stunde bezahlt.

Es heißt ja auch Tagesmütter – Tagesväter wird man bei diesem Stundensatz wohl kaum finden. Das schöne Gerede zum Mindestlohn ist doch ein Hohn, wenn zeitgleich mit Unterstützung der schwarz-gelben Regierung ein Niedriglohnbereich von Frauen für Frauen aufgebaut wird.

Über die Qualität der Tagesmütter und den Druck möglichst viele Kinder in Tagespflege zu nehmen, damit  es nicht nur ein "Hausfrauenjob" so nebenbei ist, will ich hier und heute gar nicht mehr reden. Aus dem Modell der Tagesmütter werden so ganz schnell Großpflegestellen – soll so die Zukunft der Kleinkinder in Niedersachsen aussehen?

Die Qualität, die die Bildung, Betreuung und Erziehung  von Kindern braucht, bleibt dabei garantiert auf der Strecke!

"Familien mit Zukunft – Zukunft für Familien" in Niedersachsen rückt damit in weite Ferne!

Anrede

Für den Kinder- und Jugendschutz stehen1,7 Mio. € im Haushalt, ebenso wie 2007. Ein besonderer Schwerpunkt der politischen Arbeit der Landesregierung/Ministerin(laut O-Ton Ministerin). In den letzten Monaten wurde eine Vielzahl von neuen Maßnahmen aufgelegt. Es ist nicht alles verkehrt, aber vieles erinnert an blinden Aktionismus.

In die Koordinationszentren Kinderschutz fließen 470.000 €. Der Kern dieses Modellprojektes, den Schutz von Kindern vor Vernachlässigung und Misshandlung durch verlässliche und verbindliche Kooperationen der bestehenden Hilfen auf kommunaler Ebene zu stärken, ist ein richtiger, längst überfälliger Weg.

Kooperation und Vernetzung ist das Zauberwort zum Schutz von Kindern vor Vernachlässigung und Misshandlung. Die Stärkung und der Ausbau von Netzwerken ist eindeutig Landesaufgabe.

Die 4 Modellprojekte in Stadt und Region Hannover, den Städten Braunschweig, Lüneburg und Oldenburg, sind angesichts der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung, der erzieherischen und pflegerischen Defizite, der Überforderung von Familien, der Zunahme von Alleinerziehenden, dem generellen Anstieg von psychischen Erkrankungen  und und und ”¦.. ein (4) Tropfen auf dem brodelnden Lavastein.

Anrede

Schauen wir uns dazu die läppischen 70.000 € für Familienhebammen an. Es ist  wichtig und richtig, Familienhebammen auszubilden und weiter zu qualifizieren, ebenso wie die Koordination über die Stiftung "Eine Chance für Kinder".

Doch damit bleibt es weiterhin der jeweiligen Kassenlage der Kommune überlassen, ob es eine frühe, aufsuchende Familienhilfe durch Familienhebammen gibt oder nicht.

Wenn wir möglichst alle Kinder in Niedersachsen erreichen wollen, wenn möglichst alle Kinder eine Chance bekommen sollen, dann ist es notwendig jetzt sofort Familienhebammen flächendeckend einzusetzen.

Anrede

Es nützt nichts, nach jedem tragischen Fall nach neuen Konzepten und Pflichtuntersuchungen zu rufen, bzw. auf die Zuständigkeit der Bundesregierung oder die Zuständigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses  zu verweisen. Einige Kassen (Deutsche BKK, KKH) haben schon längst in dieser Hinsicht gehandelt

Erforderlich ist konkretes schnelles Handeln. Wir haben das erfolgreiche Modell der Familienhebammen in Niedersachsen entwickelt. Weshalb nutzen wir es nicht jetzt sofort und nehmen dafür die notwendigen Millionen € in die Hand?

Im Änderungsantrag der Grünen-Fraktion sind sie enthalten und haushaltstechnisch gedeckt.

Anrede

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg! Und wir wollen "hier und jetzt" im Interesse des Kindeswohls handeln!

Anrede

Doch nicht nur bei den Kleinen steht es nicht zum Besten im Lande Niedersachsen. Schauen wir uns die Kinder- und Jugendarbeit an. Wir hatten ein Jahr der Jugend 2006 mit vielen Preisverleihungen, mit vielen schönen Redebeiträgen, aber mit wenig Mehrwert für die Zukunft!

Festzustellen ist in der Bilanz: zu keiner Zeit hat es solch massive negative Eingriffe mit derart dramatischen Auswirkungen für die Kinder- und Jugendarbeit in Niedersachsen gegeben, wie unter schwarz-gelb!

Das zweite Standbein des Jugendförderungsgesetzes, die Gesamtheit der ohne Rechtsanspruch festgelegten Förderbereiche inklusive der Bildungsmaßnahmen, wurde alleine für die Mitgliedsverbände des Landesjugendrings von knapp 3,4 Mio. € um über 40 % auf rund 2 Mio. € gekürzt.

Die Jugendarbeit in strukturschwachen Gebieten wurde komplett gestrichen, die Mädchenarbeit gibt's nicht mehr, zentrale und modellhafte Freizeit- und Erholungsmaßnahmen gehören der Vergangenheit an. Geschlechterpolitik findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Alle Erfahrungen aus Projekt Lebensweltbezogene Mädchenarbeit werden negiert und so Landesgelder verpulvert.

Die Erstattung von Verdienstausfall an JugendgruppenleiterInnen ist der größte Bärendienst, die diese LR dem Ehrenamtlichen in der Jugendarbeit erwiesen hat.  Ihre ganzen Aktivitäten zum Thema "Ehrenamt", die Ehrenamtskarte usw. sind eine absolute Farce, wenn man sich das Handeln anschaut.

Auf die zentralen Herausforderungen in der Kinder- und Jugendpolitik haben sie in 5 Jahren keine Antworten gefunden.

Anrede

Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit fassen sie mit spitzen Fingern an. Die Haushaltsmittel werden fortgeschrieben, damit EU-Mittel und ESF-Mittel nicht verfallen. Nur das Nötigste, das sind die Grundangebote der Jugendberufshilfe und der arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit.

Von Planungssicherheit können die Träger der Jugendberufshilfe nur träumen. Die Förderung unter der Tarnkappe "Evaluierung" wird nicht, analog der Förderungsperiode von 2008 bis 2013 in der Mipla festgelegt, sondern auf vorerst 3 Jahre  beschränkt. Ein Schelm, wer sich Böses dabei denkt.

Es gibt landesweit kein Programm, welches umfassend benachteiligte Jugendliche anspricht. Es gibt viele Splitterprogramme, die bei 4 Ministerien angesiedelt sind und jeweils nur kurze Laufzeiten haben. Für die Lernbehinderten Jugendlichen gibt es z.B. kaum Angebote, sie werden zwischen den Reha-Beratungsstellen der Arbeitsagenturen, den Jugendwerkstätten und den Jobcentern hin- und hergeschoben.

Einiges erinnert an reflexartiges Handeln, aber nicht an verantwortliches Regieren für die Zukunft junger benachteiligter Menschen.

Anrede

Ich komme nun zur Gesundheitspolitik.  Erfreulich ist, dass nach dem Auslaufen des derzeitigen 4-jährigen Investitionsprogramms für die Krankenhäuser ein neues Programm für 3 Jahre für notwendige strukturverbessernde Investitionsmaßnahmen aufgelegt wird. Der Umbau kleiner gefährdeter Krankenhäuser hin zu med. Versorgungszentren findet allerdings bisher leider keine Resonanz, genauso, wie weiterhin eine Definition der "wohnortnahen" Versorgung fehlt. Man könnte ja Verbindlichkeiten eingehen. Was nach den 3 Jahren wird, hängt bekanntermaßen von den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zur Zukunft der Krankenhausfinanzierung ab. Wir sprechen uns schon hier für eine weiterhin starke Steuerungsfunktion der Länder in der Krankenhausplanung aus.

Erfreulich ist, dass der notwendige und von allen Fraktionen gewollte schnelle Ausbau der Hospitz- und Palliativeinrichtungen weiter zügig vorankommt. Das ist im Interesse der Menschen zu begrüßen!

Anrede

Auf der Strecke bleibt die Gesundheitsförderung mit Ausnahme der Stärkung der Arbeit des ethnomedizinischen Zentrums und der transkulturellen Präventionsarbeit. In der Gesundheitsförderung  tritt Niedersachsen weiter auf der Stelle. Prävention wird zwar groß geschrieben, aber klein buchstabiert. Das gilt insbesondere für das absehbare Scheitern des Präventionsgesetzes der schwarz-roten Bundesregierung.

Die alarmierenden Zahlen bei HIV-Erkrankungen haben zumindest eine  Aufstockung für die nds. Aidshilfe gebracht, so dass die Aids Beratung und Prävention verstärkt werden kann.

Die Suchtberatungsstellen müssten dringend dem wachsenden Handlungsbedarf angepasst werden. Ich nenne hier das Problem der völlig unzureichenden psychosozialen Versorgung der Substituierten und das Problem neuartiger Suchtabhängigkeiten. Doch auch hier Fehlanzeige.

Spannend bleibt auch im Jahre 2008, wo die globale Minderausgabe erwirtschaftet wird. Wer dann, trotz anderweitiger Versprechen daran glauben wird.

Einige Luftballons, die es jetzt zur Wahl gibt, werden garantiert platzen.

Anrede

Niedersachsen steht aufgrund der starken gesellschaftlichen Veränderungen und der demographischen Entwicklung vor großen Herausforderungen im Bereich der Sozial- und Gesundheitspolitik. Die Kinder- und Jugendpolitik ist dabei der Dreh- und Angelpunkt für die Zukunft von Niedersachsen.

Doch Zukunftsprojekte der schwarz-gelben Landesregierung sucht man vergebens!! Jetzt! Für Morgen”¦. Nicht reden, sondern handeln!!!

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