Rede Meta Janssen-Kucz: Abschließende Beratung Haushalt 2012/2013 – Innenpolitik

Landtagssitzung am 07.12.2011

Rede Meta Janssen-Kucz, MdL

Anrede

Der 1. Entwurf zum Doppelhaushalt wurde kurzfristig überarbeitet, die Neuverschuldung noch etwas reduziert, damit man wenigstens formal im verfassungsgemäßen Rahmen bleibt. Dennoch bleibt auch der Haushalt im Innenbereich grau und weist nichts Zukunftsweisendes auf.

Die Debatte zu den Kommunalen Finanzen gestern hat deutlich gemacht, dass an diesem Punkt nicht viel von der schwarz-gelben Landesregierung zu erwarten ist. Sie haben und wollen nicht wahrnehmen, dass vielerorts die Hütte brennt. Das hat auch der gestrige Redebeitrag des Innenministers deutlich gemacht. Es wird ein bisschen rumgedoktert und weiße Salbe an die Kommunen verteilt.

Anrede

Das von Herrn Schünemann propagierte  Programm "Zukunftsvertrag" ist für die Kommunen ein "Knebelvertrag" oder "süßes Gift". Die Kommunen geben ihre Haushalts- autonomie auf und bekommen die Hände gefesselt. Die Selbstverwaltung wird damit noch weiter ausgehöhlt.

Die Konsolidierung eines Haushalts nur über die Ausgabenseite ist falsch und führt dazu, dass die betroffenen Kommunen nicht nachhaltig in die Zukunft investieren, sondern nur noch Mangel verwalten.

Die notwendige Mindestausstattung der Kommunen, die auch freiwilligen Aufgaben in einem gewissen Umfang einschließt, die der Verteilungssymmetrie nicht unterliegt, ist auf den Sankt -Nimmerleinstag verschoben.

Anrede

Mit dem im November verabschiedeten Beamtenversorgungsgesetz ist die Chance vertan worden, endlich alle Landesbediensteten gleich zu behandeln und eine Anpassung an die Regelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung, die Schwarz-Gelb im Bund beschlossen hat, auf Beamte anzuwenden. 

Diese Landesregierung trägt weiter dazu bei, dass die sozialrechtliche Kluft zwischen Angestellten und Beamten beibehalten und zementiert wird.

Das Gesetz steht nicht für Bürokratieabbau, die sie so gerne propagieren, es ist eine "Verwaltungsaufwands-produktionsmaschine", ein verkompliziertes Regelwerk, das sich in der "Unendlichkeit" von Einzelfallentscheidungen verliert. Und das einer Regierung, die sich den Bürokratieabbau mal auf die Fahne geschrieben hatte.

Anrede

Ihr Minister- und Abgeordnetengesetz haben sie in letzter Minute, nach großen Protesten, zurückgezogen. Bei diesem Gesetzentwurf handelte es sich eindeutig um "Gesetzespanscherei". Die geplante Lex-Stander mit Extra-Belohnung für einen Umweltminister, der als "Umweltverhinderungsminister" in die niedersächsische Geschichte eingehen wird, ist jetzt vorerst vom Tisch, doch wir werden genau aufpassen, dass es keine "Rückwirkungsklausel" und damit einen goldenen Abschiedshandschlag für Herrn Minister Sander gibt.

Anrede

Im Bereich Personal gibt es wie alle Jahre wieder, ist ja Weihnachtszeit, eine Aufstockung von 1 Mio. € für den "kaum kontrollierbaren Verfassungsschutz."

Die Kollegen Briese und Limburg haben in den vergangenen Jahren darauf hingewiesen, dass der Verfassungsschutz gepäppelt, gepäppelt und noch einmal gepäppelt wurde.

Sämtliche Behörden und Ämter in Niedersachsen bauen Stellen ab und diese "kaum kontrollierbare Gruppe der Verfassungsschützer" bekommen noch einmal für 1 Mio. € Stellen zusätzlich.

Sind sie bei der Last-Minute Überarbeitung des Haushaltetats nicht in der Lage gewesen innezuhalten, die aktuelle politische Situation, die Entwicklung des Rechtsterrorismus vor und vielleicht mit dem Verfassungsschutz zu hinterfragen und zumindest den Status quo beizubehalten.

Wir brauchen hier nicht mehr Stellen, sondern eine Neujustierung und Neudefinition der Aufgaben und der Kontrollmechanismen des Verfassungsschutzes.

Anrede

Kommen Sie mir jetzt nicht damit, dass sie den Bereich Präventionsmittel für die Nds. Extremismus Informationsstelle (NEIS) von 100.000 € auf 225.000 €  "Projekte für Prävention und Aufklärung" aufgestockt haben.

Nehmen Sie lieber die Million und investieren sie in Präventions- und Demokratieprojekte im Land Niedersachsen für "mehr Demokratie – gegen Rechts und rechtes Gedankengut".

Und Herr Minister Schünemann: Beenden sie die Auftritte des Verfassungsschutzes in Schulen! Sie entziehen damit den Bildungseinrichtungen in der Jugend- und Erwachsenenbildung eine Aufgabe und Gelder und verhindern professionelle pädagogische Präventionsarbeit.

Die Grüne Fraktion hat in ihrem Haushaltsänderungsantrag im Bereich des Verfassungsschutzes auch Stellenstreichungen, sowie Streichungen bei Dienstwagen, Kommunikation und sonstigen Verwaltungsaufgaben vorgesehen und zwar auf den Stand von 2003. Wir streichen mehr als die Hälfte 5,7 Mio. €, die Landesregierung will 13,3 Mio. € für den Verfassungsschutz. Stimmen Sie zumindest an dem Punkt für unseren Änderungsantrag.

Anrede

Noch eine Haushaltstelle, die über die politische Liste wieder aufgefüllt wurde und die mich entsetzt.

Der Bund der Vertriebenen erhält jetzt über die politische Liste aus den Reihen der CDU 30.000 €. Und das  für eine Veranstaltung in Hannover von "Ewig gestrigen" mit einer beängstigten Geisteshaltung und Weltbild. Das Jahrestreffen 2011 hat gezeigt, auf welchen rechten Fuß diese Treffen stehen.

Bis heute hat sich diese Gruppe nicht klar und eindeutig zur Kriegsschuld Deutschlands bekannt.

Streichen Sie hier und heute diese 30.000 € für den Bund der Vertriebenen und ihren in meinen Augen nationalistischen Veranstaltungen.

Anrede

Der letzte Castortransport hat nach Aussagen des Innenministers 33,5 Mio. an Mitteln aus dem Topf für Sondereinsätze gekostet. Bis heute ist es doch absurd, dass für den Transport und die Einlagerung der Castoren nur das Land Niedersachsen die Zeche für die verfehlte Bundespolitik und vor allem für die Energiekonzerne zahlt.

Aber in 2012 und 2013 sind zumindest zurzeit keine Castortransporte vorgesehen. Ich frage mich daher, weshalb sie bei den Sondereinsätzen wieder die gleiche Summe wie alle Jahre wieder eingesetzt haben. Wir streichen 12,1 Mio. € von 17,1 Mio. € und lassen 5 Mio. € für sonstige Sondereinsätze im Haushalt.

Setzen Sie die freiwerden Mittel in anderen Bereichen für den Bereich des Datenschutzes, für mehr Präventionsmaßnahmen und Demokratieprojekte, zur Bekämpfung für Neonazismus, Antisemitismus und Rassismus ein. Wir geben Ihnen gerne Nachhilfe!

Anrede

Noch ein paar Sätze zur Videoüberwachung im öffentlichen Raum, die deutlich zugenommen hat, in diesem Bereich wird weiter technisch aufgerüstet und dass alles ohne Beteiligung des Landesdatenschutzbeauftragten. Der Datenschutzbeauftragte ist ja nach Ansicht des Innenministers nicht zuständig für Stadien, obwohl die Polizei die Daten nach Vorfällen auswertet. Alles etwas sonderbar.

Da stellt das Verwaltungsgericht Hannover Mängel und Versäumnisse bei der Kennzeichnung der Überwachungsanlagen und gegen die informationelle Selbstbestimmung fest und trotzdem wird weiter aufgerüstet.

Die Satirenummer in Oldenburg, die Videoüberwachung des lebensgroßen Bronzepferdes "Donnerhall", dass trotz Überwachung über Nacht mit Frischhaltefolie überzogen und zartrosa wurde, ohne dass die Kameras etwas gemerkt haben, spricht für sich, bzw. für Sinn oder Unsinn von Videoüberwachungen.

Echte Kriminalprävention wird durch Teilhabe und Einbeziehung der BürgerInnen sowie durch Chancengerechtigkeit hergestellt und nicht durch Kontrolle und Beobachtungsdruck.

Die kostenintensiven Aktivitäten, deren Erkenntniswert mehr als fragwürdig ist, sind genauso wie ihre nicht legalen Trojaner, nicht notwendig.

Anrede

Hier im Landtag wird das Hohelied auf die Polizei gesungen und nach unten wird getreten.

Die "Angst geht um in der Polizei" diese Überschrift im  Landesjournals der Polizei, Ausgabe Dezember 2012, schreckt auf. Nur bei Ihnen scheinen keine Alarmglocken anzugehen.

Nicht nur die Absetzung von Herrn Landespolizeipräsidenten Bruns und der  Umgang im Fall "Freund Dr. Grahl"  führen dazu, dass jedes Vertrauen in das Innenministerium und dort vor allem in den Innenminister verloren gehen.

Zusätzlich werden Umstrukturierungen vorgenommen, die unter fachlichen Gesichtspunkten nicht nachvollziehbar sind. Nachvollziehbar sind die Versetzungen in Richtung in Richtung "Unkündbarkeit".

Mit diesen undurchsichtigen Aktivitäten fördern sie nicht gerade Vertrauen  und fördern garantiert nicht die Motivation der Landesbediensteten.

Machen Sie eine ehrliche Personalpolitik, eine Personalpolitik die Namen auch verdient.  

Zur ehrlichen Personalpolitik gehört auch, dass sie sich nicht feiern lassen, dass sie die Stellen der Polizei um 41 VZ-Einheiten erhöhen, sondern dass sie nachhaltige Personalpolitik betreiben, die auch den demografischen Faktor berücksichtigt.

Aus diesem Grunde haben wir in unserem Haushalt für 2012 die Streichung von 100 Stellen vorgesehen, die im Rahmen des normalen Abgangs erwirtschaftet werden können. Selbst damit liegen wir noch mit 400 Stellen über den Ansatz von 2010 mit 21.209 VZ.

Anrede

Eine nachhaltige, transparente und damit nachvollziehbare Haushaltspolitik sieht anders aus.  Doch ich gehe davon aus, dass wir diese Innenpolitik nur noch in 2012 und den damit verbundene Haushalt in Niedersachsen ertragen müssen.

Und wir werden alles daran setzen Ihnen weiterhin auf die Finger zu schauen, damit nicht noch mehr Vertrauen in die Politik und damit in die Demokratie verloren geht.

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