Rede Maaret Westphely: Niedersächsisches Tariftreue- und Vergabegesetz
- es gilt das gesprochene Wort –
Plenarrede zum Landesvergabegesetz
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Auslaufen des aktuellen Gesetzes nehmen wir zum Anlass einen neuen Entwurf einzubringen. Und dieser trägt unmissverständlich unsere rot-grüne Handschrift.
Wir wollen den Anwendungsbereich des Gesetzes vergrößern. Denn wir wollen den Mindestlohn, als einen Bestandteil guter Arbeit für die öffentliche Auftragsvergabe zur Voraussetzung machen. Das Einfordern von Tariftreue und Mindestentgelten ist nicht neu, aber wir wollen, dass noch mehr Beschäftigte bei öffentlichen Aufträgen in den Vorteil von anständiger Bezahlung kommen.
Weil uns auf Bundesebene die Planungen der CDU für einen Schmalspur-Mindestlohn nicht ausreichen, wollen wir für Aufträge der öffentlichen Hand eine verbindliche Lohnuntergrenze von 8,50 für alle Bereiche mit diesem Gesetz einführen. Denn es kann nicht sein, dass ArbeitnehmerInnen, die einem Tarif von unter 8,50 unterliegen schlechter gestellt sind, als diejenigen deren Branche ganz ohne Regelung ist.
Eine solche Günstiger-Regelung ist nicht neu:
- in Mecklenburg-Vorpommern gilt sie seit 2011, wo sie von einer großen Koalition eingeführt wurde.
- in Baden-Württemberg gibt es sie seit Anfang Mai dieses Jahres
- in Schleswig-Holstein ist sie gerade im parlamentarischen Beratungsverfahren.
Damit wäre ein Auftrag, wie ihn der Landtag für den Wachdienst erteilt hat nicht mehr möglich. Aber auch andere Bereiche unter 8,50.-, wie der gesamten Bereich der LeiharbeitnehmerInnen werden von dieser Regelung profitieren.
(Das eigentlich nicht, nur als Merkposten: Wenn wir 8,50 für öffentliche Aufträge festschreiben, sind tarifliche Vereinbarungen darunter nichts mehr wert und werden aufgelöst. Das mag so sein. Das trifft allerdings ebenso in umgekehrter Wirkung zu: Genauso stünde zu vermuten, dass Branchen mit geringeren tariflichen Regelungen versuchen könnten, diese aufzulösen, um als nicht geregelte Branchen das festgelegte Mindestentgelt von 8,50.- für öffentliche Aufträge zu erreichen.)
Mit der Verbindlichkeit von sozialen und ökologischen Kriterien wollen wir den öffentlichen Einkauf an den Anforderungen der Zukunft ausrichten. Das EU-Recht sieht diese Möglichkeit ausdrücklich vor. Und auch die Bundesregierung hat in der Umsetzung der EU-Richtlinie diese lange Zeit als „vergabefremden“ - ich würde sie vielmehr als Qualitäts-Kriterien - bezeichneten Zusatzanforderungen ausdrücklich anerkannt.
Und das ist richtig so. Denn energiesparende und umweltfreundliche Produkte führen auf längere Sicht zu finanziellen Einsparungen, schützen unsere Ressourcen und sind gesünder. Hervorheben möchte ich außerdem die verpflichtende Berücksichtigung der ILO-Kernarbeitsnormen beim Einkauf oder der Verwendung von Produkten, die zukünftig nachgewiesen werden müssen.
Der Vorteil unseres Entwurfes liegt darin, dass alle Kommunen - die ohnehin nach diesen Maßgaben gehandelt haben - nun eine gesetzliche Grundlage für ihr Handeln haben.
Klar ist aber auch, dass durch die Tariftreue und die stärkere Kontrolle der Aufwand für die Kommunen und die Kosten steigen. Deshalb wird parallel zum parlamentarischen Verfahren die Konnexität zu prüfen sein.
Noch ein Wort zu den Kosten: Wir wollen nicht akzeptieren, dass zum Beispiel die Busfahrerinnen und Fahrer den ganzen Tag einen konzentrierten und sehr verantwortungsvollen Job machen und mit einem Hungerlohn nach Hause gehen.
Gerade im Bereich des ÖPNV gibt es einen gravierenden Handlungsbedarf. Der Lohn- und Manteltarifvertrag für Busfahrer in privaten Busunternehmen in Niedersachsen, ist 1999 ausgelaufen und wird nur noch fortgeschrieben. Ob er als gerichtsfeste Grundlage überhaupt noch taugt, und wie hoch der Anteil der Beschäftigten ist, für den er tatsächlich noch angewandt wird, ist vollkommen unklar.
Niedersachsen ist eines der letzten Länder, wo für der ÖPNV noch keine Tariftreue im Vergabegesetz verankert ist. Hier wollen wir handeln. Denn wir finden uns nicht ab mit der Antwort des damaligen Wirtschaftsministers Bode auf eine Anfrage der Linken von 2012 zu den Kürzungen des privatisierten Busverkehrs in Celle: „Die Landesregierung nimmt die für die CSC-Busfahrer ohne Zweifel sehr bedrückende Lohnsenkung mit Bedauern zur Kenntnis. Sie hat allerdings keine Möglichkeit, auf diese dem Privatrecht unterfallenden Arbeitsverhältnisse und die dort vereinbarten Arbeitsbedingungen Einfluss zu nehmen.“
Das ist falsch und das werden wir ändern!
Der Bus- und der Schülerverkehr ist eine öffentliche Aufgabe. Und auch wenn sie von Privaten geleistet wird, tragen wir die Verantwortung – und der wollen wir uns stellen. Deshalb ist es richtig und wichtig, in einem Beirat mit der Beteiligung der Sozialpartner, einen repräsentativen Tarif auszuhandeln und festzulegen.
Die öffentlichen Auftraggeber haben eine Vorbildfunktion - hier wird schließlich mit Steuergeld gezahlt. Es ist vollkommen widersinnig, ArbeitnehmerInnen von öffentlichen Aufträgen so schlecht zu bezahlen, dass sie ggf. Lohnaufstockungen beantragen müssen.