Rede Maaret Westphely: Gesetzentwurf (FDP) - Entwurf eines Niedersächsischen Landesvergabegesetzes

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

dieser Gesetzentwurf ist nicht nur ein Roll-Back in die Zeiten von Schwarz-Gelb im Lande Niedersachsen – es ist schlimmer. Sehr geehrte Damen und Herren von der FDP, nehmen Sie zur Kenntnis, Ihre Politik wurde abgewählt.

Nicht einmal die Einhaltung von Tariftreue und Mindestentgelten haben sie drin stehen. Wohlwissend, dass es zum Beispiel im Bereich Verkehr, in der Bauwirtschaft nicht immer selbstverständlich ist, dass diese elementaren Ansprüche  der ArbeitnehmerInnen eingehalten werden.

Nachweise für Tariftreue und Mindestentgelte durch die Kommunen, durch das Land von den Unternehmen einzufordern, stellt auch gar kein so großes Problem für die Auftraggeber dar, schafft aber eine stärkere Verbindlichkeit dieser bundesgesetzlichen Vorgaben. Da sie auch immer wieder vom Baugewerbe, vom Handwerk und von den Gewerkschaften eingefordert wurden, gibt es keinen Grund, darauf zu verzichten! Selbstverständlich macht sich das nicht von alleine – aber wir als Gesetzgeber haben eine Fürsorgepflicht, die umso schwerer wiegt, da es sich um die Verwendung von Steuermitteln handelt.

Sie sprechen das Gerichtsurteil des Europäischen Gerichtshofes über eine Auftragsvergabe im Ausland an, wo der Mindestlohn nicht eingefordert werden darf. Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, das wir keine Anforderungen an die Erbringung von Aufträgen im Ausland stellen dürfen. Aber der Anteil an Aufträgen, für die dieser Fall eintritt, bei denen das überhaupt möglich ist, ist doch gering. Für uns ist dies noch lange kein Grund, für den weit überwiegenden Anteil der Aufträge, die hierzulande erbracht werden, alle Standards sausen zu lassen. Nein, unserer Verantwortung wollen wir, wo es nur irgend geht, nachkommen und werden es auch weiterhin tun.

Für die Schwierigkeiten der Umsetzung des aktuellen Gesetzes im Öffentlichen Nahverkehr gibt es eigentlich nur einen Erklärungsansatz: Dieser Eingriff ist von der Regierung unter Schwarz-Gelb viel zu lange vernachlässigt worden, ein Tarifvertrag für den straßengebundenen ÖPNV, der seit 14 Jahren in der Nachwirkung ist, kann den heutigen Anforderungen nicht mehr entsprechen – der ist doch praktisch nicht mehr existent! Deshalb ist es gut, dass wir ein Gesetz haben, das die Tarifparteien an einen Tisch bringt und vertretbare Verhältnisse für die Beschäftigten ausgehandelt werden können! Sollte es zu Kostensteigerungen kommen, dann ist es doch gerade ein Indiz dafür, dass bisher Dumpinglöhne gezahlt worden sind, und gerade dann haben wir die Pflicht, einzugreifen.

Sie fordern, eine freihändige Vergabe bis zu einem Auftragswert von 100 000 Euro und für beschränkte Vergaben nur die europäischen Grenzwerte anzuwenden (Baubereich: 5 186 000 Euro; Liefer- und Dienstleistungen: 207 000 Euro). Auch damit schießen Sie weit über das Ziel hinaus. Gerade in einem Flächenland wie Niedersachsen mit vielen kleinen Kommunen und Landkreisen würde das bedeuten, dass ein Großteil der Aufträge gar nicht mehr ausgeschrieben werden muss. Das ist in höchsten Maße intransparent und gewährleistet nicht – wie Sie es im Zweck ihres Gesetzes beschreiben – einen fairen Wettbewerb. An dieser Stelle stehen wir klar an der Seite des Mittelstandes, der von den Auftraggebern erwartet, frühzeitig informiert zu werden und sich an einer Ausschreibung beteiligen zu können.

In der Bilanz zeigt der FDP-Entwurf, dass Sie deregulieren wollen ohne Wenn und Aber, so viel wie nur irgend möglich ist – einen Rahmen für eine verantwortungsvolle Verwendung von Steuergeldern setzt dieses Papier nicht. 

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.

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