Rede Julia Willie Hamburg: Aktuelle Stunde (FDP) zur Schule

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

eine gute Unterrichtsversorgung ist die Basis für erfolgreiches Lernen. Das ist unstrittig. Und selbstverständlich ist es auch unstrittig, dass Unterrichtsausfall weitestgehend zu vermeiden ist. Lernen braucht Kontinuität und Verlässlichkeit.

Wenn ein Elternverband im Vorfeld seiner Jahrestagung bei Elternvertretungen nachfragt, wie es um die Unterrichtsversorgung bestellt ist, ist das nachvollziehbar. Aber es wird doch wohl niemand behaupten wollen, dass durch eine solche Abfrage verlässliche Ergebnisse präsentiert werden können. Diese Ergebnisse als Fakt hinzustellen und zu skandalisieren ist kein angemessener Umgang – es ist Populismus.

Und was macht die Opposition? Sie springt auf den Zug auf. Seriöse Politik ist das dann allerdings nicht mehr. Es stellt übrigens auch Ihre Fähigkeit, Erhebungen einzuschätzen, deutlich in Frage. Herr Försterling, wenn Sie unserer Kultusministerin hier regelmäßig schlecht Mathekenntnisse unterstellen, sollten Sie sich fragen, wo Sie eigentlich in der Schule waren, als es um die Validität von Erhebungen ging. Ihre Aktuelle Stunde attestiert Ihnen hier keine guten Noten.

Das Schuljahr 2015/2016 hat unter schwierigen Bedingungen begonnen.

Ganze sechs Wochen vor dem Beginn der Sommerferien erging das Urteil zur Lehrerarbeitszeit, zu einem Zeitpunkt also, als die Planung der Unterrichtsversorgung und die Ausschreibung von Lehrerstellen bereits sehr weit vorangeschritten waren.

Dies hat zu einem Fehl von ca. 16.000 Lehrerwochenstunden geführt. Und das große Chaos ist dennoch ausgeblieben. Ich möchte deshalb noch einmal den Schulen, den Lehrkräften, aber auch der Schulbehörde und dem Kultusministerium danken, die die Sicherung der Unterrichtsversorgung an den Gymnasien ermöglicht haben.

Zugleich hat sich durch die starke Zuwanderung insgesamt die Entwicklung der Schülerzahlen in Niedersachsen umgekehrt: Statt des prognostizierten Rückgangs der Schülerzahlen um ca. 1,8% wird im laufenden Schuljahr die Schülerzahl voraussichtlich erstmals seit 20 Jahren wieder ansteigen.

Es ist eigentlich nicht überraschend, dass diese Entwicklung an der prozentualen Unterrichtsversorgung nicht vollkommen spurlos vorbeigehen kann.

Ich finde es unter diesen Bedingungen eine gute Leistung, wenn die Unterrichtsversorgung bei 100% gehalten werden kann.

Ich will es damit nicht beschönigen, wenn es Schulen gibt, an denen die Unterrichtsversorgung auf 90% abfällt. Es ist kein guter Zustand, wenn es Schulen gibt, an denen viele Unterrichtsstunden ausfallen. Ich hatte eine vergleichbare Situation in Biologie an meiner Schule als Schülerin kurz vor den Prüfungen – das ärgert sehr und ist doch manchmal nicht zu ändern. Da werden wir genau hinsehen, und da wird die Schulbehörde auch nachsteuern.

Insgesamt haben die rot-grüne Koalition und die Landesregierung jedoch mit zwei Nachtragshaushalten in diesem Jahr bereits große Anstrengungen unternommen, um den Herausforderungen gerecht zu werden. Damit sind 740 Stellen für die Kompensation der geringeren Unterrichtsverpflichtung und 700 zusätzliche Stellen für Förderung von Flüchtlingskindern in den Schulen finanziert worden.

Auch in Zukunft werden wir flexibel reagieren.

Damit werden wir nicht in jedem Einzelfall Unterrichtsausfälle vermeiden können. Das konnte bis heute noch keine Landesregierung in Niedersachen.

Es ist im Übrigen auch keineswegs ein neues Phänomen, dass wir seit längerer Zeit in einigen Fächern Probleme haben, genügend Fachlehrer zu haben. Wenn nach einer Befragung bei Elternvertretungen behauptet wird, dass 40% des Mathematik-, Musik- und Physikunterichts ausfallen würden, mag das zu schönen Schlagzeilen führen. Ein realistischer Blick auf die Verhältnisse gelingt so aber gewiss nicht.

In unserer letzten Debatte zum Thema Unterrichtsversorgung an den niedersächsischen Gymnasien hat mein Kollege Heiner Scholing bereits den Chef des Philologenverbands zitiert. Mit Freude tue ich dies erneut:

In der HAZ wird er zum Thema Unterrichtsversorgung folgendermaßen wiedergegeben: „Das seien singuläre Eindrücke, ein Gesamtbild könnten nur die Daten des Ministeriums bieten.“

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