Rede Julia Willie Hamburg: Aktuelle Stunde (CDU) zum Extremismus

- Es gilt das gesprochene Wort - 

Anrede

Wenn unsere Sozialministerin betont, dass wir den Rechtsradikalismus in der Summe besonders ernstnehmen müssen, so stimmt diese Analyse. Faktisch macht die Summe der politisch motivierten Kriminalitätsstatistik rund 55 Prozent der gesamten politisch motivierten Straftaten aus.

Seit Jahren stellen wir eine Anfrage über die Entwicklungen der rechten Straftaten in Niedersachsen. Der Anstieg ist alarmierend und noch immer sind Angriffe auf Geflüchtete, ihre Unterkünfte und Helfer*Innen in Niedersachsen auf der Tagesordnung.

Nazis vor Ort bedrohen ganz konkret das gesellschaftliche Miteinander, politisch Engagierte und versetzen ganze Dörfer mit ihrem Auftreten und ihrer Gewalt in Angst und Schrecken. Auch die Vernetzung einzelner Szenen gibt unter anderem in der Region Göttingen aber auch niedersachsenweit zu denken. Hier möchte ich u.a. auf die Entwicklungen rund um den Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen hinweisen, deren Mitglieder vor Brutalität und seiner offenen Nähe zum Nationalsozialismus auch in der Öffentlichkeit nicht zurückschrecken.

Die Internetseite www.kein-raum-für-rechts.de, die das Sozialministerium gefördert hat und die unter der großen Expertise von Andrea Röpke und dem Zentrum demokratische Bildung (ZDB) in Wolfsburg entwickelt wurde, ist ein Meilenstein der Präventionsangebote bundesweit. Ich möchte allen Beteiligten für diese Initiative danken, denn gerade das Erkennen von rechtsextremen Entwicklungen und Bestrebungen vor Ort ist schwer. Die vielen Codes, Kleidungsstücke, Gruppierungen und Bands sind in stetem Wandel. Diese Seite hilft Jugendlichen, aber auch Lehrkräften, Eltern und Nachbar*Innen beim Wahrnehmen von Entwicklungen vor Ort – und gerade das ist unglaublich wichtig.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, gerade unsere Sozialministerin Cornelia Rundt ist unverdächtig, diese Entwicklungen zu übersehen oder zu verharmlosen. Ihr großes Engagement bei der Einrichtung einer breit getragenen und vernetzten Beratungsstelle „beraten e.V.“ war in Niedersachsen ein Meilenstein der Prävention und Intervention im Bereich des Salafismus. Etwas Vergleichbares hat es, trotz vorheriger Entwicklungen, in Niedersachsen nicht gegeben.

Natürlich sorgt die abstrakte Gefahr von Terroranschlägen in Niedersachsen für Angst, von der sich vermutlich niemand freimachen kann. Unsere Sicherheitsbehörden, aber auch die Präventionsstrukturen in Niedersachsen sind hier in einem steten Aufbauprozess und Wandel und das ist angesichts der dynamischen Entwicklungen richtig und wichtig. Zu suggerieren, Herr Birkner, dass man solche Attentate und Anschläge strukturell immer verhindern kann, ist eine Polemik in dieser Debatte, die wenig hilfreich ist, wenn es darum geht, hier eine sachliche Debatte zu führen.

Ich würde mir wünschen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, wenn Sie mindestens ebenso viel Energie darauf verwenden würden, sich für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft einzusetzen – denn das ist derzeit mehr als geboten – wie sie darauf verwenden, uns haarspalterisch irgendwelche Meinungen unterzuschieben und zu versuchen, eine Spaltung von Rot-Grün oder zivilen Protestbewegungen zu forcieren – denn das wird Ihnen nicht gelingen und für das Andere brauchen wir dringend Ihre Unterstützung. Zündeln in Zeiten von Waldbrandgefahren ist keine gute Idee.

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