Rede Julia Hamburg: Antrag (FDP) zur Sanierung und Digitalisierung von Schulen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Herr Försterling, ich gratulieren Ihnen: Mit einem einzigen Federstrich – diesem Antrag – läuten Sie in vielerlei Hinsicht einen Paradigmenwechsel bei der FDP ein, der seinesgleichen sucht. Das Kooperationsverbot zwischen Bund und Land soll offensichtlich abgeschafft werden. Mit mehr als 8,3 Milliarden Euro Bundesinvestitionen für Digitalisierung jährlich kann von Steuersenkungen ihrerseits wohl auch nicht mehr die Rede sein. Und dass Sie diesen Antrag hier für das Plenum priorisiert haben – das hat Ihr Antrag zur KiTaG-Novelle nicht geschafft – ist ja nun auch ein eindeutiges Indiz dafür, dass Ihre Fraktion sogar möchte, dass alle Welt von diesem Paradigmenwechsel erfährt.

Ich kann diesen Antrag in weiten Teilen nur begrüßen. Selbstverständlich ist es bei der derzeitigen Finanzverteilung zwischen Bund und Land geboten, die Länder besser finanziell auszustatten, damit sie gerade im Bildungsbereich ihre hoheitlichen Aufgaben erfüllen können. Ferner müssen die Finanzmittel so verteilt werden, das Land und Kommune befähigt werden, notwenige Investitionen zu tätigen. Sofern das nicht möglich ist, muss das Kooperationsverbot zwischen Bund und Land in Bildungsfragen endlich aufgehoben werden. Das haben auch unser Ministerpräsident Stephan Weil und unsere Kultusministerin Frauke Heiligenstadt häufiger sehr deutlich gemacht. Ein modernes KiTa-Gesetz, flächendeckender Einsatz von sozialer Arbeit an Schulen, Digitalisierung, Team-Teaching und vieles mehr: Wenn wir alle notwendigen Bildungsinvestitionen tätigen wollen, muss der Bund in die Verantwortung!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Bund hat im letzten Jahr 12 Mrd. Euro Überschuss gemacht. 12 Mrd. Euro. Wir haben in Niedersachsen 836000 Schülerinnen und Schüler. Bei 1000 Euro pro Schüler*In wären das alleine für Niedersachsen 836 Millionen Euro alleine für Niedersachsen. Das wären 8,3 Mrd. Euro bundesweit. Herr Försterling, Herr Grascha: Sie wollen für die Digitalisierung an Schulen fast so viel ausgeben, wie der gesamte Bund an Überschüssen im letzten Jahr gemacht hat. Wo bleibt da bitte noch Geld für Ihre Steuersenkungen übrig?

836 Millionen Euro: Ich schaue Mal in die Reihen meiner Kolleginnen und Kollegen der SPD und zu unserer Kultusministerin. Was könnten wir mit diesem Geld alles machen? Eine umfängliche KiTa-Gesetz-Novelle nach dem Vorschlag von ver.di würde rund 400 Millionen Euro kosten. Kostenfreier Besuch von KiTas rund 400 Millionen Euro. Eine Sozialpädagog*Innenstelle pro Schule: plus ca. 110 Millionen Euro zusätzlich zu unseren Ausgaben, wenn man 50.000 € pro Stelle zugrunde legt. 100% Ausstattung der Ganztagsschulen auch um die 150 Millionen Euro. Kostenloser Schülertransport für die Sek. II ca. 80 Millionen Euro. Und sie wollen 836 Millionen Euro in Digitalisierung investieren? Da würden wir in der Größenordnung der Mittel sicherlich andere Prioritäten setzen. Es gibt viele große Bedarfe an unseren Schulen und an den KiTas – das packen wir an!

Aber nur dass sie mich nicht falsch verstehen. Digitalisierung ist wichtig, sehr wichtig. Und Niedersachsen steht im Bundesvergleich auch gut dar. Ich gehe davon aus, dass meine Kollegin Lesemann hierzu in ihrer Rede noch ausgiebig ausführen wird.

Dass die Kultusministerkonferenz sich das Thema Digitalisierung zu einem großen Thema gemacht hat und Ende des Jahres dazu ein umfängliches Maßnahmenprogramm vorzulegen, dürfte Ihnen bekannt sein. Ein Schelm, wer da einen Zusammenhang vermutet.

Um es kurz zusammenzufassen: Ich finde Ihren Antrag wichtig, wir begrüßen die Stoßrichtung Digitalisierung an unseren Schulen, auch unter finanzieller Verantwortung des Bundes voranzubringen. Wir haben diesen Weg ebenfalls eingeschlagen. In diesem Zusammenhang sind aber auch viele Fragen zu beantworten: Wie löst man die Gefahr der Monopolbildung einzelner Unternehmen an Schulen, wie stark werden Eltern hierbei finanziell in die Verantwortung genommen? Ist Digitalisierung an dieser Stelle sozialverträglich? Wie ist das mit der Verwendung von Open Source?

Ich freue mich auf die Ausschussberatungen, Sie sprechen ein wichtiges Thema an und haben viele gute Ansätze.

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