Rede Julia Hamburg: Antrag (AfD) zur Schulpolitik

- es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

es ist ja schon bezeichnend, wenn die einbringende Fraktion offensichtlich noch nicht einmal ihre eigene Begründung kennt und in den Antragstext als Erkenntnis einfließen lässt.

In der Begründung zitieren sie nämlich den Erlass, den Sie ändern wollen:

 

 „Zeigt sich bei der Korrektur und Bewertung, dass mehr als 30 % der Arbeiten einer Klasse oder Lerngruppe mit ‚mangelhaft‘ oder ‚ungenügend‘ bewertet werden müssen, so wird die Arbeit nicht gewertet. Von dieser Vorschrift darf mit Zustimmung der Schulleiterin oder des Schulleiters abgewi-chen werden. Die Klassenelternvertretung ist über die Entscheidung unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Arbeiten von Schülerinnen und Schülern, die zieldifferent unterrichtet werden, bleiben bei der Ermittlung des Prozentwerts unberücksichtigt.“

Und Sie stellen sich dann hier im Parlament hin und behaupten, dass Sie eine Anhebung von 30% auf 50% für zweckmäßig halten, weil die vielen Integrierten Gesamtschulen, Kinder mit Beeinträchtigungen und mit Migrationshintergrund den Klassenschnitt und die Leistungsfähigkeit zerstörten. Das ist vorsätzliche Verdrehung von Tatsachen – oder es ist ein absoluter Beweis mangelnder Kompetenz des Leseverständnisses. Herr Rykena, so kann man hier nicht arbeiten.

Integrierte Gesamtschulen sind nicht der Ort, an dem diese Quote besonders häufig greift – im Gegenteil, die Erfahrung im Unterrichten heterogener Lerngruppen wirkt sich positiv auf den Lernerfolg aller Kinder aus.

Kinder mit attestierten Förderbedarfen werden bei dieser Quote überhaupt nicht berücksichtigt. Sie werden also in die Prozentzahl nicht eingerechnet und somit ist die Analyse, dass die Inklusive Schule eine Anhebung des Prozentwertes macht, falsch.

Und dass die 30-Prozent-Quote dazu führt, dass Lehrkräfte vereinfachte Klausuren entwerfen, um zu bestehen, ist eine Behauptung, die ich durch keine einzige Erfahrung bestätigen kann.

Natürlich kann man über eine Anhebung der Prozentquote bei der Wertung von Klassenarbeiten diskutieren und natürlich ist das ein umstrittenes und für viele Eltern höchst emotionales Thema. Ich halte die 30-Prozent-Quote für absolut zweckmäßig – denn wenn ein Drittel oder mehr der Schülerinnen und Schüler eine Klausur nicht bestehen konnte, ist das ein Indiz dafür, dass entweder die Fragestellung irreführend ist oder die Zeit, sich den Stoff anzueignen nicht ausgereicht hat oder die Lehrkraft eine andere Einschätzung vom Wissensstand der Klasse hat, als sie tatsächlich hat. All das kann aber nicht dazu führen, dass dann diese Kinder in ihrer Leistungsbilanz einen derartigen Knick bekommen. Was sollte denn unser Ziel in einem Bildungssystem sein?

Das Ziel sollte sein, dass Kinder Lernen und das Gelernte verstehen und anwenden können. Es geht nicht darum, kurzfristig gute Noten einiger Schüler zu erzielen und andere abzuhängen, sondern darum, Schülerinnen und Schüler zu bilden und sie bestmöglich zu fördern.

Und vor diesem Hintergrund halten wir gar nichts von einer Veränderung der bisherigen Regelung. Wenn ein Drittel der Kinder nicht in der Lage ist, eine Klausur zu bestehen, dann sollte die Klausur genauer betrachtet und ggf. wiederholt werden. Denn während es ihnen darum geht auszusortieren, zu stigmatisieren und die guten Kinder und die Störer zu brandmarken – geht es uns darum, Bildungswege offen zu halten und wissen nachhaltig und bei allen Kindern bestmöglich zu verankern.

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