Rede Julia Hamburg: Aktuelle Stunde (SPD) „Kompromisslos gegen Rechts - unsere Demokratie bleibt wehrhaft“

- Es gilt das gesprochene Wort -

„Die Menschenfeindlichkeit in der Mitte – Rechtsextremismus ist weder Rand- noch Jugendphänomen“   

Anrede,

489. In Niedersachsen wurden 489 rechtsextreme Straftaten verübt, wie die regelmäßige Anfrage der grünen Landtagsfraktion ergeben hat  und das ist allein die offizielle Zahl der Behörden. Über die Dunkelziffer, über die Fälle, die nicht zur Anzeige kommen, können wir nur spekulieren. Das reale Ausmaß rechter Hetze und Gewalt ist schwer zu erfassen. Dieser Hass ist mit Zahlen nicht zu beschreiben.  

Diese Zahlen sind uns eine Mahnung: Jetzt gilt es unsere weltoffene Gesellschaft zu verteidigen. Ohne Unterlass wird sie momentan von Rechts in die Zange genommen. Hilflos ist sie aber nicht. Ideengeschichtlich wird unser demokratisches System als streitbar und wehrhaft charakterisiert und darunter wird  die Entschlossenheit verstanden aktiv gegen die politischen Kräfte vorzugehen, die das demokratische System bedrohen. Ein Mittel dafür ist das Parteienverbot. Und das NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht aus der letzten Woche ist dafür ein Beispiel.

Das Verbot entzieht den Nazis finanzielle und organisatorische Ressourcen. Das ist ein richtiges Argument für ein Verbot. Staatliches Handeln ist ebenfalls im Feld der Ausstiegs- und Distanzierungsarbeit aus der Nazi-Szene gut und sinnvoll. Doch gerade der Blick nach Sachsen zeigt uns, dass es mehr braucht im Kampf gegen Rechts als den vermeintlich starken Staat.     

Wer heute Demokratieförderung als Alimentierungsprogramm für sog. „Linksextreme“ diffamiert, zivilgesellschaftliche Initiativen gegen Rechts kriminalisiert und die schwierige Rolle der eigenen Sicherheitsbehörden ignoriert, hat morgen ein Problem mit Menschenfeindlichkeit und Rassismus in der Mitte der Gesellschaft.  Der stellvertretende Ministerpräsident Martin Dulig aus Sachsen hat zu Recht genau dieses Pegida-Problem bei der Polizei im Interview mit Der Zeit angesprochen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, jetzt werden Sie wieder rufen und schreien, doch es hilf nichts. Sie können nicht differenzieren. Der Unterschied ist: Wir Grüne respektieren die schwierige und gefährliche Arbeit der Polizei. Die Beamten halten den Kopf hin und wir sind dankbar.

Aber und jetzt möchte ich mit Erlaubnis des Präsidiums das Interview mit Herrn Dulig zitieren: „Es ist ja ehrenhaft, sich schützend vor seine Beamten zu stellen. Das darf aber nicht dazu führen, dass Kritik tabuisiert wird und nach Fehlern nie Konsequenzen gezogen werden.“ (Die Zeit, 03.03.2016).

Rassismus ist ein Problem der Gesamtgesellschaft, Rassismus ist kein Rand- oder Jugendproblem und es gibt menschenfeindliche Einstellungen in allen Bereichen unserer Gesellschaft. Folgerichtig auch in den Institutionen dieser Gesellschaft.

Das ist keine grüne Misstrauenskultur, das ist die traurige Realität.

Wir in Niedersachsen wollen es anders machen als die Sachsen. Wir bauen mit dem Landesprogramm gegen Rechtsextremismus in Niedersachsen eine starke Zivilgesellschaft und lebendige demokratische Kultur auf. Das haben wir gemeinsam hier im Landtag beschlossen. Nochmals Danke dafür. Zum Abschluss möchte ich den Apell vom Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Sächsischen Landtag, Volkmar Zschoke zitieren, weil es bei allen Unterschieden eben doch den gemeinsamen Kern gut beschreibt:

„Lassen Sie uns gemeinsam vor allem an einem handlungsfähigem, funktionierenden Staat arbeiten: Bürger, Initiativen und Verbände in ihrer Vielfalt, Verwaltung, Polizei und Justiz, das Parlament und die Regierung. Wir GRÜNE sind dazu bereit.“

 

Vielen Dank.

 

 

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