Rede Ina Korter: Starke Kinder lernen besser – Pädagogisch-psychologische Unterstützungsteams in den Schulen einrichten!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Vor Kurzem haben einige Kolleginnen und Kollegen aus dem Landtag und einige Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker aus der Landeshauptstadt auf Einladung der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung drei Brennpunktgrundschulen hier in Hannover besucht. Um eine Vorstellung davon zu bekommen, was "Brennpunktschule" bedeutet, möchte ich Ihnen ein paar Sozialdaten einer der besuchten Schulen vortragen.

An der Grundschule in Linden-Süd werden 250 Kinder unterrichtet. Davon sind 131 sozial auffällig, 44 gelten als verwahrlost, 82 erleiden häusliche Gewalt, bei 134 von 250 mangelt es an der Grundversorgung zu Hause, an Nahrung, Kleidung, Schlafen und an emotionaler Nähe. Als wir dort waren, hat eine Lehrerin Schüleräußerungen vorgetragen, um uns einen Eindruck von den Schwierigkeiten zu vermitteln, mit denen die Lehrerinnen und Lehrer jeden Tag dort zu kämpfen haben, damit die Schülerinnen und Schüler überhaupt lernen können. Ich möchte einige wenige, die auch in der HAZ standen, zitieren:

"Ich bin so müde."

"Ich musste auf meine Geschwister aufpassen, weil Mama Papas Arbeit macht."

"Ich wünsche mir, dass ich nicht immer die schlechte Laune abkriege."

"Unser Kühlschrank ist leer."

"Mir ist so kalt, und ich habe nasse Füße, weil meine Schuhe zwei Löcher haben."

"Ich bin gestern wieder mit der Polizei zu Mama gebracht worden."

"Ich möchte, dass einmal meine Eltern da sind."

Die Lehrerinnen und Lehrer und die anwesenden Eltern haben uns eindringlich geschildert, was diese Kinder am erfolgreichen Lernen hindert. Auf die Frage nach schulpsychologischer Unterstützung bekamen wir die Antwort, es gebe keine, weil wegen eines Personalwechsels niemand zur Verfügung stehe und das Land die Schulpsychologie so verändert habe, dass sie nicht mehr für die Problemfälle der Schülerinnen und Schüler zur Verfügung steht, sondern Multiplikatoren berät.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, als wir im September unseren Antrag "Starke Kinder lernen besser - Pädagogisch-psychologische Unterstützungsteams in den Schulen einrichten!" hier ins Parlament eingebracht haben, ging es nicht nur um diese Kinder in den sozialen Brennpunkten, sondern wir haben auch an alle anderen Schulen gedacht, weil alle Schülerinnen und Schüler multiprofessionelle Teams zur Unterstützung brauchen, aber diese jetzt genannten ganz besonders.

Wir wollen, dass sich Niedersachsen auf den Weg macht, besser zu werden, um Kinder, Lehrerinnen und Lehrer und die Eltern in schwierigen Situationen professionell zu unterstützen, weil nur starke Kinder gut lernen können. Wir haben vorgeschlagen, mit Modellversuchen anzufangen, den Erfolg zu prüfen und gute Modelle schrittweise landesweit bis 2018 auszudehnen; denn wir hier in Niedersachsen wollen endlich aus der Schlusslichtposition zum Beispiel in Sachen Schulpsychologie herauskommen.

Aber die Damen und Herren von CDU und FDP im Kultusausschuss haben noch nicht einmal Anstalten gemacht, ernsthaft über unseren Antrag zu beraten. Sie haben keinen unserer Kompromissvorschläge, kein Angebot zur Verhandlung geprüft, nicht einmal den ersten kleinen Schritt, die bereits ausgebildeten Beratungslehrerinnen und Beratungslehrer, die nach aufwändiger zweijähriger Aus- und Fortbildung nur drei Wochenstunden zur Verfügung haben ? auf Initiative dieser Landesregierung ist diese Zeit gekürzt worden ?, wieder mit fünf Stunden einzusetzen, womit wir den Schulen eine ganz schnelle Hilfe bieten könnten.

Leider haben auch SPD und Linke, die hier schon mehrfach Anträge mit dem Ziel gestellt haben, mehr Schulpsychologen und für alle Schulen Sozialarbeiter einzustellen, wegen der aus ihrer Sicht zu hohen Kosten keine Chance gesehen, unseren Antrag zu unterstützen. Vielleicht überdenken Sie das ja noch einmal nach unserem Besuch an diesen Brennpunktschulen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, ich finde es beschämend, wenn eventuell parteitaktische Bedenken wichtiger sein sollten als konstruktive Überlegungen, wie wir Schülerinnen und Schülern möglichst rasch und effizient helfen können, damit sie endlich die Hindernisse, die sie beim Lernen behindern, einreißen und wegräumen können.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Wer die Eindrücke von den zu Beginn beschriebenen Grundschulen in Hannover noch präsent hat, der müsste jetzt eigentlich sagen: Wir lehnen diesen Antrag heute doch nicht ab, sondern prüfen jetzt erst einmal, was im ersten Schritt zumindest für die Brennpunktschulen getan werden kann. - Es würde wirklich Größe zeigen, wenn wir die Beschlussfassung heute zurücknehmen und sagen würden: Wir beraten noch einmal neu. - Sie sagen doch immer so gern: Kein Kind soll verloren gehen. - Dann sorgen Sie bitte auch dafür.

Vielen Dank.

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