Rede Ina Korter: Schulinspektion rechtlich verankern

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Anrede,
die Schulinspektion hat eine grundsätzliche Bedeutung für die Weiterentwicklung der Schulen in Niedersachsen.
Sie soll zu einem entscheidenden Instrument der Qualifizierung unseres Schulwesens ausgebaut werden, und das ist richtig und gut so!
Aber, Herr Minister Busemann, wenn es um eine Institution von so grundsätzlicher Bedeutung geht, reicht es nicht, sie lediglich per Kabinettsbeschluss einzuführen.
Anfang Mai hat die neue Schulinspektion ihre Arbeit aufgenommen, aber bis heute ist dem Parlament nicht einmal dieser Kabinettsbeschluss, also die Arbeitsgrundlage der neuen Inspektion, vorgelegt worden.
Mit Ihrem kleinen Koalitionspartner, der FDP, können Sie ja vielleicht so umgehen, den können Sie übergehen, aber nicht das Parlament.
Ein so wichtiges Organ wie die Inspektion muss im Niedersächsischen Schulgesetz verankert werden. Mit der Schulinspektion wird das Gefüge der Schulaufsicht und der Schulbehörden wesentlich verändert. Für die Aufgaben und Kompetenzen dieser neuen Institution und ihre Einordnung in das Organisationsgefüge der Einrichtung und Behörden im Geschäftsbereich des Kultusministeriums braucht es eine gesetzliche Regelung.
So machen es übrigens auch die Niederlande, von denen das Modell der Schulinspektion ja weitgehend kopiert ist.
Dort ist seit dem 1. Januar 2003 die Schulinspektion in einem Inspektoratsgesetz (WOT) geregelt.
Die Aufgaben und die Einordnung der Inspektion sind darin genau beschrieben:
Wichtigste Aufgabe ist die Überprüfung der Schulen, um sie zur Qualitätsentwicklung zu stimulieren.
Beratungsaufgaben werden von der Inspektion explizit nicht wahrgenommen, damit die Inspektorinnen und Inspektoren nicht gezwungen sind, die von ihnen selbst vorgeschlagenen Maßnahmen zu evaluieren und somit befangen zu sein.
Neben der Evaluation der Einzelschulen hat die Inspektion in den Niederlanden auch die Aufgabe des Bildungsmonitorings.
Es werden jeweils bestimmte Bereiche des Schulwesens evaluiert, zum Beispiel der Fremdsprachenunterricht in der Sekundarstufe, und die Befunde dann in einem jährlichen Bildungsbericht des Inspektorats veröffentlicht.
Die Inspektion in Holland ist eine weitgehend unabhängige Institution und keine nachgeordnete Behörde.
Der Minister für Bildung und Kultur hat zwar die politische Verantwortung für die Tätigkeit der Inspektion, die auch aus seinem Etat finanziert wird. Er ist aber nicht – im deutschen Sinne – Dienstherr der Inspektorinnen und Inspektoren.
Im niederländischen Inspektorat arbeiten momentan rund 250 Inspektorinnen und Inspektoren sowie etwa 200 weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Inspektion hat einen jährlichen Etat von etwa 31 Millionen Euro und ist budgetiert.
Anrede,
so sieht es in den Niederlanden aus.
Man sieht daran, und deshalb habe ich so ausführlich berichtet, dass bei uns in Niedersachsen und offensichtlich auch beim Kultusminister noch viele Fragen offen und ungeklärt sind.
Welche Aufgaben hat die Inspektion hier in Niedersachsen?
Wo sind sie von wem beschrieben und wie festgelegt?
Wo sind die Kompetenzen geregelt?
Was ist mit der schulgesetzlichen Absicherung?
Werden alle Schulen inspiziert? Ist die Schulinspektion verpflichtend oder ist sie für die Schulen nur ein Angebot?
Was ist mit den Schulen in freier Trägerschaft? Auf welcher Rechtsgrundlage wird dort die Inspektion durchgeführt? Oder sollen diese Schulen von der Schulinspektion ausgenommen werden?
Haben diese Schulen Anspruch auf Beratung und Unterstützung?
Was passiert mit den Ergebnissen der Inspektion? Wer bekommt sie wann?
Wer wird die Schulen beraten, die Bedarf haben? Wer wird sie wie unterstützen?
Kontrolle allein wird nicht genügen, Herr Minister, die Schulen brauchen vor allem Beratung und Unterstützung.
Haben Sie dafür endlich ein Konzept?
Wird die Inspektion unabhängig sein oder weisungsgebunden?
Gibt es eine Bildungsberichterstattung oder Rechenschaftspflicht gegenüber dem Parlament oder wird der Kultusminister mit den Informationen, die er von der Inspektion erhält, nach eigenem Gutdünken schalten und walten können?
Wie viel Personal wird die Inspektion endgültig haben? Was wird sie kosten?
Es ist noch eine Menge ungeklärt, dessen ungeachtet haben Sie, Herr Busemann, schon zum 1. Mai den Startschuss für die Schulinspektion in Niedersachsen gegeben.
Herr Minister, Sie wollten wieder einmal ganz schnell sein, damit Sie stolz verkünden können, der Erste zu sein, der einen Schul-TÜV, wie Sie es nennen, eingeführt zu haben.
Aber ich muss Ihnen wieder einmal sagen, Schnelligkeit allein reicht nicht, Qualität lässt sich nicht anordnen, sie muss erarbeitet werden und das braucht Zeit.
Das müssten Sie doch gerade bei dem Projekt "Eigenverantwortliche Schulen" gemerkt haben!
Und genau diese, Herr Busemann, meine Damen und Herren,
die eigenverantwortlichen Schulen, sind die Basis der Schulinspektion, sozusagen die "zweite Seite der Medaille", wie es in Ihrem Hause gern dargestellt wird. Und auf dieser Baustelle haben Sie sich gerade festgefahren!
Und ein bisschen enttäuschen muss ich Sie auch, Her Busemann:
Sie sind nicht der Erste in Deutschland, der den Schul–TÜV eingeführt hat.
So etwas gibt es in Schleswig-Holstein bereits seit dem Schuljahr 2003/2004. Die Evaluation von außen heißt dort EVIT (Evaluation im Team) und untersucht jährlich 160 Schulen mit über 40 Expertenteams. Innerhalb von 6 Jahren sollen alle 1000 Schulen in Schleswig-Holstein bewertet werden.
Der Erste zu sein ist ja nicht alles, wenn man wenigstens in der die Sache richtig liegt und die Inspektion möglichst breit getragen wird.
Herr Busemann, das ist genau die Frage:
Weshalb lassen Sie dieses so wichtige Projekt nicht vom gesamten Parlament beschließen und verantworten?
Herr Minister, ich bin sicher, alle Fraktionen im Hause würden die Einführung einer Schulinspektion begrüßen und unterstützen und gern an der Konkretisierung mitarbeiten.

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