Rede Ina Korter: Politische Bildung gehört in die Schule – Diskussionsveranstaltungen auch vor der Wahl zulassen
Anrede,
die Bundestagswahl ist gelaufen und wieder war die Wahlbeteiligung geringer.
Vor allem viele Jugendliche haben nicht gewählt. Und trotzdem heißt es in Niedersachsen:
Politikerinnen und Politiker dürfen vier Wochen vor Wahlen nicht in Schulen auftreten.
In Zeiten, in denen Erstwähler vielfach Nichtwähler sind, ist das mehr als grotesk.
Frau Heister-Neumann,
Sie haben die Entscheidung darüber, ob Politikerbesuche und Podiumsdiskussionen vor Wahlen in den Schulen stattfinden sollen, als einzigen Erlass von 30 wieder dem Zuständigkeitsbereich der Eigenverantwortlichen Schulen entzogen.
Warum eigentlich?
Trauen Sie den Schulvorständen nicht zu, dass Sie für politische Ausgewogenheit sorgen?
Oder wollten Sie einfach nur deshalb politische Veranstaltungen verhindern, damit möglichst die Schwachstellen der schwarz-gelben Politik in Niedersachsen, vor allem die der Schulpolitik vor den Wahlen nicht thematisiert werden? Ich glaube, das war es vor allem.
Es ist dann ja auch penibel darauf geachtet worden, dass in den Schulen nur ja keine Podiumsdiskussion stattfindet:
Vor der Europawahl haben Sie eine bereits vorbereitete Veranstaltung in den Berufsbildenden Schulen in Lüneburg verboten und das sogar mit einer Vorgriffsregelung auf einen noch gar nicht rechtskräftigen Erlass, der noch in der Anhörung war.
Da muss die Angst ja schon ziemlich groß sein.
In Göttingen, in Hildesheim, an vielen Orten überall hatten der Stadtjugendring oder die Schülerinnen und Schüler dann vor der Bundestagswahl viel Arbeit investiert, damit sie sich vor ihrer ersten Wahlentscheidung vernünftig informieren können!
Und dann kommt die Kultusministerin daher und sagt: Nichts da, Absagen!
In Göttingen durfte ja nicht einmal eine Veranstaltung mit den Jugendorganisationen der Parteien stattfinden.
Dafür soll der neue Staatssekretär Dr. Althusmann erst mal gesorgt haben.
Anrede,
So etwas schafft Frustration und Politikverdrossenheit!
Junge Leute, denen Sie ja immer vorhalten, sie seien politisch desinteressiert, wollen sich informieren, wollen ihrer staatsbürgerlichen Verantwortung gerecht werden und dann kommt Frau Ministerin daher und verbietet es ihnen.
Ich muss sagen, Frau Heister-Neumann, es ist einfach unglaublich.
Seit Sie im Amt ist, schaffen Sie es, keinen, aber auch keinen einzigen Fehler auszulassen!
So ganz konsequent waren Sie aber nicht mit Ihrem Neutralitätsgebot, auf das Sie sich immer berufen:
Die CDU-Spitzenkandidatin Frau von der Leyen durfte ja in einer Schule auftreten.
Was haben Sie sich hier herausgeredet bei der letzten Debatte im Landtag!
Mit welchen Spitzfindigkeiten haben Sie argumentiert, nur weil Sie Angst haben, dass kritische Diskussionen über ihre desolate Politik in der Schule stattfinden!
Anrede,
gerade kurz vor Wahlen, wenn sich Schülerinnen und Schüler besonders für Politik interessieren, verbieten Sie die Möglichkeit, Politikerinnen und Politiker ganz direkt nach ihren Positionen zu befragen und mit ihnen zu diskutieren.
Das widerspricht dem Bildungsauftrag der Schule, der Schülerinnen und Schüler auch die Grundlagen für ihr Leben als verantwortungsbewusste Staatsbürgerinnen und Staatsbürger vermitteln soll.
Sie werden sich sicher gleich hinstellen und sagen, das sei ja immer möglich, nur unmittelbar vor Wahlen eben nicht.
Das zeigt nur einmal mehr, wie wenig Sie eigentlich von Schule verstehen.
Ich habe es bereits gesagt:
Wenn Politik kurz vor Wahlen sowieso in aller Munde ist, gerade dann ist es am besten möglich, Schülerinnen und Schüler dafür zu interessieren, deutlich zu machen, was sie betrifft.
Und im pädagogisch angeleiteten Raum Schule muss uns das doch gerade wichtig sein.
Und wie bitter nötig das ist, das zeigt die von Wahl zu Wahl geringer werdende Wahlbeteiligung, gerade auch bei jungen Leuten.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP,
Sie reden immer gern von Eigenverantwortung und Bürokratieabbau.
Hier können Sie einmal Wort halten.
Hier haben Sie eine Regelung, die absolut entbehrlich ist, ja die sogar mehr schadet als nutzt. Schaffen Sie diesen Erlass deshalb ab.
Übertragen wir den Schulen selbst die Verantwortung dafür, dass politische Bildung, auch ganz kurz vor Wahlen, ausgewogen vermittelt wird.
Anrede,
die nächsten Wahlen sind 2011. Sie werden es wohl vorher schaffen, diesen umstrittenen Erlass zurück zu nehmen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der Trend Erstwähler gleich Nichtwähler fortsetzt!