Rede Ina Korter: Misst der Ministerpräsident mit zweierlei Maß: „Upgraden“ bei sich und „Downgraden“ bei der Bildung?

"Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kollegen Klare und Försterling haben hier zwar wortreiche Ausführungen gemacht, aber Klarheit über den demografischen Wandel und darüber, was die Landesregierung vorhat, haben wir hier nicht erhalten. Man muss eines wissen: Die Schulpolitik wird seit 2008 nicht mehr von CDU und FDP in diesem Landtag oder von der Kultusministerin bestimmt, sondern sie wird in der Staatskanzlei im Verborgenen gemacht. Deshalb wundert es mich nicht, dass der Ministerpräsident hier nicht teilnimmt, obwohl er in dieser Aktuellen Stunde direkt angesprochen ist. Das finde ich sehr bemerkenswert!

Meine Damen und Herren, ich finde, es ist eine Missachtung des Parlaments, dass die Landesregierung uns hier keine klare Auskunft darüber gibt, was sie bei dem Rückgang der Schülerzahlen vorhat und was an den verschiedenen Verlautbahrungen der Presse dran ist, wo und in welchem Umfang Lehrerstellen eingespart werden sollen. Vielleicht war es ja ein schlechtes Omen, dass der Ministerpräsident gerade zum Zeitpunkt seiner letzten Regierungserklärung erkrankt war und sie durch den Wirtschaftsminister hat vortragen lassen.

Das kann aber doch nicht heißen, dass er sich an das Wort nicht gebunden fühlt. Das möchten wir heute wissen. Denn in der Regierungserklärung von 2008 steht, Herr McAllister ? vielleicht muss ich sie für Sie zitieren ?:

"Wir werden die freiwerdenden finanziellen Ressourcen bei rückgehenden Schülerzahlen im Bildungssystem belassen."

Es hieß ausdrücklich "die ”¦ Ressourcen" und nicht "einen Teil davon". Wir wollen wissen, ob sich diese Landesregierung noch an diese Regierungserklärung gebunden fühlt oder nicht.

Frau Heiligenstadt hat es schon gesagt: Vom Finanzminister werden über den Landesrechnungshof ständig Testballons losgelassen, wie viele Tausend Lehrerstellen in den nächsten Jahren eingespart werden sollen. Man kann ja einmal gucken, wie die Öffentlichkeit darauf reagiert. Aber ich denke, damit werden Sie nicht durchkommen. Falls Sie die Strategie verfolgen wollen "Wir geben erst einmal eine große Summe hinaus und sagen "9 000  Stellen", und wenn wir hinterher nur die Hälfte streichen, dann können wir uns noch als große Gönner hinstellen, wie toll wir uns für die Bildung eingesetzt haben", dann wird das nicht aufgehen. Für so dumm können Sie die Wählerinnen und Wähler und die Eltern in Niedersachsen nicht verkaufen!

Meine Damen und Herren, es reicht auch nicht aus, bei zurückgehenden Schülerzahlen nur den Status quo in Niedersachsen erhalten zu wollen; denn nicht einmal das ist ausreichend.

Sie haben offensichtlich noch nicht realisiert, dass die Unterrichtsversorgung in den letzten Jahren nur auf Pump finanziert worden ist, nämlich mit den Arbeitszeitkonten. Bis zu 5 % der Unterrichtsstunden wurden in den vergangenen Jahren unbezahlt im Rahmen der Lehrerarbeitszeitkonten erteilt. Diese Stunden fallen jetzt weg.

Mit Rückgang der Schülerzahlen fallen auch diese weg. Aber nicht allein das! Sie müssen auch die zu viel geleistete Mehrarbeit zurückzahlen. Auch das kostet wieder Stellen.

Man muss einmal ganz klar sagen: Wir haben bis heute von der Landesregierung keine genaue Aufstellung darüber, wie viele Lehrerstellen in welchen Bereichen wegfallen sollen. Sie wurde uns in die Haushaltsberatungen zugesagt, liegt aber immer noch nicht vor. Offensichtlich weiß die Landesregierung selbst nicht, wovon sie redet!

In der Presse ist vieles bereits angesprochen worden. Darüber erwarten wir heute klare Auskunft. Was wollen Sie z. B. mit der Schulinspektion? Überall wird spekuliert ? wir haben es auch im Ausschuss gehört ?, dass Sie das streichen wollen. Die Ergebnisse passen Ihnen nicht so recht, also gehen Sie heran und streichen da Stellen. Dann habe ich gelesen, Sie wollen eventuell bei den Sozialarbeitern streichen ? das hat die HAZ am 6. März berichtet ? und Schulleitungsstellen vielleicht später besetzen. Wie viele Lehrerstellen wollen Sie denn tatsächlich wegstreichen?

Wir erwarten hier Auskunft von Ihnen, oder wissen Sie selber nicht, was Sie wollen? Mit dem ständigen Aussitzen und dauernd neuen Testballons werden Sie nicht durchkommen. Wir erwarten, dass der Ministerpräsident hier heute klare Aussagen zu seiner Regierungserklärung macht!"

 "Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin hat uns eben eine Reihe von Grafiken gezeigt, um darzustellen, wie viele Lehrerstellen sie in der Vergangenheit geschaffen oder auch nicht geschaffen hat und wie sich die Schülerzahlen entwickelt haben. Ich habe mir in der Kürze der Zeit die Mühe gemacht, sehr schnell eine Grafik über die Aussagen zu erstellen, die wir gerade von der Landesregierung gehört haben ? sprich: von der Ministerin; der Ministerpräsident hat uns ja leider keine Auskunft gegeben ? zur Zukunft der Lehrerstellen in Niedersachsen im Zuge des demografischen Wandels, zur Zukunft der Ganztagsschulen und der Schulinspektion und zur Planung der Verkleinerung von Klassen. Es war nicht leicht, diese Grafik auf die Schnelle zu erstellen. Aber ich möchte sie Ihnen nicht vorenthalten. Wir werden sie selbstverständlich gleich in Kopie verteilen.

(Die Rednerin zeigt eine leere Grafik)

- Das ist die Antwort der Landesregierung. Daran können Sie sehr genau erkennen, was die Landesregierung plant. Der visuelle Eindruck überzeugt.

Vielen Dank."

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