Rede Ina Korter: Investitionsprogramm Ganztagsschule konsequent umsetzen und langfristig weiterentwickeln! ? Ein Mittagstisch für die niedersächsischen Schulen!

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Anrede,
Rauchende Köpfe, knurrende Mägen.
"Zwölf Uhr mittags" in der Schule - jeden Tag das Gleiche:
Der Kopf ist voll, aber der Bauch ist leer.
Einzeln und in Gruppen streifen unsere Kinder über die Flure und Schulhöfe auf der Suche nach einer warmen Mahlzeit.
Hinter ihnen liegt schon ein halber Tagesritt durch die trockene Materie des Stundenplans – vor ihnen die Weite des Nachmittags im Schulbus oder im Nachhilfeunterricht.
Aus den Packtaschen rieseln nur noch Krümel alten Brotes, verschwommene Bilder von Hamburgern und Snickers locken am Horizont.
Und derweil sitzt Big Berni Busemann auf der Veranda des Saloons, putzt seinen Ministerstern und wartet auf die nächste Postkutsche, die ihm Geld aus der Hauptstadt bringen könnte.
"High Noon in der norddeutschen Tiefebene - heute bleibt die Küche kalt".
Das wäre nicht nur ein schlechter Kinofilm - das ist auch die traurige Wirklichkeit in den meisten niedersächsischen Schulen ohne Mittagstisch.
Anrede,
die traditionelle deutsche Vormittagsschule geht inzwischen mehr und mehr an der sozialen Wirklichkeit im Land vorbei.
Sie geht noch immer davon aus, dass mittags zuhause die Mutter auf ihre Kinder wartet und ihnen ein warmes Mittagessen bereits auf den Tisch gestellt hat.
Das ist in immer weniger Familien der Fall.
Die steigende Zahl von Alleinerziehenden, die Berufstätigkeit beider Elternteile haben die Lebensumstände deutlich verändert.
Soziale Veränderungen verlangen passende politische Lösungen, gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels.
Wenn wir tatsächlich mehr Kinder wollen, wenn wir wirklich die bessere Vereinbarkeit von Kindererziehung und Beruf wollen, dann ist eine Entlastung der Eltern nicht nur vor der Einschulung ihrer Kinder, sondern auch während der Schulzeit unverzichtbar!
Ein Mittagstisch an jeder Schule in Niedersachsen innerhalb von 10 Jahren, wie wir es mit unserem Antrag fordern, wäre ein großer Schritt, um endlich der sozialen Wirklichkeit gerecht zu werden und Eltern erheblich zu entlasten.
Ein Mittagstisch an den Schulen ist die Voraussetzung dafür, dass auch beide Eltern von Schulkindern zumindest halbtags arbeiten können.
Wir wissen, dass heute viele Kinder ohne Frühstück in die Schule kommen.
Und wir wissen, dass auf viele Kinder leider auch mittags keine vernünftige warme Mahlzeit wartet.
Ein Mittagstisch in der Schule könnte einen wichtigen Beitrag leisten, um den Kindern eine bessere und gesündere Ernährung nahe zu bringen und zu ermöglichen.
Die Schule muss nicht nur den hungrigen Geist füttern, sondern darf auch hungrige Mägen nicht außer Acht lassen, sie muss sich um das gesamte Wohlergehen der Schülerinnen und Schüler kümmern.
Klar, eine Schule mit Mittagstisch ist noch keine Ganztagsschule.
Aber der Mittagstisch ist die Voraussetzung dafür, dass eine Schule zur Ganztagsschule ausgebaut werden kann.
Dabei sind viele Modelle und Zwischenschritte möglich, je nach den örtlichen Bedürfnissen und Gegebenheiten.
Es kann einfach der Schulvormittag mit einem Mittagessen beendet werden.
Der Schultag kann neu rhythmisiert werden:
4 Stunden Unterricht, dann Mittagspause, dann noch einmal 2 Stunden Unterricht.
Schließlich kann die Schule ein ganztägiges Angebot bekommen.
Der schrittweise Umbau der Schulen zu Ganztagsschulen kostet eine Menge Geld.
Die rot-grüne Bundesregierung hat hierfür 4 Milliarden € bereitgestellt, das Land noch nichts. Die CDU hat anfangs angezweifelt, dass die Bundesregierung überhaupt das Recht hat, dieses Geld zu geben. Inzwischen nimmt sie es gerne.
Anrede,
es ist dringend nötig, dass diese Unterstützung durch die Bundesregierung fortgesetzt wird.
Und wir sind gespannt, ob denn die CDU vor der Bundestagswahl Aussagen dazu machen wird, ob sie dieses Programm fortführen würde.
Oder werden Sie sich damit herausreden, Bildungspolitik sei ausschließlich Ländersache?
Dann müssen Sie Herr Wulff und Herr Busemann nun auch mal zeigen, dass Bildungspolitik ihnen etwas wert ist.
Wir erwarten von Ihnen jetzt ein Investitionsprogramm, welches das Programm des Bundes ergänzt.
Wenn Sie heute daherkommen und den Schulen und den Kommunen sagen, sie bräuchten keine Anträge auf Investitionsmittel für Ganztagsschulen mehr zu stellen, weil die Mittel des Bundes bereits überzeichnet seien, dann ersticken Sie den Reformelan, der an den Schulen gerade entstanden ist.
Sicher, es geht um eine Menge Geld.
Aber es nützt nichts, in Sonntagsreden davon zu sprechen, dass Kindererziehung und Berufstätigkeit endlich miteinander vereinbar sein müssen, aber im Alltag nur auf die leeren Kassen zu verweisen.
Angesichts immer stärker sinkender Kinderzahlen können wie uns diese stereotypen Ausreden nicht mehr leisten.
Für mich ist klar, dass staatliche Gelder beim Ausbau der Bildungs- und Betreuungsangebote besser angelegt sind als beim Ehegattensplitting, bei der Eigenheimzulage oder bei der Entfernungskostenpauschale.
Und: Ein Ausbau der Betreuungsangebote würde sich auch für die öffentlichen Haushalte auf die Dauer rechnen.
Wenn mehr Müttern oder Alleinerziehenden eine eigene Berufstätigkeit ermöglicht wird, dann müssen sie nicht mehr von staatlichen Leistungen leben, sondern würden selbst Steuern und Sozialabgaben zahlen können.
Die Ausgaben für Betreuungsangebote würden durch diese Mehreinnahmen mehr als ausgeglichen.
Das hat eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung deutlich belegt.
Und der positive Effekt eines Ganztagsschul-Investitionsprogramms wäre auch für das Handwerk und die kleinen und mittelständischen Betriebe nachhaltiger als große Teile der von der Landesregierung ausgegebenen Mittel aus dem Wirtschaftsförderfond.
Sie kennen den Bericht des Landesrechnungshofes zu zahlreichen Mitnahmeeffekten in diesem Bereich.
Herr Busemann, ich fordere Sie auf, endlich mit mehr Einsatz an den Ausbau der Ganztagsschulen heranzugehen, damit es nicht heißt "High noon – heute bleibt die Küche kalt", sondern "Warmes Essen, ganze Tage - gute Schule, keine Frage".

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