Rede Ina Korter: Frühe Sprachförderung intensivieren ? Bildungschancen verbessern

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Anrede,
"Konsequenzen aus den Ergebnissen der Hirnforschung ziehen und frühkindliche Bildung verstärken", das waren, so konnte man lesen, die wichtigsten Erkenntnisse aus der Fraktionsklausur der CDU im Frühjahr 2005.
Welche Konsequenzen sie ziehen will, hat die CDU damals noch nicht verraten.
Wie die frühkindliche Bildung gestärkt werden soll, auch nicht.
Dafür gibt aber der Fragenkatalog, den Herr McAllister für die Enquete-Kommission zum demografischen Wandel vorgelegt hat, sehr interessante Hinweise.
So fragt der Kollege dort zum Beispiel:
"Wie können die Erkenntnisse aus der Hirn- und Lernforschung zur kindlichen Lern- und Aufnahmefähigkeit optimal für das Erreichen von Bildungszielen schon im Kindesalter berücksichtigt werden?"
Schon bemerkenswert, Herr Kollege, dass nach der Kabinettsklausur verkündet wird, welche Themen bei Ihnen zu Schwerpunkten gemacht werden, Sie aber gar nicht wissen wie und womit.
Das soll Ihnen die Enquete- Kommission beantworten.
Eine Kommission, die nach Ihrem Willen bis zu 2 Jahre die Ausgangslage erfassen und beschreiben und dann nach den richtigen Vorschlägen und Strategien suchen soll.
Das dauert uns zu lange, Herr McAllister.
Antworten von Bildungsexperten, Lösungsvorschläge, Modellversuche und gute Praxisbeispiele – davon liegt schon eine ganze Menge vor, man muss es nur zur Kenntnis nehmen wollen.

Wir machen Ihnen deshalb heute einen konkreten Vorschlag, wie wir gemeinsam anfangen können, effiziente Strategien im Umgang mit den Herausforderungen des demografischen Wandels zu entwickeln.
Eine wesentliche Erkenntnis aus den Studien zur demografischen Entwicklung ist, dass wir alle Kinder bestmöglich fördern und ausbilden müssen, weil wir auf keins mehr verzichten können, wenn wir die nötigen Fachkräfte für den Arbeitsmarkt von morgen und den Erhalt von Innovation und Wirtschaftskraft unseres Landes sicherstellen wollen.
Insofern ist eine gute Bildungspolitik, die nicht länger über 10 % der Schüler und Schülerinnen ohne Abschluss und über 20 % ohne die nötigste Lesekompetenz aus der Schule entlässt, die wichtigste und beste Form von Wirtschaftsförderung und der entscheidende Beitrag der Landespolitik zur Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit.
Gerade im Bereich der Kinder von MigrantInnen finden wir eine außerordentlich hohe Zahl von SchulabgängerInnen ohne Abschluss, was natürlich auch mit fehlender Sprachkompetenz zu tun hat.
Unbestritten ist die Sprachkompetenz ein entscheidender Faktor für den Bildungserfolg.
Und unbestritten ist auch, je früher man mit der Sprachförderung anfängt, desto effizienter wirkt sie.
Deshalb hat die Vorgängerregierung die Sprachförderung für Drei- bis Sechsjährige in den Kindergärten mit einem Anteil von mindestens 40% an Kinder mit Migrationshintergrund oder aus benachteiligten Familien erfolgreich eingeführt.
Mit dem Programm wurden zwar noch lange nicht alle Kinder mit Sprachschwierigkeiten erfasst, aber es war ein Anfang.
Zahlreiche Erzieherinnen und pädagogische Fachkräfte wurden qualifiziert und entwickelten Programme für die Arbeit in ihren Kindergärten.
Leider hat der Kultusminister sich gerade in diesem so wichtigen Bereich den Sparzwängen des Finanzministers gebeugt und das Programm so gekürzt, dass nur noch Kitas mit mehr als 52 % Kindern aus ausländischen oder benachteiligten Familien davon profitieren können und das auch nur noch mit vermindertem Stundenansatz.
Von ehemals 285 Kindergärten aus diesem Programm sind jetzt nur noch 209 mit Sprachförderung übrig geblieben.
Gern rühmt sich Herr Busemann dafür, dass er die Sprachförderung ein halbes Jahr vor der Einschulung eingeführt hat. Auch dies geht noch auf einen Beschluss der vorhergehenden Landesregierung zurück und ist ebenfalls, ein begrüßenswerter Anfang- keine Frage.
Aber ein halbes Jahr Förderung vor der Grundschule auf Kosten durchgehender Förderkonzepte in den Grundschulen,
Doppelstrukturen in den Sprachförderprogrammen bei den Fünfjährigen im Kindergarten – nämlich einmal im Programm für Benachteiligte und einmal im vorschulischen Programm,
bei mindestens 10% der Kinder in den Kursen ein halbes Jahr vor der Einschulung Zeit- und Ressourcenverluste durch aufwändige Fahrerei und nicht zuletzt das Herausnehmen der einzuschulenden Sprachförderkinder aus dem laufenden Kindergartenbetrieb und den Bildungsplänen dort,
das alles bedarf einer kritischen Evaluation.
Nicht, weil wir etwas herumkritisieren wollen als Opposition.
Nein, wir möchten erreichen, dass nicht nur davon geredet wird, die frühkindliche Bildung zu stärken, sondern dass tatsächlich gehandelt wird.
Handeln nicht nur als Stückwerk, ein bisschen hier, ein bisschen da, sondern in einem gut durchdachten Konzept aus einem Guss.
Dazu haben wir einen Vorschlag, ein 5 Punkte – Programm vorgelegt.
1. Wir wollen die frühe Sprachförderung in den Kindertagesstätten so verstärken, dass sie in allen Kindergärten mit einem Migrantinnen- oder Benachteiligtenanteil von mindestens 20% stattfindet. Dieses Ziel ist in einem Stufenplan von ca. 5 Jahren zu erreichen.

2. Für die Sprachförderung in Kitas und Grundschulen wird ein integriertes Konzept entwickelt. Es verfolgt die Zielsetzungen:
3. - Verlängerung der vorschulischen Sprachförderung auf ein Jahr
4. Vorverlegung der Sprachstandsfeststellung
5. - Einsatz und Qualifizierung der dafür benötigten Fachkräfte- in
6. der Regel die Erzieherinnen- werden durch das Land finanziert.
7. Fortführung der Sprachförderung in den Grundschulen
8. Sicherstellung der notwendigen Förderung für "Quereinsteigerinnen" und "Quereinsteiger", die im laufenden Schuljahr ohne ausreichende deutsche Sprachkenntnisse in die Schulen kommen
9. Förderung der Bildungs- und Sprachkursangebote für Eltern ohne ausreichende Deutschkenntnisse sowie intensive Werbe- und Unterstützungsmaßnahmen des Landes hierfür.

Anrede,
wir schlagen vor, dass sich der Kultusausschuss des Landtages im Rahmen einer Anhörung mit der Entwicklung eines optimalen Konzeptes befasst.
Die Finanzierung der intensivierten Sprachförderung im Kindergarten soll über einen stufenweisen Ausbau in ca. 5 Jahren mit einem jährlich steigenden Finanzeinsatz von maximal 6 Mio. Euro erfolgen. In den ersten Jahren sind die Mittel zusätzlich bereit zu stellen, mittelfristig aus einem Teil der Einnahmen aus der Abschaffung der Eigenheimzulage zu finanzieren.
Einsparungen ergeben sich in den nächsten Jahren daraus, dass leider! weniger Kinder in die Kindergärten kommen, weil die Kinderzahlen sinken,
dass nach dem Eintreten der positiven Effekte einer optimierten Förderung immer weniger Kinder eine umfangreiche Förderung brauchen,
dass weniger Schülerinnen und Schüler sitzen bleiben,
dass mehr und bessere Abschlüsse und damit bessere Vermittlungschancen auf- Lehrstellen- und Arbeitsmarkt erreicht werden und dass kostenintensive Betreuungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Jugendliche ohne Abschluss überflüssig werden.
All dies, meine ich, sollte zwischen den Fraktionen unstrittig sein, denn es geht darum, knappe Mittel möglichst effizient und nachhaltig einzusetzen, um den größtmöglichen Nutzen für unsere Kinder, für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes zu entwickeln.

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