Rede Ina Korter: Flexible Wege zum Abitur - Lernbedingungen verbessern

Anrede,

Frau Ministerin Heister-Neumann,

vor einem Monat haben Sie sich hier vor dem Landtag für Ihren "Aktionsplan zum Abitur nach 12 Jahren" gelobt und haben behauptet, bei diesem Verfahren seien alle Beteiligten eingebunden worden.

Dem hat der Vorsitzende des Landeselternrates, Matthias Kern, deutlich widersprochen.

In einem Kommentar für den Kirchenboten des Bistums Osnabrück hat er den Aktionsplan als – so wörtlich – "Feigenblatt für dringend benötigte politische Erfolgsmeldungen" bezeichnet.

Zur angeblichen Beteiligung der Eltern und der Schüler hat er erklärt: "Die Ergebnisse standen im Wesentlichen bereits vorher fest.

Bereitschaft zu Ergänzungen und Änderungen einzelner Punkte des Aktionsplans bestand nach meiner Wahrnehmung nicht."

Und tatsächlich: Eine wirksame Entlastung der Schülerinnen und Schüler findet sich in Ihrem Aktionsplan nicht.

Die Mehrstunden werden künftig nach unten verlagert.

Schon in der 5. und 6. Klassen, in denen sich die Schülerinnen und Schüler gerade von der Grundschule aufs Gymnasium mit seinen erheblich anderen Arbeitsanforderungen einstellen müssen, werden sie mit einer Stundentafel von bis zu 32 Wochen stunden plus Hausaufgaben konfrontiert.

Sie werden todmüde nach Hause kommen.

Die Durchlässigkeit von der Realschule auf das Gymnasium wird damit noch mehr eingeschränkt.

Sie versprechen, dass es künftig nur noch an einem Tag in der Woche Nachmittagsunterricht geben wird.

Das gilt aber nur, wenn die Schülerinnen und Schüler künftig auf die Teilnahme an Musik- oder Theater-AGs und andere Wahlfächer verzichten, die das Schulleben erst bunt machen.

Ihr Turbo-Gymnasium würde damit zu einer Schule der kulturellen und pädagogischen Verarmung.

An der hohen Belastung mit Hausaufgaben ändern Sie gar nichts.

Länder wie Bayern, die Sie sonst so gerne zum Vorbild nehmen, sind da weiter.

Dort gibt es zumindest an Tagen mit Nachmittagsunterricht nicht auch noch Hausaufgaben zum nächsten Tag.

In Baden-Württemberg gibt es ein Budget für Hausaufgabenbetreuung.

Auch Hamburg richtet Hausaufgabenzirkel am Nachmittag ein, damit die Schüler ihre Aufgaben erledigt haben, wenn sie nach Hause kommen.

In Niedersachsen: Fehlanzeige.

Und an den übergroßen Klassen wird sich trotz aller anderslautenden Versprechungen nichts ändern.

Mit Ihrem Aktionsplan versuchen Sie, Ihre Untätigkeit zu kaschieren, indem Sie mal von den Durchschnitts- und mal von den Maximalklassengrößen sprechen.

Der Landeselternratsvorsitzende nennt das – zu Recht – gezielte Irreführung.

Eine pädagogische Weiterentwicklung der Gymnasien kommt für Sie offenbar nicht in Frage.

Dazu würde gehören, dass die Schulzeit an das individuelle Lerntempo angepasst werden kann.

Dazu würde auch gehören, dass die Gymnasien zu neu rhythmisierten Ganztagsschulen werden.

Auch das kommt in Ihrem Aktionsplan nicht vor.

Die Versorgung der Schüler mit einem warmen Mittagstisch schieben sie ab auf die Kommunen.

Anrede,

im Juni haben Sie hier unsere Vorschläge für kurz- und mittelfristige Schritte zur Weiterentwicklung der Gymnasien vom Tisch gewischt.

Auch den vorliegenden SPD-Antrag haben Sie nicht als 2. Chance genutzt, wenigstens einige Verbesserungen zu beschließen.

Offenbar glauben Sie tatsächlich, die Probleme des Turbo-Gymnasiums einfach aussitzen zu können.

Die Leidtragenden Ihrer verantwortungslosen Politik sind die Schülerinnen und Schüler.

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