Rede Ina Korter: Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Neugründungsverbots von Gesamtschulen

 

Anrede,

was Sie in den letzten Wochen hier zum Thema Neugründungsverbot von Gesamtschulen abgeliefert haben, Herr Wulff, Herr Busemann, das ist für die Glaubwürdigkeit von Politik eine ganz schlimme schwarze Nummer.

Erst reden Sie viereinhalb Jahre lang die Gesamtschulen schlecht und verbieten deren Neugründungen.Aber es wollen trotzdem immer mehr Kinder hingehen.

Der Protest der betroffenen Eltern wird immer lauter.

Dann spricht der Chef selbst ein Machtwort, um vor der Wahl noch schnell den Druck vom Kessel zu nehmen, und verkündet medienwirksam die mögliche Lockerung des Neugründungsverbots.

Das hatten Sie sich so einfach gedacht, ankündigen, und damit das Thema erst mal abräumen. Von wegen!

An die 30 Initiativen zur Neugründung von Gesamtschulen sind auf einmal entstanden, häufig vor Ort unterstützt von CDU-Kommunalpolitikern. Es werden immer mehr. Allein im Landkreis Schaumburg sind es schon vier.

Damit hatten Sie nicht gerechnet, Herr Wulff!

Sie haben geglaubt, wenn Herr Busemann und das Aktionsbündnis für das gegliederte Schulwesen Ihnen erzählen, es seien ja nur 4,6 Prozent, die eine Gesamtschule wollen, dann sei das Thema mit der Verkündigung erledigt.

Schön wäre es doch, wenn die Vertreter dieses Aktionsbündnisses auch die Prozentrechnung beherrschen würden!

Nehmen wir einmal das Beispiel Wilhelmshaven. Wissen Sie, wie viel Prozent aller Fünftklässler sich dort in diesem Jahr an einer IGS angemeldet haben?

48 Prozent! Das sind ein bisschen mehr als 4,6. Leider haben längst nicht alle einen Platz bekommen.

Was Sie gern verschweigen ist, dass es in 28 Landkreisen, also mehr als der Hälfte, gar keine IGS gibt, Eltern also gar keine Chance haben, für ihr Kind eine anzuwählen.

Und in vielen anderen Kreisen ist die Entfernung zur IGS so groß, dass sie allein deshalb nicht von all denen angewählt wird, die ihr Kind gern hinschicken würden.

Ich kann mir übrigens gut vorstellen, dass diese Ungleichbehandlung der Kinder in verschiedenen Landkreisen Grund genug für aussichtsreiche Klagen sein könnte.

Herr Busemann,

Sie sagen, Sie reden lieber über Schulqualität als über Strukturen. Dann legen Sie doch jetzt den Bericht der Schulinspektion offen, die die Schulqualität überprüft hat.

Inzwischen ist fast die Hälfte aller Gymnasien untersucht worden.

Von 100 inspizierten Gymnasien haben neun Prozent so schlecht abgeschnitten, dass sie nachinspiziert werden müssen.

Von den 30 inspizierten Gesamtschulen ist es nur eine.

Sie sagen, es ist erst knapp die Hälfte der Gymnasien und der Gesamtschulen untersucht worden. Das sei  nicht aussagekräftig.

Ja, wie lange wollen Sie denn warten, bis Sie Konsequenzen ziehen, wie der Unterricht an den Gymnasien verbessert werden kann.

Ich habe den Eindruck, dass Sie nur den Wahltermin überstehen wollen, dass vor den Wahlen nicht öffentlich werden soll, wie es in Ihren Schulen aussieht.

Anrede,

in dieser Woche ist zum zweiten Mal der Deutsche Schulpreis vergeben worden.

Aus Niedersachsen waren erneut zwei Gesamtschulen nominiert, kein einziges Gymnasium.

Wie im letzten Jahr hat eine Gesamtschule den ersten Preis bekommen, die Robert-Bosch-Gesamtschule in Hildesheim.

Anrede,

statt die Neugründung von Gesamtschulen weiter zu blockieren, sollten Sie lieber überlegen, was Sie von diesen Schulen lernen können.

Aber nein: Im Ausschuss wurde unser Antrag ohne inhaltliche Beratung abgelehnt, es hieß nur: Nach der Wahl.

Wissen Sie, was die Wählerinnen und Wähler daraus schließen müssen?

Es wird keine Neugründung von Gesamtschulen geben mit Ihnen.

Sie wollen keine Gesamtschulen und Sie werden keine zulassen.

Herr Wulff, Sie führen die Menschen an der Nase herum, weil Ihnen vor der Wahl jedes Mittel recht ist.

Ihre Glaubwürdigkeit können Sie, wenn überhaupt, nur zurückerlangen, wenn Sie heute den Anträgen, das Neugründungsverbot für Gesamtschulen aus dem Schulgesetz zu streichen  und dem der SPD für gemeinsame Schulen zustimmen.

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