Rede: Ina Korter: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes

Landtagssitzung am 12.05.2009

Ina Korter, MdL

TOP 3: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes

Anrede,

der Schulgesetzentwurf, den Sie uns heute vorlegen, ist wirklich ein getreues Abbild Ihrer derzeitigen Schulpolitik:
 in großer Hektik zusammengeschustert - nicht zu Ende gedacht - statt  Visionen bildungspolitische Sackgassen.

Von zunehmender Panik getrieben wollen Sie diesen Gesetzentwurf in aller Eile durch den Landtag peitschen, weil Sie fürchten, dass Ihnen Ihre eigenen Leute von der Fahne gehen.

Anrede,

der von Ihnen vorgelegte Entwurf ist so überhaupt nicht beratungsfähig. Es ist nicht erkennbar, wie er umgesetzt werden soll.
Für die Gesamtschulen heißt es: "In der Gesamtschule werden Schülerinnen und Schüler des 5. bis 12. Schuljahrgangs unterrichtet."

Sie wollen damit auch den Gesamtschulen das Turbo-Abitur aufzwingen.

Nach dem Motto: Wenn wir das G8 an den Gymnasien nicht hinkriegen, dann sollen die Gesamtschulen diese Fehler eben auch machen, sonst werden sie als Alternative zu attraktiv.

Für diese dreiste Politik haben Ihnen am vergangenen Samstag  über 10.000 Menschen eine deutliche Abfuhr erteilt.

Um zu beschwichtigen, ziehen jetzt einige CDU-Politiker durchs Land und erklären, das Abi könne auch künftig an den Gesamtschulen noch nach 13 Jahren abgelegt werden.

Wie das gehen soll, wissen Sie offenbar selbst nicht.

Heute morgen hat der neue schulpolitische Sprecher der CDU  behauptet, die IGS List habe sich schon auf den Weg gemacht und bereits Springerklassen eingerichtet.

Das ist falsch.

Es gibt dort lediglich einen Springerkurs, der es einzelnen besonders schnell lernenden Schülerinnen und Schülern ab Klasse 9 ermöglichen soll, das Abi bereits nach Klasse 12 abzulegen. Die Schüler  bleiben jedoch in ihrem Klassenverband.

Herr von Danwitz, man sollte schon bei der Wahrheit bleiben.

Anrede,

eine ernsthafte Beratung Ihres Gesetzentwurfs ist erst möglich, wenn Sie auch sagen, wie Sie den Erlass zur Arbeit in der Gesamtschule ändern wollen.

So soll das Parlament die Katze im sack beschließen.

Das Gleiche gilt auch für die geplanten Änderungen an den Haupt- und Realschulen.

Über die Hauptschule und das Neustädter Modell haben wir heute bereits gesprochen.

Aber auch Ihr Konzept für die Realschulen ist völlig unklar.

Der Verband der Realschullehrer spricht schon von einer "Quadratur des Kreises".

Einerseits soll eine berufsorientierende Schwerpunktbildung in den Bereichen Wirtschaft, Technik, Gesundheit und Soziales gestärkt, andererseits der Übergang auf die gymnasiale Oberstufe erleichtert werden.

Einerseits sollen Haupt- und Realschule schärfer gegeneinander profiliert, andererseits für Haupt- und Realschulen mehr gemeinsamer Unterricht ermöglicht werden. Wie soll das gehen? Wissen Sie eigentlich selbst, was Sie wollen?

Anrede,

bevor Sie am 24. Februar Ihr unausgegorenes Schulkonzept vorgelegt haben, hatten wir noch gehofft, dass Sie wenigstens kleine Schritte in Richtung auf ein zukunftsfähiges integrierteres Schulsystem gehen würden.

Aber Sie haben sich nicht getraut, Herr Wulff, Frau Heister-Neumann!

Zu groß ist die Angst vor den mächtigen Gymnasiallobbyisten, als deren willfähriges Sprachrohr Sie sich bundesweit zum Narren machen.

Stattdessen haben Sie uns einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem Sie vor allem den Gesamtschulen weitere Schikanen in den Weg legen.

"Kein anderes Bundesland geht so schäbig mit seinen Gesamtschulen um", so hat es vor einigen Wochen Kurt-Peter Christophersen im "Stader Tageblatt" kommentiert.

Und Sie wollen uns Glauben machen, andere Bundesländer würden diesen Weg mit Erfolg gehen.

Ja welche denn?

In den meisten anderen Ländern wird an der IGS das Abi nach Klasse 13 gemacht.

In einigen Ländern kann die Oberstufe in unterschiedlichen Zeiten durchlaufen werden, das halte ich für eine ausgesprochen sinnvolle Regelung.

Sie aber wollen den integrativen Ansatz der Sekundarstufe I zerstören, weil Sie es nicht aushalten können, dass an der IGS nicht schnell genug sortiert wird.

Sie reden von der eigenverantwortlichen Schule, und wollen den Schulen jedes Detail vorschreiben.

Nein, Herr Wulff. So geht das nicht!

Seit Sie den Ministertausch vorgenommen haben, ständig mit Ihrer lächerlichen und peinlichen Basta-Politik Machtworte sprechen und in die Schulpolitik hineinregieren, ist es noch schlimmer geworden als bei Herrn Busemann.

Sie machen alles falsch.

Sie kriegen die Unterrichtsversorgung nicht hin!

Sie trauen sich nicht, die dringend nötige Kurswende in der Schulpolitik vorzunehmen.

Als "Christian der Zauderer" werden Sie in die niedersächsische Landesgeschichte eingehen, denn Sie werden noch das gegliederte Schulsystem vergöttern, wenn Sie längst abgewählt sind.

Abgewählt, weil sie den niedersächsischen Landeskindern die ihnen zustehenden Bildungschancen verweigert haben.

Zurück zum Pressearchiv