Rede Ina Korter: Entlassung der Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann

Anrede,

nach Durchsicht der vor den Herbstferien endlich vorgelegten Akten zum politisch motivierten Disziplinarverfahren gegen den GEW-Vorsitzenden Eberhard Brandt ist klar und belegbar: Das Verfahren gegen Brandt war ausschließlich politisch motiviert.

Deshalb muss sich Ministerin Heister-Neumann erneut einem Abwahlantrag hier im Parlament stellen.

Ich will mich auf vier Punkte beschränken:

1. Frau Ministerin Heister-Neumann und der damalige Staatssekretär Uhlig haben die Entscheidung zur Einleitung des Disziplinarverfahrens getroffen, eines Verfahrens, von welchem die  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesschulbehörden in Braunschweig und in Lüneburg, sogar der Präsident der Landesschulbehörde und seine Vertreterin dezidiert abgeraten hatten - mangels Berechtigung der Vorwürfe.

Noch im letzten Moment vor der Absendung der Disziplinarverfügungen am 21. April 2009 hat der Präsident der Landesschulbehörde mit der Ministerin über den Fall Brandt telefoniert, offensichtlich seine Bedenken geäußert und um Weisung gebeten, da er selbst das Vorgehen für falsch hielt.

Danach hat er – so ist es den Akten zu entnehmen - mit Hinweis auf Rücksprache mit der Hausspitze und Anweisungen des MK seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgefordert, die Disziplinarverfügungen gegen den GEW-Vorsitzenden und seine Schulleiterin rauszuschicken.

Frau Ministerin Heister-Neumann, Sie haben uns in der Frage der Weisung also wiederholt die Unwahrheit gesagt!

Ihre Entscheidung ist sogar per SMS in den Akten dokumentiert.

Da fragt man sich doch, welcher Geist in der Spitze der Landesschulbehörde und des Ministeriums eigentlich herrscht, wenn eine SMS der Ministerin vorsichtshalber dokumentiert wird und später in den Akten auftaucht!

Allein das beweist, dass der Präsident der Landesschulbehörde einen Beleg für die umstrittene Entscheidung, für die Weisung  der Ministerin haben wollte, damit er selbst später nicht zur Verantwortung gezogen werden konnte.

Und dieser Vorgang, meine Damen und Herren,  ist ein Beleg dafür, dass Sie, Frau Ministerin, Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Entscheidungen aufgezwungen haben, die jene für juristisch falsch hielten.

Frau Heister-Neumann,

Sie können sich ja über die Bedenken der Landesschulbehörde in Braunschweig hinwegsetzen.

Sie können sich auch über die Bedenken der Behörde Lüneburg hinwegsetzen – Sie sind ja die Ministerin und Sie sind Juristin - aber wenn Sie es besser wissen wollen und sich über all Ihre  Mitarbeiter und deren Kenntnis und Erfahrung hinwegsetzen, dann übernehmen Sie auch die Verantwortung dafür!

Anrede,

Zum 2. Punkt:

der Fall Brandt ist inzwischen, wie erwartet, geklärt:

Das Disziplinarverfahren musste eingestellt werden, weil Herrn Brandt keine Dienstpflichtverletzung vorgeworfen werden konnte, auch wenn Herr Klare und Herr Försterling das hier mehrfach wider besseren Wissens behauptet haben, auch wenn der Ministerpräsident mit seiner Wutrede gegen Eberhard Brandt hier im Plenum versucht hat, den Gewerkschaftsvorsitzenden persönlich zu diffamieren.

Um es klar zu sagen:

Herr Brandt hat sich nicht geweigert zu unterrichten!

Er hat auch keinen Unterricht geschwänzt.

Er war jahrelang vom Unterricht freigestellt, und als sein Arbeitszeitkonto ins Minus geriet, hat er selbst über seine Gewerkschaft einen Antrag auf Erhöhung der Stundenzuweisung gestellt, damit das Arbeitszeitkonto wieder ausgeglichen ist.

Was tut das Ministerium?

Es verzögert monatelang den Bescheid über diesen Antrag,  damit mehr Minusstunden zusammenkommen und lehnt ihn dann ohne triftigen Grund ab, damit man Herrn Brandt besser  "drankriegen" kann.

Man baut eine Falle auf, um einen exponierten Kritiker der schwarz-gelben Schulpolitik mit einem Disziplinarverfahren unter Druck setzen zu können.

Was sind das eigentlich für intrigante Methoden!

3. Punkt:

Anrede,

die Ministerin hat sich mehrfach herausgeredet, es habe streng nach dem Legalitätsprinzip gehandelt werden müssen, deshalb habe das Disziplinarverfahren gegen Eberhard Brandt eingeleitet werden müssen, da sei kein Ermessensspielraum gewesen.

Auch das ist die Unwahrheit!

Ein Verfahren darf nach dem Disziplinargesetz nur eingeleitet werden, wenn es dafür "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte", also gewichtige Verdachtsmomente gibt.

Die gab es nicht, das habe ich vorher ausgeführt.

Und das hätten Sie, Frau Heister-Neumann wissen müssen, Sie sind doch die Juristin!

4. Punkt:

Anrede,

der Verdacht, dass vertrauliche Unterlagen über den Vorgang Brandt aus der Hausspitze des Kultusministeriums an die Presse gelangen konnten, konnte ebenfalls nicht ausgeräumt werden.

Im Gegenteil:

Frau Heister-Neumann hat im Parlament ausweislich des Protokolls auch am 13. Mai im Rahmen der Dringlichen Anfrage zum Fall Brandt nicht die Wahrheit gesagt.

Auf  Nachfragen der Opposition, ob denn ihr Pressesprecher auch eine dienstliche Erklärung abgegeben habe, hat sie erklärt, ihr Pressesprecher sei vor der focus-Veröffentlichung "definitiv nicht mit dem Fall befasst gewesen".

Anrede,

auch das ist falsch und die Unterlagen belegen das gleich mehrfach.

Ihr Pressesprecher, Frau Heister-Neumann, hat am 26.und  27. März 2009, also gut einen Monat vor der Veröffentlichung im focus, in der Landesschulbehörde angerufen und sich beim Präsidenten nach dem Fall Brandt erkundigt.

Von hektischen und aufgeregten Anrufen ist in den Akten zu lesen, weil die Presse "an dem Fall dran" sei.

Dort hat Ihr Pressesprecher, Frau Ministerin, am 27. März dann die Information erhalten, dass gegen Herrn Brandt ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden solle.

Das war ungefähr einen Monat vor der Veröffentlichung im Focus am 20. April.

Die Ministerin aber erklärt uns im Landtag am 13. Mai, ihr Pressesprecher sei vor der Focus-Veröffentlichung mit dem Fall definitiv nicht befasst gewesen.

Muss ich dazu noch mehr sagen?

Frau Heister-Neumann,

Sie allein tragen die Verantwortung für diesen skandalösen  und bisher einmaligen Vorgang, mit dem einem Landesbediensteten, für den Sie verantwortlich sind, Schaden zugefügt werden sollte. Ein exponierter Kritiker Ihrer Schulpolitik in der Öffentlichkeit sollte auf schamlose Weise als Schulschwänzer diffamiert und mundtot gemacht werden.

Wer so mit seinen Landesbediensteten umgeht, darf nicht länger oberste Dienstherrin für die 80 000 Lehrerinnen und Lehrer sein!

Wer so mit der Wahrheit umgeht, muss als Ministerin gehen!

Herr Wulff, ziehen Sie die notwendigen Konsequenzen!

Wir fordern Sie auf, Frau Heister-Neumann als Ministerin aus dem Amt zu entlassen.

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