Rede Ina Korter: Eigenverantwortliche Schule (Aktuelle Stunde der CDU)

...

Anrede,
ich muss sagen, zuerst war ich erstaunt, dass die CDU ausgerechnet das Thema "Eigenverantwortliche Schule" zur Aktuellen Stunde anmeldet,
gibt es doch aus dem ganzen Land massivste Kritik daran.
Gerade bei diesem so wichtigen Projekt, welches nach Ihren Aussagen, Herr Minister,
das Fundament Ihrer Verwaltungsreform im Bereich Schule bilden soll, haben Sie einen Fehlstart hingelegt. Wollen Sie den heute in der Aktuellen Stunde ausbügeln?
Ihre Schulpolitikerinnen mühen sich etwas zu erklären, was in weiten Teilen noch nebulös ist.
Noch vor kurzer Zeit war ja aus den Reihen der CDU –Fraktion ohnehin nur höhnische Skepsis zu hören.
Frau Kollegin Vockert erklärte noch am 16. Mai 2002 zum Grünen – Antrag " Schule 21- Selbständige Schule – Entwicklungsspielräume für lernende Schulen erweitern":
Ich zitiere aus dem Protokoll:
"Man muss sich schon manchmal fragen, welche Luftblasen, welche Luftschlösser hier aufgebaut werden und in welchen Traumwelten der oder die eine in diesem Hause lebt."
Heute tut die CDU-Landesregierung gerne so, als ob sie es wäre, die das Konzept der selbständigen, der eigenverantwortlichen Schule erfunden hat.
Herr Busemann, Sie hätten besser daran getan, die Entwicklung in Nordrhein-Westfalen genauer zu beobachten.
Dort hat die rot-grüne Landesregierung schon vor drei Jahren in Kooperation mit der Bertelsmannstiftung erfolgreich das Modell "Selbstständige Schule" gestartet.
Den beteiligten Schulen wurden große Freiheiten für ihre Weiterentwicklung eingeräumt.
Sie können den Unterricht neu rhythmisieren und die Lerngruppen so zusammensetzen, wie es den jeweiligen Lernbedürfnissen entspricht.
Sie können Projekt- und Werkstattunterricht durchführen.
Und sie können auf ganz neuen Wegen die Lern- und Leistungsentwicklung beschreiben und bewerten. Bei all diesen Fragen ist bei Ihnen, Herr Busemann, bisher Fehlanzeige.
Die neuen Freiheiten in der pädagogischen Arbeit erfordern natürlich eine neue Form der Qualitätssicherung und Rechenschaftslegung.
Freiräume bekommen die Schulen in Nordrhein-Westfalen auch in der Sachmittel- und der Personalbewirtschaftung.
Und mehr Freiheit bekommen die Schulen in NRW auch bei der inneren Organisation und Mitwirkung.
Alle, die Lehrkräfte, die Schülerinnen und Schüler und die Eltern sollen stärker an den Entscheidungsprozessen beteiligt werden.
Denn eines ist klar: die Erneuerung der Schule kann nur gelingen, wenn alle daran mitwirken.
Eigenverantwortlichkeit muss von unten wachsen und getragen werden, sie kann nicht von oben verordnet werden. (Ich erinnere an den Raucherlass)
Leider hat die Landesregierung nur unzureichend von Nordrhein-Westfalen abgeschrieben.
Herr Busemann, was Sie uns vorgelegt haben, ist nur ein Schrumpfmodell.
Bis heute sagen Sie uns nicht, welche Freiräume Sie den Schulen einräumen wollen.
Sehr viel deutlicher werden Sie hingegen, wenn es um die Schulverfassung geht.
Sie stärken einseitig die Schulleitung, während Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie die Eltern entmündigt werden.
Das rächt sich schon jetzt.
Die Landesregierung hat bei der Einführung der eigenverantwortlichen Schule bisher alle relevanten Verbände gegen sich, von der GEW bis zum Philologenverband, vom Landesschülerrat bis zu den Eltern.
Nur 130 Schulen haben sich bereit erklärt als Schule in einer Modellregion mitzumachen, weit weniger als erwartet.
Warum? Weil das Konzept undemokratisch und unausgegoren ist, zu viele Restriktionen enthält und die nötigen Unterstützungsleistungen unklar bleiben.
Anrede,
Die Eigenverantwortlichkeit hat eine herausragende Bedeutung für die Qualitätsverbesserung der Schule. Gefährden sie dieses wichtige Projekt nicht durch zu viel Dirigismus.
Deshalb verlangen wir von der Landesregierung:
Geben Sie den Schulen mehr Freiheit, sowohl pädagogische als auch organisatorische, und geben Sie ihnen eine demokratische Verfassung.
Schulen müssen die Wiege der Demokratie sein. Eigenverantwortlichkeit braucht alle Kräfte

Zurück zum Pressearchiv