Rede Ina Korter: Den demografischen Wandel nutzen - Bildung bringt die höchste Rendite

"Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Försterling, Sie haben gerade viel über den demografischen Wandel und den Erhalt kleiner Standorte erzählt. Wenn ich aber an die Genehmigungspraxis dieser Landesregierung für Gesamtschulen denke, dann muss ich feststellen: Sie tun genau das Gegenteil. Sie gefährden kleine Standorte. Sie werden dafür sorgen, dass sie kaputtgehen, wenn Sie so weitermachen.

'Wenn Deutschland gestärkt aus dieser Wirtschaftskrise hervorgehen will, dann ist jetzt der Zeitpunkt, in Bildung und höhere Qualifikation zu investieren.'

Das hat die OECD-Direktorin Barbara Ischinger 2009 erklärt. Wenn man jedoch in verschiedenen Presseorganen verfolgt, welche Kürzungen im Bildungsbereich die Landesregierung derzeit schon wieder vorbereitet, dann muss man sich große Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft Niedersachsens machen. Da können auch die Ausführungen des Kollegen Försterling von der FDP keineswegs beschwichtigen. Herr Försterling, Sie mögen ja in der FDP Ihre eigenen Absichten mit dieser Aktuellen Stunde verfolgen. Aber wenn es um die Profilierung innerhalb Ihrer Fraktion geht, dann tragen Sie diese Dinge doch erst einmal in der Koalition aus, und informieren Sie den Landtag dann, wenn Sie sich mit der FDP-Position in der Koalition tatsächlich durchgesetzt haben. Dann wollen wir genauer darüber diskutieren.

Die Landesregierung will ? so wurde uns mehrfach berichtet ? die Bildungsetats offensichtlich erneut als Sparbüchse benutzen. Meine Damen und Herren von CDU und FDP, eines muss Ihnen dann klar sein: Sie setzen die Zukunft des Landes Niedersachsen aufs Spiel.

Schon heute ist Niedersachsen in vielen Bereichen Schlusslicht - Schlusslicht bei den Krippenplätzen und bei der Ganztagsbetreuung in den Kindergärten, in den Grundschulen Niedersachsens erhalten die Kinder zehn Wochenstunden weniger als in Bayern, bei den Lehrerstunden pro Schüler liegt Niedersachsen hinten, und kein anderes Land kümmert sich so wenig um die Lernprobleme von Kindern.

Meine Damen und Herren, in der Enquetekommission "Demografischer Wandel" waren sich noch alle einig, dass die demografische Entwicklung verstärkte Bildungsanstrengungen erfordert und nicht Kürzungen. Im Bericht der Kommission hieß es:

"Je weniger Arbeitnehmer es zukünftig geben wird, desto wichtiger ist ihre Ausbildung, um die Innovations- und Leistungsfähigkeit der Gesellschaft zu erhalten."

Schon jetzt zeichnet sich in vielen Bereichen ein Fachkräftemangel ab. Nötig wäre es deshalb ? aber nicht nur deshalb ?, sich ganz besonders um die Schülerinnen und Schüler zu kümmern, die die Schulen ohne ausreichende Kompetenzen verlassen. Gerade hier müssen wir ganz gezielt und massiv investieren. Sie aber wollen schon wieder die demografische Rendite, wie man sagt, aus dem Rückgang der Schülerzahlen verfrühstücken, um Haushaltslöcher zu stopfen. Das ist schlicht volkswirtschaftlich kurzsichtig. "Niedersachsen spart sich dumm" titelte die taz bezeichnenderweise deshalb am 10. März.

Es ist ja richtig: Auch die Bildung kann man nicht auf Dauer auf Pump finanzieren. Notwendig ist es deshalb, durch einen Bildungssoli oder andere Instrumente die Bildung in Niedersachsen und in der Bundesrepublik verlässlich zu finanzieren. Sie aber tun genau das Gegenteil. Sie machen lieber Steuergeschenke für die Klientel der FDP; dazu passt diese Aktuelle Stunde ganz besonders. Die 50 bis 100 Millionen Euro, die nach einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung schon im kommenden Jahr im Schulhaushalt eingespart werden sollen, entsprechen genau den Einnahmeverlusten, die Niedersachsen durch den Steuernachlass für die Hoteliers erleiden wird. So sieht FDP-Bildungspolitik aus! So bleibt Niedersachsen als Bildungsland nicht nur Schlusslicht, so wird es wirtschaftlich zum Absteigerland!"

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