Rede Ina Korter: Bildungsbericht zur Lage an den Schulen in Niedersachsen

Anrede,

geahnt haben wir es natürlich schon lange, aber aufwändige Erhebungen von Elternvertretungen haben es jetzt ans Licht gebracht und mit überzeugendem  Zahlenmaterial belegt:

In Niedersachsen fällt mehr Unterricht aus, als es Herr Busemann weiß oder wissen will!

Von einer 100-%-igen Unterrichtsversorgung landesweit kann überhaupt keine Rede sein.

In vielen Landkreisen werden nur 90 bis 95 % der eigentlich vorgesehenen Unterrichtsstunden erteilt.

In einzelnen Klassen sind es sogar nur 70%. Ganze Unterrichtsfächer fallen dort über lange Zeit aus.

Herr Busemann, entweder Sie wissen nicht, was an den Schulen in Niedersachsen los ist oder Sie wollen es nicht wissen. Weil nicht sein kann was nicht sein darf.

Beides wäre für einen Kultusminister nicht nur blamabel sondern skandalös!

Es ist peinlich, dass die Eltern Ihnen die Zahlen über den Unterrichtsausfall an unseren Schulen liefern müssen.

Es ist Ihre Aufgabe als Minister, diese Zahlen zu erheben und dann die Eltern und die Öffentlichkeit zu informieren.

Wie haben Sie bei Regierungsantritt  so großspurig verkündet:

"Eine gute Unterrichtsversorgung ist nicht alles, aber ohne sie ist alles nichts."

Daran müssen Sie sich messen lassen, Herr Minister.

100 % haben Sie den Eltern versprochen – geblieben ist davon nichts als Tarnen, Tricksen und Täuschen mit Statistiken und Durchschnittswerten.

Sie rechnen sich die Unterrichtsversorgung schön, indem Sie den Erlass ändern, Förderstunden streichen und Klassenfrequenzen heraufsetzen.

Sie rechnen sie schön, indem Sie die Betreuungszeiten in den Verlässlichen Grundschulen als weit über 100 % liegende Unterrichtsversorgung verbuchen und dann bei der Ermittlung des Durchschnitts aller Schulformen mehr als 99% herausbekommen.

Und das, obwohl zum Beispiel die Gymnasien bei Ihnen ab August 2006 nur noch eine Zielzahl von 97,5 % Unterrichtsversorgung zugewiesen bekommen, von Haupt- und Förderschulen oder gar Berufsschulen ganz zu schweigen.

Ihre gebetsmühlenartige Wiederholung der "100 %-Unterrichtsversorgung" hat die Eltern so erbost, dass sie mit großem Aufwand in vielen Regionen des Landes selbst die Unterrichtsausfälle gezählt und dokumentiert haben.

Mit erschreckenden Ergebnissen, das wissen Sie genau.

Herr Busemann, so geht das nicht!

Sie können doch nicht den Eltern weiter Ihre 100 % -Lüge auftischen und glauben, Sie kämen damit noch durch!

Schülerinnen und Schüler müssen sich immer mehr zentralen Abschlussarbeiten, Tests und dem Zentralabitur stellen, aber der dazu nötige Unterricht findet nicht mehr statt.

Sie reden von Qualitätsmanagement und Eigenverantwortlichkeit an den Schulen – aber sich selbst  können Sie damit nicht aus der Verantwortung stehlen.

Wie sieht es bei Ihnen mit dem Qualitätsmanagement, mit der Evaluation aus?

Schulen müssen ihre Ziele formulieren und sich der Inspektion von außen stellen.

Das ist richtig und gut so.

Aber dann wird es höchste Zeit, dass sich auch der Minister einer Inspektion von außen stellt!

Legen Sie vor dem Parlament, der Öffentlichkeit, den Eltern ehrlich Rechenschaft ab!

Was haben Sie tatsächlich bei der Unterrichtsversorgung erreicht?

Wie viel fällt aus, wie viel wird fachfremd vertreten?

Speisen Sie uns nicht länger mit  Durchschnittswerten ab, sondern geben Sie Auskunft über die tatsächliche Situation an den Schulen in den verschiedenen Regionen und in den unterschiedlichen Schulformen.

Und geben Sie Auskunft darüber, wie Sie mit den Problemen umgehen wollen.

Und, Herr Busemann!

Sie müssen uns nicht für dumm verkaufen!

Natürlich haben die Eltern auch jetzt schon einen Anspruch auf Auskunft über die Unterrichtsversorgung an der Schule ihrer Kinder.

Aber was wird ihnen denn da erzählt?

Sie haben doch über Ihre Landesschulbehörde veranlasst, dass immer die Werte der letzten offiziellen Statistik angegeben werden sollen.

Weshalb haben sich denn so viele die Mühe gemacht, selbst die Ausfälle zu zählen und zu dokumentieren?

Herr Busemann, Sie müssen die Eltern und das Parlament nicht veralbern!

Wer soll Ihnen denn eigentlich abnehmen, dass Sie die Eltern- und Schülerrechte und die Position der Schulleitungen bei der Eigenverantwortlichen Schule stärken wollen, wenn Sie sich zugleich um die Angabe der echten Zahlen herumdrücken, sich ständig herausreden und im Zweifel den Schulleitungen die Schuld geben.

Wer soll auf Ihre Aufrichtigkeit bauen, wenn Sie die Schulabgängerstatistik so manipulieren, dass auf einmal ein toller Rückgang der Schulabgänger ohne Abschluss in Niedersachsen herauskommt?

Nein, wir brauchen nach der Reformwut des Ministers, mit der er alles in den Schulen von unten nach oben gewühlt hat, einen klaren Überblick mit verlässlichen Zahlen, um zu sehen, was sich an den Schulen entwickelt hat und wie die Weichen für die Zukunft gestellt werden müssen.

Herr Busemann,

Sie haben die Unterrichtsversorgung, die Durchlässigkeit und die Zahl der Schulabschlüsse zu Ihren Zielen erklärt, zumindest verbal.

Sie schwatzen immer wieder von Ihrem angeblich so begabungsgerechten gegliederten Schulwesen.

Zeigen Sie uns – zumindest erst einmal bis November 2006 und 2007, welches dieser wenigen ausgesuchten Ziele Sie im jeweils zurück liegende Schuljahr in welcher Weise erreicht haben.

Wir haben uns mit unserem Antrag für einen Bildungsbericht extra auf die wenigen Punkte konzentriert, die der Minister selbst als seine Ziele angegeben hat.

Unterrichtsversorgung, Durchlässigkeit, Abgängerzahlen ohne Abschluss, Anwahl der verschiedenen Schulformen.

Was Sie von den Schulen verlangen, Herr Busemann, müssen wir auch von Ihnen verlangen können.

Sollte sich nach zwei Durchgängen eines Bildungsberichts herausstellen, dass das Instrument nicht geeignet ist oder erweitert werden muss, werden wir uns dem Veränderungsbedarf stellen.

Jetzt sind wir erst einmal gespannt auf Ihren ersten Bildungsbericht nach den Sommerferien, Herr Busemann, auf die Inspektion der Arbeit des Kultusministers, auf den Busemann – TÜV!

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