Rede Ina Korter: Aufstieg durch Bildung? Umsetzung der Vereinbarungen des Dresdner Bildungsgipfels in Niedersachsen (Große Anfrage der Fraktion der SPD)

Anrede,

erinnert sich noch jemand an die großen Worte, mit denen die Bundeskanzlerin vor zwei Jahren ihren nationalen Bildungsgipfel angekündigt hat?

Bildung für alle sei "die zentrale Aufgabe des kommenden Jahrzehnts", hat sie erklärt. Die Bundesrepublik müsse zur "Bildungsrepublik" werden.

Die Ernüchterung folgte bereits beim ersten Bildungsgipfel im Oktober 2008.

Schon die äußeren Bedingungen waren schlecht: "Ein dichter Vorhang aus kleinen und großen Nieseltropfen hängt über Dresden. Mistwetter", berichtete der "stern".

Auch in der Tagungsstätte herrschte dicke Luft.

Gescheitert war die Kanzlerin vor allem an den CDU-Ministerpräsidenten. Die christdemokratischen Provinzfürsten, allen voran der Niedersachse Christian Wulff, empfanden das Engagement der Kanzlerin für die Bildung als föderalen Affront.

Das einzige, was damals in Dresden herauskam, war die vage Absicht, die Bildungsausgaben bis 2015 auf 10% des Bruttoinlandsproduktes zu steigern.

Alles Weitere sollte auf einem Folgegipfel im Dezember 2009 beschlossen werden.

Was geschah dort?

Die Länderfinanzminister legten eine geniale Berechnung vor, nach der nicht mehr 25 Milliarden € aufgebracht werden mussten, um das 10%-Ziel zu erreichen, sondern nur noch 13 Milliarden €.

Der Trick: Pensionszahlungen für ehemalige Lehrer, Kosten für die Überlassung von Liegenschaften und sogar das Kindergeld für Volljährige wurden bei den Bildungsausgaben mit eingerechnet.

So kommt man näher an die 10%- Marke, ohne tatsächlich mehr für die Bildung zu tun!

Konkrete Beschlüsse zur Bildungsfinanzierung gab es auch beim 2. Bildungsgipfel nicht.

Vertröstet wurde die Öffentlichkeit auf einen 3. Bildungsgipfel im Juni 2010.

Das Fazit: Die Kanzlerin ist mit ihren Bildungsgipfeln grandios gescheitert!

Aber was hat sich inzwischen in den Bundesländern, die nach Auffassung von Christian Wulff alles so viel besser können, was hat sich in Niedersachsen seit dem Bildungsgipfel 2008 getan?

Wenn wir die Antwort auf die Große Anfrage der SPD anschauen, müssen wir sagen: Nichts!

Bei den Kindergartenplätzen, ganz besonders bei den Krippenplätzen ist Niedersachsen unverändert Schlusslicht.

Selbst den quantitativen Ausbau des Betreuungsangebotes stellt die Landesregierung unter Haushaltsvorbehalt.

Von der dringend notwendigen qualitativen Weiterentwicklung ist schon gar nichts zu sehen.

- Mehr Mittel für bessere Personalstandards? Fehlanzeige!

- Anhebung der Erzieherinnenausbildung? Keine Rede davon!

Im Gegenteil, die Landesregierung steuert nach dem Lehrermangel auch auf einen Erzieherinnenmangel zu.

Das gleiche traurige Bild im Schulbereich:

Zusätzliche Mittel, etwa für den Ausbau zu echten Ganztagsschulen? Keine Rede.

Im Gegenteil: Der Finanzminister denkt bereits laut darüber nach, wie viele Tausend Lehrerstellen in den nächsten Jahren gestrichen werden können.

Von qualitativen Ansätzen zu einer Verbesserung der Schulen ist weiterhin nichts zu sehen.

Starrköpfig hält die Regierung an den wenig effizienten veralteten Strukturen fest.

Auch die Antworten im Hochschulbereich sind vielfach nichts als Blendwerk:

Fakt ist, Niedersachsen liegt mit einer Studienanfängerquote von 30,6% weit abgeschlagen auf Platz 13 im Ländervergleich.

Von der selbst gesetzten Zielmarke 40% sind wir noch immer weit entfernt.

Alle vollmundigen Beschwörungen der Offenen Hochschule und das Herabsetzen gesetzlicher Zugangsregelungen nutzen wenig, wenn parallel die Hürden zur Aufnahme eines Studiums durch Studiengebühren weiter erhöht werden.

Und wenn in Zukunft Masterstudiengänge im Gros nur noch als teure Weiterbildungsstudiengänge angeboten werden, für die kostendeckende Gebühren erhoben werden, ohne dass es für diese Gebühren ein eigenes Kreditangebot gäbe, dann wird sich die soziale Auslese an der Stelle noch einmal zusätzlich verstärken.

Wenn man die Bildungspolitik Ihrer Regierung, Herr Wulff,  betrachtet, muss man zu dem Schluss kommen:

In Niedersachsen geht es nicht um  "Aufstieg durch Bildung" sondern um "Ausschluss von Bildung"!

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