Rede Ina Korter: Aufarbeitung der DDR-Geschichte an niedersächsischen Schulen

Anrede,

Ich denke, wir sind uns einig in der Freude, dass es 1989 der Bürgerbewegung in der ehemaligen DDR gelungen ist, das dortige Unterdrückungssystem zu Fall zu bringen.

Wir sind uns einig in der Freude, dass die Mauer in Berlin gefallen ist und die Schießanlagen an der innerdeutschen Grenze verschwunden sind.

Aber, meine Damen und Herren, wozu jetzt 20 Jahre nach dem Mauerfall diese beiden Anträge zur Behandlung der DDR in der Schule?

Anrede,

die Existenz der DDR war sicherlich eine wichtige Epoche in unserer Geschichte, über die Schülerinnen und Schüler Bescheid wissen und mit der sie sich auseinander setzen sollten. Wenn Sie in die Kerncurricula für unsere Schulen schauen, dann werden Sie sehen, dass das dort auch vorgesehen ist.

So wird beispielsweise im Kerncurriculum für den Geschichtsunterricht im Gymnasium ausdrücklich verlangt, sich mit der Gründung beider deutscher Staaten 1949, mit dem Volksaufstand am 17. Juni 1953, mit dem Mauerbau 1961und dem Fall der Mauer 89 zu beschäftigen und sich – unter anderem unter dem Stichwort "Stasi" sich mit den unterschiedlichen Formen gesellschaftlichen Lebens in den beiden deutschen Staaten auseinanderzusetzen.

Noch selbstverständlicher ist, dass die Grundwerte von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Schulunterricht vermittelt werden müssen.

Das kann in der Auseinandersetzung mit der DDR geschehen. Das muss aber auch immer in der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit unseres Landes erfolgen.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP,

Sie beklagen in Ihrem Antrag einen "bedenklichen Trend zur Verklärung des DDR-Unrechtsregimes".

Dass Jugendliche sich Stasi und Schießbefehl zurückwünschen, ist mir allerdings noch nicht zu Ohren gekommen.

Anrede,

unter Kultusminister Busemann hatte auch Niedersachsen einmal begonnen, den Schulen mehr Eigenverantwortung zu geben.

Dazu gehört auch die Abkehr von Rahmenrichtlinien, die den Schulen bis ins Kleinste vorschreiben, was sie zu behandeln haben.

Kerncurricula sollen stattdessen vor allem beschreiben, welche wesentlichen Kompetenzen basierend auf der Kenntnis grundlegender Daten, Begriffe und Namen erworben werden sollen, aber sie geben keine detaillierten Stoffkataloge mehr vor.

Noch problematischer finde ich, wenn Sie den Schulen nicht nur vorschreiben wollen, was sie zu behandeln haben, sondern auch, wie historische und politische Ereignisse zu sehen sind.

"Geschichtsunterricht vermittelt ( ) kein geschlossenes Weltbild", heißt es im Kerncurriculum Geschichte.

Und weiter:

"Wenn Schülerinnen und Schülern klar wird, dass Geschichtsdarstellungen immer auch gegenwärtigen Interessen und Bedürfnissen in unserer Gesellschaft dienen, werden sie sensibilisiert für aktuelle Debatten, in denen Geschichte als Argument zur Stützung politischer Standpunkte herangezogen wird."

Geschichtsunterricht soll unter der Zielsetzung der Demokratieerziehung die Schülerinnen und Schüler befähigen, sich selbst auf der Grundlage fundierten Wissens ein Urteil zu bilden.

Wir können uns hier im Landtag über Vieles streiten, aber es ist nicht Aufgabe des Landtages, den Schulen vorzuschreiben, wie die richtige Interpretation der Geschichte aussehen soll.

Beide Anträge halte ich deshalb für überflüssig.

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