Rede I. Korter: Hauptschulprofilierungsprogramm

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Anrede,
der von den Regierungsfraktionen inszenierte "Eiertanz" um die Sozialpädagogenstellen an den Hauptschulen geht heute in die entscheidende Runde. Monatelang wurden die Hauptschulen hingehalten. Mal hieß es, das Programm sei nicht zu finanzieren, dann wieder versprach der Kultusminister, sich zu kümmern.
Jetzt liegt endlich ein Antrag von CDU und FDP vor: Die Landesregierung wird aufgefordert ein Hauptschulprofilierungsprogramm zu entwickeln. Es soll drei Anforderungen genügen: Gefördert werden sollen unterrichtsbegleitende und unterstützende Maßnahmen. Das soll wohl heißen, die Sozialpädagogen können bleiben, und das ist gut so. Alle Ressourcen sollen effektiv eingesetzt werden – das ist hoffentlich bei allen Landesprogrammen so. Und: Die Hauptschule soll ihre Inhalte ganz nach den Erfordernissen der Wirtschaft ausrichten – das ist einseitig!
Zunächst einmal, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, wir sind froh, dass die breiten Proteste Erfolg hatten und die Sozialarbeit an den Hauptschulen weitergehen kann.
Was Sie aber sonst noch in Ihrem Profilierungsantrag schreiben, ist nicht nur widersprüchlich und unausgegoren sondern der krampfhafte Versuch der Profilsuche für eine Schulform, für die Sie gerade mit Ihrem neuen Schulgesetz das Aus eingeläutet haben.
Sie erleben doch bereits jetzt bei den ersten Planungen zur Umsetzung Ihres Gesetzes in den Kommunen die Existenzängste der Hauptschulen, vor allem derjenigen, die nächstes Jahr ohne Orientierungsstufe sein werden.
Schulleitungen und Kollegien fürchten, dass sie im nächsten Schuljahr vor leeren Klassen stehen, weil das Gros der Eltern die Kinder nach der frühen Trennung in die 5. Klasse der Realschule schicken wird.
Und was planen die Schulträger, um flexibler auf nicht kalkulierbare Elternentscheidungen reagieren zu können? Genau das, was wir immer gefordert haben und was Sie nicht wollten. Die Schulträger empfehlen, wo es nur geht, Haupt- und Realschulen zusammenzulegen. Herr Minister Busemann, meine Damen und Herren von der CDU und FDP, die Realität holt Sie langsam ein!
Und genau deshalb wollen Sie noch schnell mit Ihrem Profilierungsprogramm, welches die Hauptschülerinnen und Hauptschüler stromlinienförmig den Erfordernissen der Wirtschaft anpassen soll, den Rettungsanker werfen.
Sie werden nicht darüber hinwegtäuschen können, dass Sie durch Ihr strikt getrenntes System, die Bekämpfung von integrativen Ansätzen und die frühe Auslese nach Klasse 4 die Hauptschule ruinieren und die Chancen für Hauptschüler verschlechtern!
Wie soll denn die Durchlässigkeit funktionieren, wenn allein die Hauptschüler von Anfang an berufsbezogen unterrichtet werden, Realschüler und Gymnasiasten aber nicht. Haben Hauptschülerinnen und Hauptschüler kein Recht auf eine ganzheitliche Bildung?
Wir kennen doch die Auffassungen der Wirtschaft, welche Fächer entbehrlich seien. Denken Sie nur an die ständig wiederkehrende Debatte um den - aus meiner Sicht - notwendigen Sportunterricht an Berufsschulen! Damit ich nicht falsch verstanden werde, ich habe überhaupt nichts gegen berufsbezogene Unterrichtsinhalte, im Gegenteil. Aber bitte für alle Schulen, sonst koppeln Sie die Hauptschule noch weiter ab.
Völlig unklar ist auch, was denn die von Ihnen beschriebenen Erwartungen der Wirtschaft an die Hauptschule sein sollen, kann man doch gerade der Presse entnehmen, dass sich das Handwerk dringend um Nachwuchs bei Realschülern und Gymnasiasten bemüht.
Anrede,
wir begrüßen es ausdrücklich, wenn die Sozialarbeit an den Hauptschulen weitergeführt wird.
Was Sie aber an inhaltlichen Vorgaben zu Ihrem Programm sagen, muss über Allgemeinplätze hinausgehen und darf nicht zur Abgabe des staatlichen Bildungsauftrags der Hauptschulen an die Wirtschaft führen.
Ich glaube, am Profil Ihres Profilierungsprogramms muss noch stark gefeilt werden.

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