Rede Helge Limburg: Sponsoring eingrenzen – Abgeordnetenbestechung wirksam bestrafen – Parteispenden neu regeln

--- es gilt das gesprochene Wort ---

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

die letzten Monate haben uns allen vor Augen geführt, wie viel Kreativität einige Politikerinnen und Politiker an den Tag legen, wenn es darum geht, den Geist und den Zweck des Parteiengesetzes, nämlich maximale Transparenz bei der Finanzierung politischer Parteien, zu umgehen. Die Fälle der CDU-Ministerpräsidenten Rüttgers und Tillich offenbaren eine erschreckende Haltung nach dem Motto: "Alles, was nicht explizit verboten ist, ist uns erlaubt." Gespräche mit Herrn Rüttgers gibt es gegen Bares. Bei dem Parteifreund Herrn Tillich kommt es sogar noch besser: Da können Firmen sich Erwähnungen in Reden durch entsprechende finanzielle Zuwendungen kaufen. Das muss man sich mal vorstellen: Das gesprochene Wort eines deutschen Ministerpräsidenten, das Wort, das ja zum Kernbestandteil der Arbeit eines Politikers gehört, kann gegen Zahlungen erworben werden. Das ist schlimm, das ist schäbig, meine Damen und Herren. Wer geglaubt hat, nach der Aufdeckung des Schwarzgeldsystems Kohl und der Schwarzgeldaffäre der hessischen CDU und den entsprechenden Verschärfungen des Parteiengesetzes wäre endlich Schluss mit dem Umgehen von Parteifinanzierungsgesetzen und mit dem Verschleiern von Geldflüssen, der ist durch Rüttgers und Tillich eines Besseren – oder vielmehr eines Schlechteren belehrt worden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, durch diese Vorgänge ist bei vielen Bürgerinnen und Bürgern der Eindruck entstanden, Politik sei käuflich. Das ist nicht gut für eine Demokratie und das kann leider die Abwendung der Bürgerinnen und Bürger von der Politik beschleunigen.

Es ist gut, dass wir in Niedersachsen keinen Sponsoring-Fall vom Schlage eines Rüttgers oder Tillich haben. Das beruhigt mich ehrlich. Aber auch der niedersächsischen Landesregierung ist Sponsoring nicht fern. Zahlreiche größere und kleinere Maßnahmen der Landesregierung werden von privaten Sponsoren, Firmen, Verbänden und Einzelpersonen finanziert. Ich möchte das gar nicht pauschal diskreditieren oder skandalisieren. Aber die Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht darauf, zeitnah und umfassend zu erfahren, wer die Maßnahmen der Landesregierung finanziert, wenn es mal nicht der Steuerzahler ist. Dafür gibt diese Landesregierung einmal pro Jahr einen Sponsoringbericht heraus. Einmal pro Jahr. Der für 2009 liegt noch nicht vor. Das ist unsere erste Kritik: In Zeiten von Internet dürfte es kein ernsthaftes Problem für Sie darstellen, diese Sponsoringvereinbarungen öffentlich zu machen, sobald sie abgeschlossen worden sind. Deshalb fordern wir in unserem Antrag eine unverzügliche Veröffentlichung der Sponsoringvereinbarungen. Und zweitens geht es uns um eine umfassende Veröffentlichung. Wer nämlich im Bericht für das Jahr 2008 in den Einzelplan des Wirtschaftsministeriums schaut, der findet bei den Sponsoren zur 175 Jahr Feier des Wangenheimpalais zahlreiche Spender, die nicht genannt werden möchten. Und die werden dann auch nicht genannt. An dieser Stelle endet für die Landesregierung ihre Transparenzverpflichtung.

Ich finde aber schon, dass die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch darauf haben zu erfahren, wer der Landesregierung das Bier bezahlt und wer die Kosten für das Buffet übernimmt. Nur durch umfassende Transparenz können Sie, meine Damen und Herren, dem Korruptionsverdacht im Ansatz begegnen. Deshalb: Veröffentlichen Sie zeitnah und vollständig, wer Ihnen was bezahlt, und verzichten Sie gegebenenfalls auf Sponsoren, die nicht genannt werden wollen, im Sinne der Transparenz und Lauterkeit politischen Handelns in Niedersachsen, meine Damen und Herren.

Nicht die Landesregierung selbst, aber die Regierungspartei CDU hier in Niedersachsen, ist von einem Sponsoring-Fall betroffen. Die Rede ist von den diversen Anzeigen von Unternehmen in öffentlicher Hand in der der Mitgliederzeitung der CDU Niedersachsen. Die Salzgitter AG, Landesanteil 26,5 Prozent, Deutsche Messe AG, Landesanteil 49,83 Prozent oder auch der Landkreis Osnabrück als öffentliche Institution. Ich bin sicher, Herr Thiele, Sie wissen ganz genau, dass direkte Spenden dieser Unternehmen an Sie, an die CDU, nach § 25 Abs. 2 Nr. 5 Parteien Gesetz verboten wären, weil der Anteil der öffentlichen Hand an diesen Unternehmen 25 Prozent übersteigt.  Ob diese Anzeigen als Umgehungsversuch rechtlich einwandfrei sind, wird die Bundestagsverwaltung prüfen müssen. Ich sage Ihnen aber, Herr Thiele, Ihre Ausreden, die dazu in der Zeitung zu lesen waren, ziehen nicht! Sie sagen ja sinngemäß, das Geld käme dem Verlag, nicht der Partei zu Gute, deshalb sei alles einwandfrei. Selbst wenn Sie mit diesem Verlag nichts zu tun haben, außer dass Sie zusammen mit Herrn Thümler und anderen im Beirat sitzen, selbst wenn das so ist, so werden sie nicht bestreiten können, dass diese Anzeigen faktisch die Herausgabe ihres CDU-Mitgliedermagazins erleichtert haben. Denn natürlich ermöglichen die Einnahmen aus den Anzeigen dem Verlag, Ihr Magazin preisgünstig herauszugeben. Auch hier sehen wir also, wie dringend eine Klarstellung im Bereich des Sponsoringrechts ist.

In den Rechenschaftsberichten der Parteien tauchen gegenwärtig sehr detailliert alle Großspenden an Parteien auf, die 10.000€ übersteigen. Diese werden inklusive Name und Adresse des Spenders oder der Spenderin aufgelistet. Sponsoren hingegen werden unter der Rubrik "Sonstige Einnahmen" aufgelistet und dort eben NICHT im Einzelnen öffentlich gemacht. Diese Umgehungstatbestände müssen ausgetrocknet werden, meine Damen und Herren, wir fordern auch hier maximale Transparenz, das Sponsoring darf nicht faktisch zur verdeckten Parteienfinanzierung führen.

Schließlich geht es um einzelne Großspenden. Herr Präsident, meine Damen und Herren, es ist Wesensmerkmal einer modernen Demokratie, dass jede Stimme im politischen Wettbewerb gleich viel zählt. Die Auseinandersetzungen der Parteien sollen mit Argumenten geführt werden. Aber wir alle wissen, dass in diesem Wettbewerb natürlich auch zahlreiche Maßnahmen eine Rolle spielen, die Geld kosten. Und damit die Finanzausstattung der Parteien einem fairen Grundmuster folgt, gibt es die staatliche Parteienfinanzierung. Gleichzeitig sollen Parteien aber auch nicht rein staatlich finanziert werden, "Staatsparteien" sind unserer Demokratie zum Glück wesensfremd. In diesem Spagat bewegt sich das Spendenrecht.

Wenn es dann aber interessengeleitete Großspenden gibt, wie die Möwenpickspende an die FDP, die offensichtlich mit der Erwartung verbunden war, dass die lukrative Steuersenkung für Hotels durchgesetzt wird, dann verzerren diese den politischen Wettbewerb massiv.

Liebe FDP, mit dieser Art von Politik haben Sie endgültig und in aller Öffentlichkeit deutlich gemacht, dass Sie das sind, was Ihre Gegner von Ihnen schon länger vermuten: Eine Klientelpartei der zahlungskräftigen Teile der Gesellschaft. Für die machen Sie Politik und für niemanden sonst.

Deshalb fordern wir GRÜNE eine Begrenzung von Spenden auf maximal 100.000€ pro Person und Jahr. Ich will Ihnen offen sagen, meine Damen und Herren, dass ich durchaus Sympathien für die Überlegungen in Politik und Wissenschaft habe, Firmenspenden ganz zu verbieten. Firmen sind keine Staatsbürger, sie haben zu Recht kein Wahlrecht, keine Stimme. Da erscheint es unlogisch, dass sie über finanzielle Zuwendungen dann doch massiven Einfluss auf den politischen Wettbewerb nehmen. Aber wir bewegen uns hier, ich hatte es vorhin bereits erläutert, in einem Spannungsfeld zwischen den verschiedenen Einnahmequellen der Parteien, die eben nicht einseitig auf den Staat beschränkt sein sollen. Deshalb also diese Forderung einer Begrenzung. Wir Grüne fordern auch eine schnellere Veröffentlichung von Großspenden. Zu Recht ist die FDP nach Bekanntwerden der Großspende vor der Wahl in Umfragen dramatisch abgestürzt. Aber eben nur in Umfragen, weil die Bundestagswahl bereits gelaufen war. Deshalb fordern wir eine unverzügliche Veröffentlichung von Großspenden, damit sich die Wählerinnen und Wähler selbst ein Bild machen können.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir fordern in unserem Antrag gleichfalls konkrete Initiativen der Landesregierung zur Verschärfung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung. Dieser Straftatbestand, meine Damen und Herren, soll den politischen Betrieb vor unzulässiger Landschaftspflege schützen. Der Tatbestand betrifft auch uns alle, obwohl wir das Strafgesetzbuch nicht ändern können. Die Verschärfung dieses Straftatbestandes ist Voraussetzung dafür, dass Deutschland endlich seinen internationalen Verpflichtungen nachkommt und das UN-Abkommen gegen Korruption ratifiziert. Herr Busemann hat sich ja bereits im Jahr 2008 dahingehend geäußert, dass er eine Verschärfung dieses Straftatbestandes anstrebt. Jetzt haben wir 2010 – und nichts ist passiert. Herr Justizminister: bei der Verschärfung des Jugendstrafrechts waren Sie wesentlich erfolgreicher, diese hat es bis in den Koalitionsvertrag auf Bundesebene geschafft. Und hier? Nichts weiter. Das kann es doch nicht sein, ergreifen Sie endlich konkrete Maßnahmen, um Ihren großen Forderungen Taten folgen zu lassen, die sind nämlich notwendig.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ganz allgemein gesprochen: Es geht uns Grünen nicht um eine pauschale Verunglimpfung des politischen Betriebs oder des politischen Gegners. Aber es geht uns darum, dass Vorgänge wie in Nordrhein-Westfalen und Sachsen, die schweren Schaden für die politische Kultur angerichtet haben, dass die Vorgänge nicht ohne Folgen bleiben können. Wir sollten uns alle gemeinsam um mehr Transparenz im politischen Handeln bemühen.

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