Rede Helge Limburg (mit Video): Aktuelle Stunde zur Flüchtlingspolitik

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- Es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

wir stehen vor einer großen Herausforderung, gar keine Frage. Es ist leicht, Humanität und Menschlichkeit und ein Asylrecht zu propagieren, wenn das alles gar nicht in Anspruch genommen wird. Herausfordernd aber ist es, diese Werte real zu leben, wenn es wirklich darauf ankommt. Und da muss man doch sagen: Es ist beeindruckend, wie viele Menschen in diesen Tagen mit großen und kleinen Gesten Humanität und Menschlichkeit leben. Es ist aber auch beeindruckend, wie viele Verantwortliche bei Polizei, Hilfsorganisationen, in Verwaltung, der Bundeswehr, den Kirchen aber eben auch der Politik quer durch alle Parteien, gegenwärtig alles tun, um diesen, unseren Werten, Humanität und Menschlichkeit  gerecht zu werden. Dank und Anerkennung an all diese.

Aber natürlich ist auch in der größten Herausforderung richtig und wichtig in einer Demokratie, über den richtigen Weg zu streiten. Und eine Opposition darf die Frage stellen, ob eine Regierung die Lage im Griff hat. Die Antwort haben Sie am vergangenen Donnerstag bekommen, Sie haben sie heute bekommen, Sie bekommen sie gerne jeden Tag: Ja, soweit man eine solche Lage überhaupt „im Griff“ haben kann, hat diese Landesregierung sie im Griff.

Aber die Frage ist doch genauso berechtigt, ob sich diese Opposition aus CDU und FDP im Griff hat. Und da muss ich schon sagen, habe ich mittlerweile so meine Zweifel. Ich erkenne an, dass die FDP einen flüchtlingspolitischen Antrag hier im letzten Plenum eingebracht hat, mit dem sie vieles aufgreift, was wir schon angestoßen haben und vieles, was in der Diskussion ist. Aber wie sich dann Herr Dürr hier am Rednerpult zu der Thematik eingelassen hat, das war abenteuerlich. Seit Jahren kämpft die FDP landauf landab gegen den Mindestlohn, das ist bekannt. Kein Argument war Ihnen zu blöde, zu abgegriffen, zu abwegig, um es gegen den Mindestlohn ins Felde zu führen. Aber dass Sie jetzt allen ernstes sogar in der Flüchtlingspolitik ihre Chance gekommen sehen, um gegen diese soziale Errungenschaft zu Felde zu ziehen, das sprengt die Grenzen des guten Geschmacks, liebe FDP. Dabei ist es doch genau andersherum: Wenn wir ernsthaft auf Ihre Forderung eingehen würden und den Mindestlohn für Flüchtlinge aussetzen würden, dann würden wir doch die Angst bei Einheimischen schüren, dass die Flüchtlinge als Billiglöhner und Lohndrücker Ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen.

Im übrigen, Herr Dürr, ist meine Vision nicht, dass wir Flüchtlinge nur beim Bau oder als Hilfsarbeiter einsetzen. Flüchtlinge sind Lehrer, Ärzte und Ingenieure, Journalisten und Anwälte und vieles mehr, und ,Herr Dürr, Flüchtlinge werden eines Tages auch hier im Landtag sitzen, und das ist gut so.

Aber Sie sind ja nicht allein. Wo es um Niveaulimbo geht, ist Herr Nacke nie fern. Sie, Herr Nacke, haben die letzte Plenarsitzung missbraucht, um mal so richtig gegen die zweite Generation von Gastarbeitern herzuziehen, Sie haben pauschal gesagt, die würde sich „entwurzelt“ fühlen, es gebe „Kriminalität und Drogenprobleme.“ Herr Nacke, es mag Ihnen noch nicht aufgefallen sein, aber diese zweite Generation sitzt mittlerweile auch hier im Landtag. Vielleicht nicht in Ihrer Fraktion, aber Frau Polat, Herr Onay, Herr Pantazis, Frau Glosemeyer und Herr Erkan sind diese zweite Generation. Keiner von Ihnen ist entwurzelt, keiner hat Drogen- oder Kriminalitätsprobleme, hören Sie endlich auf mit Ihrer pauschalen verunglimpfenden Sprache über Menschengruppen. So und durch ähnliche Beiträge auch in einigen Kommunalparlamenten tragen gerade Sie in der Tat, wahrscheinlich unbeabsichtigt, dazu bei, dass die Stimmung irgendwann vielleicht kippen könnte. Und wenn sie gekippt ist, sind Sie die ersten, die aufschreien “Wir haben‘s schon immer gewusst.“ Das ist wirklich Seehoferniveau, was Sie hier darbieten.

Wir sollten hier auch mal darüber reden Fluchtursachen zu bekämpfen. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hat dazu Richtiges und Bemerkenswertes gesagt: Nämlich, dass unser Wohlstand in Europa und Deutschland zu einem erheblichen Teil auf der Ausbeutung Afrikas fußt. Und dass Afrika fairen statt freien Handel benötigt. Recht hat er, der Mann. Herr Hilbers, Sie haben, als ich Gerd Müller mal erwähnt habe, „Guter Mann“ dazwischen gerufen. Da gebe ich Ihnen ja sogar Recht. Der ist ein Guter. Nur reicht es nicht, hier im Plenum zu sitzen und gute Männer in Berlin zu bejubeln, man muss auch hier in Niedersachsen so handeln, wie es diese guten Männer und Frauen vormachen. Was kann Niedersachsen zum fairen Welthandel beitragen? Nun, einen kleinen Schritt ist Rot-Grün gegangen, und zwar mit dem Landesvergabegesetz, das es endlich ermöglicht, auch soziale und ökologische Kriterien, fairen Handel also, in Ausschreibungen einzubeziehen. Und was tun CDU und FDP, wenn es dann mal konkret wird mit niedersächsischen Beiträgen für eine friedlichere und gerechtere Welt? Sie bekämpfen dieses Gesetz mit einer Vehemenz, die dem von Ihnen gelobten „Guten Mann“ Gerd Müller wahrscheinlich peinlich wäre, wenn er es mitbekäme. Wir alle sind aufgefordert, auch hier in Niedersachsen dazu beizutragen, Fluchtursachen zu bekämpfen und wir sollten danach handeln!

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