Rede Helge Limburg: Einsetzung einer Enquetekommission

- Es gilt das gesprochene Wort -

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Zunächst drei Anmerkungen zu den Redebeiträgen der Kollegen von FDP und CDU.

Erstens, damit darüber überhaupt keine Zweifel bestehen: Über die Einsetzung von Enquete-kommissionen entscheidet dieses Parlament, dieses Hohe Haus, entscheiden die Abgeordneten dieses Hohen Hauses und niemand sonst, meine Damen und Herren, und das wird auch so bleiben.

Zweitens:  Herr Nacke, Sie haben - ich war zunächst geneigt, es für einen Versprecher zu halten, aber Ihre weiteren Ausführungen haben deutlich gemacht, dass es offenbar bewusst geschehen ist - davon gesprochen, dass Sie den Verfassungsschutz als eine Behörde des Innenministers haben wollen. Genau da haben Sie schon den ersten fundamentalen Unterschied zwischen Ihnen und uns: SPD und Grüne sind nicht der Auffassung, dass der Verfassungsschutz die willfährige Behörde eines Innenministers sein kann, sondern der Verfassungsschutz muss vielmehr dem gesamten Land, allen Menschen in diesem Land, dienen, meine Damen und Herren, und das werden wir zukünftig sicherstellen.

Drittens: Herr Nacke, wenn es noch irgendeines Argumentes bedurft hätte, warum Ihre Fraktion nicht gebeten worden ist, von Anfang an bei der Erarbeitung der Reformvorschläge der Experten-kommission mitzuarbeiten, waren das Ihre beiden Redebeiträge hier in diesem Haus.

Ich weise namens SPD und Grünen Ihre verunglimpfenden und beleidigenden Äußerungen bezüglich einer angeblich nicht klaren Kante zur Verfassungsfeindlichkeit bei SPD und Grünen in aller Schärfe zurück, Herr Kollege Nacke!

Herr Watermann hat zu Recht auf die 150-jährige Geschichte der SPD hingewiesen. In der Tat: Es gab Zeiten, da stand die SPD am Rand in diesem Land, weil sie an den Rand gedrängt worden ist. Ich erinnere an die Sozialistengesetze, ich erinnere an den engagierten Kampf der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für die Grundrechte der Weimarer Verfassung gegen das Hitler-Regime, ich erinnere an die Sozialdemokraten, die in der späteren DDR im Gefängnis gelandet sind, weil sie sich gegen die Zwangsvereinigung gewehrt haben.

Herr Kollege Nacke, die SPD hat seit 150 Jahren und die Grünen haben seit 30 Jahren stets die Gewähr dafür geboten, für die Grundrechte, für die Freiheit in diesem Land einzustehen. Sie sollten das hier nicht verunglimpfen.

Dann zu Ihrer Argumentation bezüglich des Magazins KontrASt. Das ist schon interessant; denn Sie setzen in der Tat die Arbeit fort, die der von Ihnen ideologisch und parteipolitisch missbrauchte Verfassungsschutz in der Regierungszeit von CDU und FDP an den Tag gelegt hat.

Diese Zeitschrift ist mitnichten eine Zeitschrift der Grünen. Sie ist auch keine Zeitschrift der Grünen Jugend. Der Artikel, den Sie zitiert haben, stammt mitnichten aus der Feder eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin der grünen Landtagsfraktion oder eines wie auch immer gearteten Funktionärs der Grünen oder der Grünen Jugend.

Richtig ist, dass es diesen Artikel gibt und dass an anderer Stelle, nämlich in der Gesamtauflistung, aus der hervorgeht, welche Autoren irgendwann einmal für diese Zeitschrift geschrieben haben, auch Frau Amthor auftaucht. Daraus abzuleiten, dass Frau Amthor für den konkreten Artikel in dieser Ausgabe, für die sie keinen einzigen Artikel geschrieben hat, in irgendeiner Form Verantwortung trägt, ist beleidigend und unverschämt. Herr Nacke, Sie sollten sich dafür entschuldigen.

Jetzt noch zu den konkreten Anträgen von CDU und FDP. Zunächst zum Antrag der CDU. Meine Damen und Herren, ich habe mich schon sehr gewundert, dass gerade aus Ihrer Feder ein Antrag kommt, der sich mit Reformen des Verfassungsschutzes beschäftigt, sind mir doch noch gut Ihre Reden im Ohr, die Sie in der letzten Wahlperiode, aber auch in dieser Wahlperiode gehalten haben. Stets war der Verfassungsschutz, gerade unter Uwe Schünemann, immer ohne Fehl und Tadel. Stets war es die Landtagsopposition, wahlweise Linke, SPD oder Grüne , die alles nur aufgebauscht hat. Die Beobachtung grüner Landtagskandidaten haben Sie gedeckt. Die Islamistencheckliste, die Verhöhnung muslimischer Gemeinden, verhinderte Einbürgerungen, die Beobachtung der Gesamtpartei DIE LINKE, die Beobachtung von Anti-Nazi-Aktivisten, von Atomkraft-Gegnern, von kritischen Journalisten und von Rechtsanwälten, all das haben Sie immer gebilligt und verteidigt. Wo sehen Sie denn da Reformbedarf, wenn ich das glauben soll?

Solange sich die CDU-Fraktion nicht mit der Tätigkeit des Verfassungsschutzes auseinandersetzt, solange haben Sie in der Reformdebatte über-haupt keine Glaubwürdigkeit.

Nun zum Antrag der FDP-Fraktion. Herr Dr. Birkner, Sie sind ja neuerdings Verfassungsschutzpolitiker. Früher waren Sie Umweltminister. Wie es der Zufall will, waren diese beiden Themen in Ihrer Regierungszeit auf ganz besonders enge Weise miteinander verknüpft, ich möchte hinzufügen: auf drastische Art und Weise. Wer der Umwelt, insbesondere der Atompolitik der schwarz-gelben Landesregierung, im Wege stand, lief stets Gefahr, vom Inlandsnachrichtendienst beobachtet zu wer-den. Sie haben Atomkraftgegnerinnen und -gegner, Tierschützerinnen und Tierschützer, aber auch Gegnerinnen und Gegner von Kohlekraftwerken vom Verfassungsschutz beobachten lassen. Auch von der FDP gab es dazu kein offenes Wort.

Herr Dr. Birkner, auch für Ihre Partei gilt: Setzen Sie sich mit den Fehlern auseinander, und bringen Sie auf dieser Grundlage Ihre Reformideen in den selbstverständlich breiten, offenen und transparenten parlamentarischen Reformprozess ein.

Aber tun Sie nicht so, als sei in Ihrer Amtszeit alles richtig gewesen. Das ist es nicht. Ein Zurück zum Verfassungsschutz der Amtszeit Uwe Schünemann kann und darf es nicht geben.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

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