Rede Helge Limburg: Antrag (CDU/FDP) zum Parlamentarischen Untersuchungsausschuss

- Es gilt das gesprochene Wort - 

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

der niedersächsische Staatsgerichtshof hat festgestellt, dass es der Verfassung widersprach, den auf Wunsch und Antrag von CDU und FDP eingesetzten Untersuchungsausschuss zur Durchleuchtung der Sicherheitsbehörden bis in das Jahr 2011, also bis zum Beginn des syrischen Bürgerkriegs, auszuweiten. Ich bedauere ausdrücklich, dass wir in der Absicht, einen sinnvollen zusammenhängenden Untersuchungszeitraums zu erreichen, die Verfassung gebrochen haben. Immerhin haben wir alle mit diesem ersten Urteil zu Art. 27 Rechtsklarheit gewonnen.

Der Staatsgerichtshof musste auch über die Zulässigkeit entscheiden und hat insoweit nunmehr entschieden, dass zur Feststellung, ob die erforderliche Anzahl von Abgeordneten zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses erreicht ist, keine eigenhändige Unterschrift der Abgeordneten mehr erforderlich ist. Stattdessen reichen Unterschriften der Fraktionsführungen und sogar mündliche Versicherungen der Fraktionsführungen aus, um von der erforderlichen Zahl der Abgeordneten auszugehen, sofern die einzelnen Abgeordneten nicht öffentlich widersprechen. Wir alle wissen, wie groß real die Hürde ist, öffentlich seinen Fraktionsführungen zu widersprechen. In der Realität bedeutet dieses Urteil daher eine deutliche Stärkung der Fraktionsführungen im Vergleich zu den einzelnen Abgeordneten. Der Rundblick hat das zurecht beschrieben: Für den Moment mag das angesichts der inneren Verfasstheit der hier vertretenen vier Fraktionen nicht so relevant sein. Aber es gibt keine Garantie, dass das zukünftig so bleiben wird. Das Urteil sorgt dafür, dass die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses de-facto das Recht von Fraktionsführungen wird, sofern die Fraktionen eine entsprechende Anzahl von Mitgliedern haben.

Meine Damen und Herren, gelegentlich höre ich, dass der Ausschuss doch schon neue Erkenntnisse ergeben und Fehler ans Licht gebracht hätte. Ja, wir alle sind heute, nicht nur juristisch, klüger als vor einem Jahr. Aber dafür hätte es dieses scharfen Schwerts, des Untersuchungsausschusses nicht bedurft. Andere, von uns vorgeschlagene parlamentarische Mittel, hätten ausgereicht. Und die parteitaktischen Scharmützel wären ebenfalls verzichtbar gewesen. Sie aber brauchen diesen Ausschuss als Bühne für ihre politischen Phantasien: Ihre Statements haben im Regelfall wenig mit dem tatsächlichen Geschehen im Ausschuss zu tun, sie zeigen eher, wie sie sich Regierungs- und Arbeit in Sicherheitsbehörden vorstellen, nicht wie sie tatsächlich ist. Die verfassungsrechtliche Wahrheitspflicht trifft eben nur die Landesregierung, die Opposition hat jedes Recht, ihrer Phantasie ungeachtet der Realität freien Lauf zu lassen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ein Verfassungsbruch ist nie gut, egal wer ihn begeht. Und ein Verfassungsbruch wird nicht durch einen anderen geheilt, das ist klar. Aber angesichts des hochmütigen Auftretens von Herrn Nacke und Herrn Dr. Birkner in dieser Debatte hier möchte ich dann doch an die schwarz-gelbe Regierungszeit erinnern. Mediengesetz, Maßregelvollzug, nachträgliche Sicherungsverwahrung, Telefonüberwachung, Landeshaushalt: alles verfassungswidrig. Sie haben als Abgeordnete wieder und wieder die Hand für verfassungswidrige Gesetze gehoben. Dazu das verfassungswidrige Verschweigen Ihrer Beteiligung am Nord-Süd-Dialog. Herr Nacke, Herr Dr. Birkner, das hohe Ross, auf das Sie sich heute geschwungen haben, bricht zusammen unter der Last Ihrer Verfassungsbrüche.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, zu den Besonderheiten dieses Untersuchungsausschusses gehört, dass die Erweiterung auch wegen der Gefahr einer wesentlichen Verzögerung der Ausschussarbeit verfassungswidrig war. Als erste Reaktion darauf sorgten CDU und FDP für die zweiwöchige Aussetzung der Ausschussarbeit und damit für eine deutliche Verzögerung. Und das war nicht die erste Verzögerung, die CDU und FDP verursacht haben. Da werden Befragungen nach der ersten Frage abgebrochen, Pressekonferenzen während Ausschusssitzungen anberaumt und fadenscheinige Gründe für den Sitzungsabbruch inszeniert. Auch bestand oft genug kein Interesse an dem Eintreten in vertrauliche Sitzungen. Von der vollzähligen Teilnahme an den Sitzungen ganz zu schweigen. Sie verzögern und verschleppen wo sie können, während SPD und Grüne die verfassungsrechtliche Pflicht treffen soll, den Ausschussplan zügig abzuarbeiten. Recht und Politik können bisweilen merkwürdige Blüten treiben, meine Damen und Herren.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, natürlich ist es wichtig und richtig, dass Landtag und Opposition zahlreiche Rechte haben. Juristisch haben Sie, Herr Nacke und Herr Birkner, natürlich das Recht, diesen Ausschuss zu haben. Niemand macht Ihnen das streitig. Ebensowenig wie Ihnen niemand das Recht streitig macht, die Landesverwaltung mit einer wahren Anfragenflut teilweise lahmzulegen und von ihren Kernaufgaben abzuhalten. Auch dieses Recht haben sie. Aber politisch reicht der Verweis auf bestehende Rechte nicht aus, politisch sind sie schon darüber rechenschaftspflichtig, wohin sie eigentlich wollen, wie unser Land, unsere Demokratie oder wer auch immer von dieser Form der Inanspruchnahme parlamentarischer Rechte eigentlich profitieren soll. Es reicht politisch eben nicht aus, trotzig zu sagen, ich habe aber das Recht dazu. Sie müssen es schon inhaltlich begründen. Doch da ist bislang Fehlanzeige. Durch den heutigen Beschluss wird noch mehr als bislang deutlich: Dieser Ausschuss ist Ihr Ausschuss, Sie haben ihn gewollt, Sie steuern Tempo und Arbeit dort und Sie müssen auch die öffentliche Verantwortung für all das übernehmen. Dazu müssen CDU und FDP stehen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

SPD und GRÜNE sind hier heute demütig nach Canossa gegangen. Das war auch notwendig. In diesem Zusammenhang erscheint es mir geboten, auf folgenden Umstand hinzuweisen: Der Urheber des Ganges nach Canossa, König Heinrich IV., regierte nach dem Canossagang noch ganze 28 Jahre lang unangefochten. In diesem Sinne freue ich mich auf die kommenden Jahre.

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