Rede Helge Limburg: Aktuelle Stunde (SPD): NPD-Verbot vorantreiben
- es gilt das gesprochene Wort -
Frau/Herr Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Um eines direkt am Anfang meiner Rede klarzustellen: Ich unterstelle niemandem in diesem Hause, der gegen ein Verbot der NPD argumentiert, dass er oder sie irgendwie für die NPD ist. Das wäre abwegig.
Die Punkte sind andere. Sie, Herr Schünemann, lassen sich von Ihrem Verfassungsschutz einflüstern, dass dieser die NPD ganz gut "im Griff" habe, dass diese Partei gut beobachtet sei, und dass man deshalb an der momentanen Situation – V-Leute in der NPD, Partei bleibt legal – nichts ändern müsse. Und Sie verbreiten diese "Wahrheit" dann als Innenminister in der Öffentlichkeit. Sie haben erklärt, Sie bräuchten die V-Leute – bezahlte Nazis - um schwere Straftaten zu verhindern bzw. aufzuklären. Die jüngsten Ereignisse aber haben diese Ihre Aussagen schlicht als falsch erwiesen: Ihre V-Leute haben keinerlei Hinweise auf die rechtsterroristischen Straftaten und Netzwerke geliefert. Keinerlei! Sie, Herr Schünemann, konnten bis heute nicht annährend andeuten, welche Straftaten ihre V-Leute eigentlich verhindert oder aufgeklärt hätten. Mit Holger Stahlknecht, CDU-Innenminister von Sachsen-Anhalt, muss man zurecht fragen: Was haben die V-Leute in den letzten 10 Jahren eigentlich gebracht? In Wahrheit ist es doch so: Ihre V-Leute liefern im wesentlichen Erkenntnisse, die man auch auf anderen Wegen bekommen kann, fragen Sie mal die Journalistinnen und Journalisten, die in dem Bereich tätig sind, und die V-Leute achten darauf, nichts verfängliches über ihre Kameraden zu sagen. Gleichzeitig enthalten Sie, Herr Schünemann, der Öffentlichkeit die nicht ganz unwesentlichen Fakten vor, wie viele V-Leute sie eigentlich in der NPD haben und wie viel Geld als Honorar an diese geflossen ist und fließt. Das geht eigentlich nicht in einer Demokratie. Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf, zu erfahren, wie und mit welchen finanziellen Mitteln die NPD beobachtet wird.
Der Kollege Rolfes hat hier gestern gesagt, er verstehe die Argumentation der Opposition nicht. Der Verfassungsschutz werde kritisiert, er sei auf dem rechten Auge blind, aber die V-Leute dürfe er auch nicht haben. Herr Rolfes, ich erkläre es Ihnen gerne: Der Verfassungsschutz hat, das scheint Ihnen nicht bekannt zu sein, nicht nur V-Leute als Mittel der Informationsgewinnung. Das ist ja die Mär, die hier immer wieder verbreitet wird, sie bleibt aber falsch! Der Verfassungsschutz hat ein ganzes Instrumentarium an Methoden der Erkenntnisgewinnung, von der Beobachtung öffentlich zugänglicher Quellen über Observationen bis hin zu Abhörmaßnahmen. Das alles kann Ihre Superbehörde einsetzen, ganz ohne V-Leute. Und darüber hinaus kann ich Sie nur an die bereits erwähnten Journalistinnen und Journalisten verweisen, die schaffen es ganz ohne V-Leute, zahlreiche Informationen über die NPD zu beschaffen.
Die V-Leute in Führungsgremien – und nur um die geht es - sind verzichtbar. Und wir sollten auf diese staatlich bezahlten Nazis verzichten!
Meine Damen und Herren,
wir haben in Niedersachsen eine wirklich finstere Geschichte im Umgang mit V-Leuten. Beim Celler Loch waren staatlich bezahlte Bombenleger beteiligt. Es wäre eine für den Rechtsstaat erschütternde Erkenntnis, wenn es im Fall der Jenaer Terroristen-Zelle auch staatlich bezahlte Mordhelfer gegeben haben sollte.
Um von all dieser Kritik abzulenken haben Sie, Herr Schünemann, ja einen ganz eigenen Vorschlag erstellen lassen, wie die NPD wenigstens von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden könnte. Eine Grundgesetzänderung und eine Kommission, angesiedelt beim Bundestagspräsidenten, sollen her, die dann die NPD als verfassungsfeindlich einstufen und so von der Parteienfinanzierung ausschließen soll. Bei allem Respekt vor dem Ersteller des Gutachtens, Herrn Professor Epping, aber dieser Vorschlag ist aus zwei Gründen fatal: Zum einen versuchen Sie damit unter Umgehung des Bundesverfassungsgerichts einzelne Parteien von der so wichtigen staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen. Und zum anderen wollen Sie ein Instrument schaffen, um dann vermutlich möglichst bald auch die Partei die Linke von der staatlichen Finanzierung abzukoppeln. Das steckt doch in Wahrheit hinter Ihrem Vorschlag, Herr Schünemann. Nein, dieser Weg ist ein Irrweg, und man sollte ihn nicht länger verfolgen. Gehen Sie mit den SPD-geführten Ländern und Ihren vernünftigen CDU-Ministerkollegen den sauberen und eindeutigen Weg des Parteiverbots der NPD. Geben Sie Ihre sachlich nicht begründbare Blockadehaltung auf, Herr Innenminister.