Rede Helge Limburg: Aktuelle Stunde - „Permanente Angriffe gegen die Justiz – Welches Verhältnis hat die CDU zur dritten Gewalt“

- Es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

seit einigen Monaten wird über die Justiz in Niedersachsen diskutiert. Angesichts solcher Fälle wie der des mutmaßlichen Kinderpornofalls Edathy oder der des mutmaßlich korrupten Richters Jörg L. ist das durchaus nachvollziehbar und legitim. Nicht nachvollziehbar und nicht legitim ist es aber, wie die Landtagsopposition, wie insbesondere die CDU, diese Vorgänge missbrauchen, um auf dem Rücken der Justiz, auf dem Rücken unserer engagierten Staatsanwaltschaften und Gerichte unverhohlen eine Schmutzkampagne gegen die niedersächsische Justizministerin inszenieren. Das ist vollkommen inakzeptabel.

In dieser Kampagne wird vor allem eines deutlich: Während die Frau Ministerin zu recht hohes Ansehen innerhalb der Justiz genießt, offenbart sich, dass insbesondere die CDU keinerlei, wirklich keinerlei Konzepte in der Rechtspolitik hat.

Zwei Beispiele der Konzeptlosigkeit aus dem Fall Edathy, ich könnte auch noch mehr nennen: Während die rechtspolitische Sprecherin Frau Ross-Luttmann im Rechtsausschuss deklamiert, es ginge ja schließlich auch um die Unschuldsvermutung für Herrn Edathy, fordert der Fraktionsvorsitzende Thümler öffentlich einen Haftbefehl für Herrn Edathy, was so ziemlich das Gegenteil der Unschuldsvermutung ist. Ja was denn nun, meine Damen und Herren? Unschuldsvermutung oder Haft? Sie müssen sich mal entscheiden.

Der Tiefpunkt des christdemokratischen Desasters in Bezug auf rechtsstaatliche Grundsätze war ein anderer: Ein CDU-Resolutionsentwurf, mit dem sie einen der zentralen Grundsätze des modernen Strafverfahrens, nämlich das Recht des Beschuldigten zu Vorwürfen zu Schweigen im Fall Edathy außer Kraft setzen wollten. Herr Nacke, Herr Thümler, von ihnen beiden überrascht mich im Bereich Rechtsstaat überhaupt nichts mehr, aber dass in der CDU Fraktion selbst langjährige Rechtsanwälte, wie sie Herr Winkelmann oder sie Herr Toepffer, solch einen Entwurf mittragen, das erschüttert mich zutiefst, meine Damen und Herren.

Ich bin froh, dass es der Staatsanwaltschaft Hannover gelungen ist, trotz der zahlreichen Knüppel, die ihr von der CDU zwischen die Beine geworfen worden sind, das Verfahren Edathy bis zur Anklage weiterzuführen. Lassen sie die Anklagebehörde endlich in Ruhe arbeiten!

Aber kommen wir zu einem anderen Fall. Der mutmaßlich korrupte Richter Jörg L.. Ich könnte an dieser Stelle einfach darauf verweisen, dass es Herr Busemann war, der diesen Mann zum Referatsleiter gemacht und damit in die Position gebracht hat, von der aus er seine verbrecherischen Machenschaften begehen konnte. Aber darum geht es gar nicht. Wesentlich ist, dass diese Justizministerin beim leisesten Korruptionsverdacht umfangreiche Präventionsmaßnahmen eingeleitet hat, als sich der Verdacht erhärtete hat sie weitere Maßnahmen ergriffen und L. wurde umgehend aus dem Richterdienst entfernt. Was sind denn die CDU- oder FDP-Vorschläge gegen Korruption im Justizprüfungsamt? Ich kenne keine, weil sie keine haben, weil sie völlig plan- und konzeptlos sind.

Zum Thema Sicherungsverwahrung: Da verabschiedet der niedersächsische Landtag unter Justizminister Busemann mit den Stimmen aller Fraktionen ein Gesetz zur Sicherungsverwahrung. Mit mehr Lockerungen, wie es die Menschenrechtskonvention vorschreibt. Und wer sind die ersten, die sich von diesem Gesetz politisch distanzieren? Die CDU! SPD und GRÜNE stehen zu diesem Gesetz aus der Amtszeit von McAllister und Busemann, wo aber stehen sie, Herr Thümler, Herr Nacke, Frau Ross-Luttmann?

Aber die Krönung für das CDU-Schmierentheater ist zweifellos die Kampagne, die Sie um den jetzigen Präsidenten des Landgerichts Hannover herumstricken. Ein Mann übrigens, der unter Bernd Busemann im Justizministerium war, ein Mann, der von Minister Busemann zum Präsidenten des Landgerichts Hildesheim ernannt wurde. Zunächst ging es um Dienstfahrten und um die Bewertung des Vorganges durch den Oberlandesgerichtspräsidenten. Alles ok, und wir wissen alle nicht, was bei der Überprüfung der Dienstfahrten durch die Staatsanwaltschaft herauskommt oder auch nicht.

Aber das reichte ihnen nicht, Herr Nacke. Ich weiß nicht, was sie angetrieben hat, diesen Mann, diesen Richter, so zu bekämpfen, so öffentlich zu denunzieren, dass sich sogar Ihre eigenen Parteikollegen, selbst ausgewiesene Rechtsexperten, von Ihnen, von Ihrer Schmutzkampagne aufs Deutlichste distanzieren und aus der CDU austreten. Ihre Anfrage, ob der Landgerichtspräsident vor vielen Jahren auf einem Dienstrechner möglicherweise privat Internetseiten aufgerufen hat, hat mit dem legitimen parlamentarischen Fragerecht nichts mehr zu tun. Es gibt Mitarbeiter, die sich an eine private Nutzung in der Amtszeit von Frau Heister-Neumann oder Herrn Busemann erinnern wollen, ja. Die damalige CDU-Hausspitze hat den Herrn ermahnt, und das war auch richtig so. Was sollte sonst veranlasst werden? Herr Thümler, Herr Nacke, mit ihrer Weigerung, diese Fragen zurückzuziehen, mit ihrer Weigerung sich für diese Kampagne zu entschuldigen haben sie beide dem Ansehen von Justiz und Politik schweren Schaden zugefügt. Das kritisieren auch die höchsten Richter dieses Landes in einem beispiellosen Brandbrief aufs Schärfste. Herr Thümler, Herr Nacke, sie sollten sich hier entschuldigen und klipp und klar erklären, dass Sie Landesbediensteten, die keine politischen Beamten sind, zukünftig in Ruhe in lassen und auf Stellvertreter-Angriffe verzichten!

Herr Thümler, Herr Nacke: Auch die dritte Staatsgewalt, die Justiz, ist nicht unantastbar, auch die Justiz darf kritisiert werden. Aber nicht mit der zerstörerischen Kraft, die Sie hier an den Tag legen, sondern mit Achtung, mit Respekt und mit Augenmaß. Das ist Ihre Verantwortung als Parlamaentarier! Finden sie endlich zu diesem respektvollen Umgang mit der Justiz zurück! Vielen Dank.

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