Rede Helge Limburg - 100 Tage Rot-Grün in Niedersachsen

- es gilt das gesprochene Wort -

 

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Herr Präsident, meine Damen und Herren,

nach 100 Tagen lohnt es auch, einmal einen zusammenfassenden Blick darauf zu werfen, was eigentlich die Opposition hier im Hause an der neuen Landtagsregierung kritisiert. Von „Stillstand“ war da die Rede, von „Nichtumsetzen eigener Wahlversprechen“ z.B. im Agrarbereich. Fünf Jahre lang haben sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, kritisiert, dass die Forderungen des Kollegen Meyer, z.B. nach mehr Transparenz und nach grundsätzlichem Umsteuern in der Landwirtschaftspolitik nicht umsetzbar und schädlich für die Landwirtschaft Niedersachsens seien. Dies taten Sie fünf Jahre lang. Und jetzt kritisieren Sie schon nach wenigen Wochen, dass er seine Forderungen nicht bereits sofort und komplett umgesetzt hat.

Sie, meine Damen und Herren, haben sich 10 Jahre für Frauenpolitik nur am Rande interessiert, die FDP war zum Beispiel stets bemüht, den Frauenanteil in der Fraktion konstant bei immerhin 2 bis 3 zu halten, FDP-Ministerinnen gab es gar nicht, und dann kritisiert ausgerechnet Herr Dr. Birkner am lautesten, das Rot-Grün nicht genug Frauen in Aufsichtsräte entsendet. Die FDP hat die erbarmungslose Abschiebepolitik von Uwe Schünemann 10 Jahre lang loyal mitgetragen, und dann haben sie lauthals kritisiert, dass Boris Pistorius diese Politik nicht bereits nach 2 Tagen im Amt komplett umgekrempelt hat, sondern dass er dafür ein paar Wochen gebraucht hat. Meine Damen und Herren von CDU und FDP, die müssen sich schon entscheiden, ob sie unsere Vorstellungen kritisieren, oder ob sie deren unverzügliche Umsetzung fordern.

Der rot-grüne Koalitionsvertrag ist mit „Erneuerung und Zusammenhalt“ überschrieben. Das sind die gemeinsamen Werte und Leitlinien von SPD und Grünen, und das verdeutlicht auch die Unterschiede zur Vorgänger-Landesregierung. Wir wollen den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Wir wollen ein Niedersachsen, das jeden mitnimmt und das jedem Chancen bietet.

Wir wollen z.B. kein Leitbild vorgeben, was ‚ gute Familien sind, aber wir wollen jeder Familie, allen Vätern, Müttern und vor allem den Kindern die Chance auf gute Kita-Plätze, auf Ganztagsbetreuung, auf Förderung, auf Freiraum und auf Vereinbarkeit von Arbeit und Familie bieten. Das stärkt den Zusammenhalt der Gesellschaft.

Wir wollen Schluss damit machen, dass der Zugang zur Hochschule vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Auch das stärkt den Zusammenhalt der Gesellschaft. Wir wollen Schluss damit machen, dass Familien nachts von Polizisten geweckt und in für sie fremde Länder abgeschoben werden, dass Freundschaften vom Staat zerstört und Familien auseinandergerissen. Auch das stärkt den Zusammenhalt der Gesellschaft, wenn wir das beenden, meine Damen und Herren.

Wir wollen die Konflikte um die Landwirtschaft, die ganze Dörfer gegeneinander aufgebracht haben und die Verbraucherinnen und Verbrauchern verunsichert haben, befrieden. Wir wollen zu mehr Tierschutz kommen. Wir wollen die Landwirtinnen und Landwirten ein Auskommen sichern. Wir wollen den Verbraucherinnen und Verbrauchern Transparenz bieten. Auch das stärkt den Zusammenhalt.

Wir wollen Niedersachsen erneuern. Ich möchte betonen: Das ist nach 10 Jahren Schwarz-Gelb  auch bitter nötig. Schwarz-Gelb hatte am Ende - zu Beginn dieser Legislaturperiode haben wir es wieder gesehen - eigentlich nur ein einziges Thema: die Schuldenbremse. Für Sie war Finanzpolitik stets Selbstzweck. Auch für Rot-Grün ist solide Finanzpolitik wichtig, ohne Frage. Aber nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel, um gute Kitas zu erreichen, ausreichend Ganztagsschulen, als Mittel, um Hochschulen zu stärken und Pflege zu verbessern. Als Mittel, um die Energie- und Agrarwende zu gestalten, sie haben Geld in den Mittelpunkt ihrer Politik gestellt, wir stellen die Menschen in den Mittelpunkt unserer Politik.

Der Fortschritt kommt nicht als ICE daher. Nein, der Fortschritt, den Rot-Grün anstrebt, kommt eher wie eine Regional- oder S-Bahn, aber er kommt.

Wir haben, allen Unken- und Zwischenrufen der Opposition zum Trotz nie behauptet, dieses Land in 100 Tagen umkrempeln zu wollen. Das wollen wir übrigens auch in fünf Jahren nicht machen. Aber wir wollen jeden Tag für den gesellschaftlichen Fortschritt arbeiten. Es ist bereits jetzt ein Fortschritt, dass der Einstieg in die Agrarwende gelungen ist.

Es ist ein Fortschritt, dass die Abschaffung der Studiengebühren auf den Weg gebracht ist. Es ist ein Fortschritt, dass die Gründung von Gesamtschulen erleichtert wird.

Es ist ein Fortschritt, dass wir mit Olaf Lies endlich einen Arbeitsminister haben, der sich gegen die um sich greifenden Dumpinglöhne engagiert. Es ist ein Fortschritt, dass ein Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik erfolgt.

Es ist ein Fortschritt, dass wir mit der Kollegin  Doris Schröder-Köpf endlich eine Beauftragte für Migration und Teilhabe in diesem Land haben.

Es ist ein Fortschritt, dass sich Niedersachsen für die vollständige Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben einsetzt.

Meine Damen und Herren, 100 Tage nach einem Regierungswechsel kann höchstens ein Einstieg in einen  Politikwechsel erfolgt sein. Aber dieser Einstieg ist unter Stephan Weil und Stefan Wenzel gelungen. Ich freue mich auf die kommenden 5 Jahre. Vielen Dank.

 

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