Rede Heiner Scholing: Unabhängige Erhebung über die tatsächliche Arbeitszeit von Lehrkräften in Niedersachsen (Antrag FDP)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

die Lehrkräfte aller Schulformen sind hoch belastet. Die Arbeitszeit und die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte sind ein wichtiges und komplexes Thema.

Es ist deshalb sehr bedauerlich, Herr Försterling, dass Sie dieses Thema hier nur zu parteitaktischen Zwecken missbrauchen. Solange Sie hier noch mitregiert haben, hat man jedenfalls nichts davon gehört, dass Sie sich um die Belastung der Lehrkräfte besonders gesorgt haben, obwohl sie gerade unter Schwarz-gelb massiv angestiegen ist.

Stichpunkte dazu:  

  • Heraufsetzung der Klassenfrequenzen,
  • Erhöhung der Anforderungen insbesondere in der gymnasialen Oberstufe,
  • die Abwicklung der Orientierungsstufe,
  • die massive Belastung an den Gymnasien durch die unvorbereitete und überhastete Umstellung auf das G 8,
  • Veränderungen durch die Einführung der eigenverantwortlichen Schule,
  • neue curriculare Vorgaben, verbunden mit der Vorgabe schuleigene Pläne zu entwickeln.

Die Liste ließe sich leicht verlängern.

Da kommt es dann zu einer häufig gehörten Äußerung: Ich komme zu wenig zu meinem Kerngeschäft. Und das ist der Unterricht!

Vor diesem Hintergrund ist der Versuch der Oppositionsparteien, sich zu Wortführern der Lehrkräfte zu machen, unglaubwürdig und schlichter Populismus.

Sie spitzen Ihre Argumentation zu mit der Forderung nach einer neuen Arbeitszeitstudie – und verlieren dabei übrigens kein Wort über die Kosten, die diese Studie verursachen würde. Sie setzen darauf, dass eine solche Studie die Landesregierung gewissermaßen „entlarven“ würde, obwohl Sie ganz genau wissen, dass die Belastung der Lehrkräfte schon immer – auch zu Ihrer eigenen Regierungszeit – sehr hoch und in einer 40-Stunden-Woche kaum zu messen war.

Wir haben Verständnis dafür, dass sich die Lehrerinnen und Lehrer gegen die Anhebung der Unterrichtsverpflichtung an den Gymnasien und gegen den Beschluss, die Altersermäßigung nicht weiter anzuheben, zur Wehr setzen.

Aber wie die Opposition mit diesem Thema umgeht, wird der Komplexität des Themas  in einem bedenklichen Maße nicht gerecht.

Die GEW hat bei ihrer Arbeitszeitstudie an der Tellkampfschule in Hannover errechnet, dass der Unterricht dort ganze 25% der Gesamtarbeitszeit der Lehrkräfte ausmacht.

Der Unterricht ist aber der Kern der Tätigkeit der Lehrerinnen und Lehrer. Wenn wir die Lehrkräfte entlasten wollen, geht es eben nicht nur um die Unterrichtsverpflichtung, sondern auch um die übrigen 75%.

Mit unseren bildungspolitischen Entscheidungen  haben  wir schon einige wichtige Schritte gemacht:

  • Zurück zu G9 –
  • Weiterführung der Verkleinerung der Klassenstärke –
  • Reduzierung von Klausuren –

das sind alles Punkte, die Rückwirkungen auf Arbeitsbelastungen haben werden.

Ein schwieriges Thema ist der Zeitaufwand für die Unterrichtsvor- und nachbereitung. Aus den seit langem vorliegenden Studien wissen wir, dass hier der Zeitaufwand individuell sehr weit auseinanderklafft.

Wir setzen darauf, dass Fortbildungs- und Beratungsangebot zur Unterrichtsentwicklung den Lehrkräften Entlastung bringen können.

Eine Rolle spielt auch, dass die Belastung durch Unterrichtsvorbereitung und Klausuren je nach Unterrichtsfach sehr unterschiedlich ist. Ich würde es sehr begrüßen, wenn die Gewerkschaften und Verbände der Lehrkräfte bereit wären, an einer gerechteren Verteilung der Belastung mitzuwirken.

An Gesprächen mit der GEW und den Verbänden über Entlastungsmöglichkeiten sind wir sehr interessiert. Eine neue Arbeitszeitstudie brauchen wir dafür derzeit jedoch nicht.

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