Rede Heiner Scholing: Gesetzentwurf (FDP) zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

seit vielen Jahren drehen sich die schulpolitischen Diskussionen um die Fragen der Schulstruktur und der Schulstandorte. Politiker aller Parteien und die Vertreter der verschiedensten Verbände führen zum Teil immer wiederkehrende Diskussionen mit immer gleichen ideologischen Fronten. Je nach aktueller politischer Mehrheit werden an der Schulstruktur und am Schulgesetz Veränderungen vorgenommen. Leidtragende dieser Diskussionen und Reformen sind die Schüler, die Eltern und die Lehrkräfte, die nicht zur Ruhe kommen und von ihren Kernanliegen bzw. -aufgaben abgelenkt und abgehalten werden.

Damit muss Schluss sein. Niedersachsen braucht einen Schulfrieden!“

Seither frage ich mich: Wie geht Schulfrieden eigentlich?

Jetzt weiß ich es!

Wir versuchen es doch noch mal. Ist ja nur ein klitzekleiner Gesetzentwurf. Und vielleicht haben die lieben Kolleginnen und Kollegen im niedersächsischen Landtag ja vergessen, dass wir uns vor 1 ½ Jahren so blumig um den Schulfrieden bemüht haben.

Was sagt nun dieser klitzekleine Gesetzentwurf:

Wir steigen aus der Weiterentwicklung der inklusiven Schule aus.

2012 wurde in diesem Haus das Gesetz zur Einführung der inklusiven Schule verabschiedet. Wenn Sie Fachleute gefragt hätten, welches die wichtigen Bausteine sind, hätten sie zwei genannt.

  1. Die aufsteigende Freigabe des Elternwillens – egal welchen Unterstützungsbedarf die Schülerinnen und Schüler haben.
  2. Die Einführung der sonderpädagogischen Grundversorgung aufsteigend in Klasse 1 in allen Grundschulen.

Und selbstverständlich war es immer klar, dass dieser Schritt damit verbunden sein muss, die Förderschule Lernen aufsteigend im Primarbereich auslaufen zu lassen.

Und genau diesen Baustein wollen Sie kippen. Ein Baustein, der übrigens keineswegs 2012 vom Himmel gefallen ist. In ungefähr der Hälfte der Einzugsbereiche von Förderschulen Lernen war dieser Baustein längst im Rahmen von regionalen Integrationskonzepten erprobt. Und Fachleuten und zumindest den Fachpolitikern*innen war immer klar, dass es eine sonderpädagogische Grundversorgung nur geben kann, wenn die Förderschule Lernen im Primarbereich parallel ausläuft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese rot grüne Landesregierung und diese Kultusministerin wissen um die Herausforderungen, die sich bei der Weiterentwicklung der Inklusion stellen. Wir wissen, dass wir es mit einem Entwicklungsprozess zu tun haben, der noch viel Zeit, Ressourcen und Leidenschaft braucht. Und wir benennen die Probleme.

In das Septemberplenum hat rot/grün einen Entschließungsantrag eingebracht, der dazu auffordert, einen Rahmenplan zu erstellen. In diesem Rahmenplan werden die wichtigen Bausteine aufgegriffen, die zum Gelingen der inklusiven Schule beitragen.

  • Sich um die Herausforderungen kümmern
  • Probleme offen benennen
  • Lösungen schaffen und gegebenenfalls nachsteuern

Das trägt zum Gelingen der inklusiven Schule bei. Aber hier einen Gesetzentwurf vorzulegen, der sich von allen Zielsetzungen, die mit dem Gesetz zur inklusiven Schule verbunden waren, verabschiedet, hilft nicht.

Der Verband der Sonderpädagogik hat die Politik sehr deutlich davor gewarnt, die Inklusion zum politischen Streitthema zu machen. Und genau auf Streit und Unfrieden in der Schulpolitik ist dieser Gesetzentwurf angelegt.

Vielen Dank.

 

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