Rede Hanso Janßen: Wie wirkt sich die „sanfte Agrarwende“ auf Erzeuger und Verbraucher von Nahrungsmitteln aus?

- Es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

auch ich möchte zunächst meinen herzlichen Dank an alle beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesregierung für die sehr umfangreiche und sehr fundierte Beantwortung der Großen Anfrage zum Ausdruck bringen.

Diese Antwort ist wirklich eine kompakte und vollständige Darstellung des Status Quo. Wo steht die niedersächsische Land- und Ernährungswirtschaft nach 10 Jahren schwarz-gelb und zu Beginn einer neuen rot-grünen Agrarpolitik? Mit dieser Antwort haben wir jetzt Ihre Schlussbilanz und unsere Eröffnungsbilanz auf dem Tisch liegen.

Für Sie ist das wahrlich kein Ruhmesblatt meine Damen und Herren von CDU und FDP: Die Zahl der Betriebe ist deutlich zurück gegangen – in den letzten Jahren sogar beschleunigt. Wir haben einen deutlichen Verlust von Arbeitsplätzen, steigende Flächenpreise auf breiter Front, wir haben eine wachsende Konzentration gerade im Bereich der Tierhaltung. Der Marktanteil Niedersachsens unter anderem  in der bundesdeutschen Ferkel- Mastschweine und Putenhaltung ist zum Teil deutlich gestiegen. Und wir haben auf Seiten der Abnehmer, also der Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe, ebenfalls eine massive Konzentration und das Sterben kleinerer Betriebe auf breiter Front. Gepäppelt mit Wirtschaftsfördermillionen der früheren Landesregierung.

Anrede

Und wenn man sich anschaut wo es denn die größten Abnahmen gegeben hat, dann sind das vor allem die Betriebe in der Größe zwischen 15 und 50 Hektar. Da haben wir zwischen 2007 und 2010 in jeder Größenklasse Abnahmen um über 10%. Klar, einige sind größer geworden, aber ein Großteil hat eben aufgegeben. Da sind massiv bäuerliche Betriebe verschwunden. Da ist das Rückgrat des ländlichen Raumes zum Teil verschwunden und das ist das Ergebnis Ihrer Politik meine Damen und Herren von CDU und FDP.

Anrede,

wir wollen die bäuerlichen Betriebe und damit auch den ländlichen Raum stärken und deshalb ist es richtig und notwendig, dass sich die Landesregierung in der Agrarministerkonferenz dafür einsetzt, dass Betriebe bis zu einer Größe von 46 Hektar 100 Euro mehr bekommen bei den Direktzahlzungen. 80% der Betriebe in Niedersachsen profitieren davon.

Wo wir schon bei den öffentlichen Mitteln sind, will ich Ihnen eine weitere bemerkenswerte Zahl vortragen: 51% des Einkommens der Bäuerinnen und Bauern kommt aus staatlichen Transferzahlungen. Zur Klarstellung: Ich glaube, dass wir staatlichen Tansfers für unsere Landwirtschaft brauchen, weil die Landwirtschaft eben kein normaler Wirtschaftszweig ist, den man den Gesetzen des Marktes aussetzen kann. Aber dann so zu tun, als sei die Grundmaxime der Ausrichtung unserer Landwirtschaft die internationale Wettbewerbsfähigkeit, als müssten wir aus Niedersachsen die Welt mit billigem Hähnchen-, Puten- und Schweinefleisch beliefern, ist eben falsch. Genau das aber ist Ihr Leitsatz in den letzten 10 Jahren gewesen und das vertreten Sie ja immer noch meine Damen und Herren von CDU und FDP.

Der Fleischkonsum in Deutschland geht inzwischen selbst beim Geflügelfleisch zurück, wo wir bisher noch Zuwächse hatten. Entsprechend ist der Selbstversorgungsgrad beim Geflügelfleisch in Deutschland 2012 auf 110,6% gestiegen – um knapp 3% binnen eines Jahres. Die Exportorientierung kann die Lösung nicht sein, wenn ich die massiven Überdüngungsprobleme und die massiven Probleme mit viel zu viel Antibiotika sehe.

Anrede

51% des Einkommens aus öffentlichen Kassen. Daraus erwächst ein Anspruch derer die das aus ihren Steuermitteln zahlen müssen – der Bürgerinnen und Bürger. Und da bin ich der Landesregierung dankbar, dass sie auch in der Antwort nochmals ihrer agrarpolitische Maxime betont: Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen.

Deshalb ist es richtig, dass die Landesregierung auf der Bundesebene dafür eintritt, die Möglichkeiten die die EU bei der Ausgestaltung des Greening gelassen hat, auch konsequent für höhere Umweltleistungen der Landwirtschaft zu nutzen. Deshalb ist es richtig, dass diese rot-grüne Landesregierung dafür eintritt 15% der Mittel der ersten Säule in die zweite Säule umzuschichten. Weil wir so gezielt die Umwelt- und Tierschutzleistungen der Bäuerinnen und Bauern honorieren können, statt das Geld einfach so über die Fläche zu verteilen. Mit den pauschalen Flächenprämien für alle subventionieren wir nämlich nicht vorrangig die Landbewirtschaftung – also die Bäuerinnen und Bauern, sondern vielmehr den Landbesitz, weil pauschale Flächenprämien für alle natürlich auf den Pachtpreis durchschlagen. Mehr 51% der bewirtschafteten Fläche ist gepachtet.

Meine Damen und Herren von der CDU,

34 Ihrer 180 Fragen widmen Sie ja allein dem Ökolandbau und man merkt dem Duktus Ihrer Fragen an, was Sie davon halten – nicht viel. Entsprechend ist es ja auch um den Ökolandbau in Niedersachsen bestellt. Wir sind bundesweites Schlusslicht und das obwohl gerade hier ein erhebliches Potenzial für die bäuerlichen Betriebe in Niedersachsen für hochwertige Wertschöpfung liegt. Um 7% ist der Absatz von Ökoprodukten jährlich im Durchschnitt der letzten Jahre gestiegen. Der Umsatz mit Ökoprodukten hat sich seit dem Jahr 2000 auf 7 Mrd. € mehr als verdreifacht. Die heimische Produktion kann da längst nicht mithalten. Es war deshalb richtig, hier schnell nach dem Regierungswechsel Akzente zu setzen und die Umstellungsförderung auf 320 € und die Beibehaltungsförderung auf 200 € pro Hektar zu erhöhen.

Viel desaströser als mit dieser Antwort hier kann eine Abschlussbilanz nach 10 Jahren schwarz-gelb nicht ausfallen. Es gibt also viel zu tun und diese Koalition aus SPD und Grünen wird die hier aufgezeigten Probleme Schritt für Schritt angehen und die Agrarpolitik in Niedersachsen wieder auf den richtigen Weg bringen.

Vielen Dank!

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