Rede Hanso-Janssen: Privatwirtschaft nicht aus der Finanzierung des Tiefwasserhafens entlassen

...

Anrede,
aus einer Antwort der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage ergibt sich, dass die Landesregierung die Baukosten für die erste Ausbaustufe des Jade-Weser-Port auf bis zu 926 Mio. Euro berechnet. Hinzu gerechnet werden müssen Planungskosten in Höhe von mindestens 13 Mio Euro. Von der Gesamtsumme darf die private Finanzierung der Suprastruktur in Höhe von 305 Mio. Euro als gesichert angesehen werden, Bremen gibt einen Anteil von rund 100 Mio. Euro hinzu. Im Ergebnis verbleiben derzeitig Kosten von bis zu 535 Mio. Euro beim Land Niedersachsen, wenn die Eckdaten der Landesregierung zu Grunde gelegt werden. Die Summe könnte jedoch auch noch höher liegen, denn Erfahrungen mit anderen Großprojekten lassen das vermuten.
Aber bleiben wir mal bei den 535 Mio. Euro.
Zins und Tilgung sind bei den 535 Mio. Euro natürlich nicht berücksichtigt. Das Land Niedersachsen hat das Geld bekanntlich nicht auf der hohen Kante liegen. Die Summe muss also kreditfinanziert werden. Sie kann den Landeshaushalt über 30 Jahre lang mit bis zu 30 Mio. Euro pro Jahr belasten, wenn die Refinanzierung nicht funktioniert.
Zur Refinanzierung gibt es bislang keine konkreten Angaben – das Wirtschaftsministerium rechnet mit kostendeckenden Einnahmen durch Verträge mit den Hafenbetreibern und Reedern sowie durch die Ansiedlung von Logistik-Unternehmen im Hafenbereich.
Meine Damen und Herren, das kann man sich durchaus wünschen, aber ein solides Refinanzierungskonzept ist da noch nicht erkennbar.
Wir sind skeptisch, dass eine Refinanzierung gelingt, die Betriebskosten, Zins- und Tilgung sowie die Abschreibung tatsächlich sichert.
Wenn sich die Privatwirtschaft nicht an der Infrastruktur beteiligen will, muss das als Indiz angesehen werden, das sich der Hafen wirtschaftlich nicht rechnet. Mit dieser Befürchtung stehen wir nicht allein: Im so genannten Eckpunktepapier, unterzeichnet von MP Gabriel sowie den Bürgermeistern Scherf und Runde vom 30.3.2001 ist zu lesen: "Die Regierungschefs der drei Länder sind sich darin einig, dass Entwicklung und Betrieb des Tiefwasserhafens nur mit maßgeblicher Beteiligung privater Investoren zur Reduzierung der öffentlichen Investitionen auf ein Minimum und nach betriebswirtschaftlichen Kriterien erfolgen kann. Das betrifft sowohl die private Finanzierung der Infrastruktur für die 4 Liegeplätze in der ersten Ausbaustufe – mit mindestens 50% - als auch die komplette Finanzierung der Suprastruktur ...” usw.
Dies war zum Prüfstein dafür erklärt worden, ob Unternehmen den Hafen überhaupt als eine wirtschaftlich tragfähige Investition betrachten würden Anscheinend, meine Damen und Herren, hält die Privatwirtschaft den Bau und den Betrieb des Hafens nicht für eine rentable Investition. Sonst wäre sie ja mit dabei, wenn sie denn Gewinne erwarten würde.
Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, fordern wir, dass solange kein weiteres Geld in Planungen und Bau gesteckt wird, solange sich private Investoren nicht definitiv dazu bereit erklären, einen deutlichen Anteil der Infrastrukturkosten zu zahlen und der sollte schon den ursprünglich anvisierten 50 Prozent nahe kommen. Solange sollen die entsprechenden Haushaltsstellen mit einem Sperrvermerk versehen werden, der nur durch den zuständigen Haushaltsausschuss aufgehoben werden kann.
Erst wenn sich private Investoren verbindlich beteiligen kann das jetzige Abenteuer zu einem vernünftigen Unternehmen werden; mal abgesehen davon, dass die unsägliche Konkurrenz zu Hamburg fortbesteht und dem Hafen die Luft abdrehen könnte.
Hamburg, da erzähle ich Ihnen ja nichts Neues, arbeitet an der nächsten Stufe der Elbvertiefung auf 16m unter SeekartenNull. Damit wird nicht nur die Deichsicherheit weiter gefährdet, die Existenz der Fischerei aufs Spiel gesetzt und die Flussökologie erneut beschädigt, sondern auch dem JadeWeserPort entsteht dadurch gefährliche Konkurrenz: auf absehbare Zeit wird es kaum Schiffe geben, die die Elbe nicht passieren können. Das Alleinstellungsmerkmal Wilhelmshavens für tiefgehende Containerschiffe verliert damit an Wert. Hamburg muss wieder mit ins Boot und sich an der Finanzierung beteiligen – Niedersachsen muss gegen eine weitere Elbvertiefung mit allen rechtlichen und politischen Mitteln vorgehen.
Wenn sich ein privater Finanzier an der Infrastruktur in erheblichem Umfang beteiligt, sollen die Haushaltsmittel wieder freigegeben werden, die Planungen können fortgesetzt werden. Es könnte aber ja auch sein, dass sich niemand dazu bereit erklärt, der damit Geld verdienen muss.
Deshalb, meine Damen und Herren, müssen auch die Konsequenzen gezogen und festgestellt werden, dass in dieser Form der Hafen in Wilhelmshaven nicht gebaut werden kann und man muss sich Alternativen überlegen, die billiger werden. Geht auch das nicht, muss man über kostengünstigere Standorte nachdenken. Dann muss also auch Cuxhaven wieder als denkbare Alternative einbezogen werden.
Sie sehen also, was wir vorschlagen, ist ein stufiges Konzept, was dazu dienen soll, Haushaltsmittel des Landes zu schonen und wirtschaftlich einzusetzen.
Herr Hirche, wer Landeshäfen privatisieren will (wer will nicht das loswerden, was laufend Defizite macht – aber ob sich da einer findet?) der sollte damit anfangen, einen neuen Hafen privat finanzieren zu lassen – wir sind da gar nicht so anspruchsvoll – eine Vollfinanzierung verlangen wir ja gar nicht. Aber ohne private Anteile, meine Damen und Herren, ist das Vorhaben für Niedersachsen finanziell nicht verkraftbar und wirtschaftlich ein hohes Risiko: Die Nichtbeteiligung der Privatwirtschaft sehe ich als Indiz, dass sich das Vorhaben nicht rechnet. Und in diesem Zusammenhang kann man an den Containerhafen Amsterdam erinnern, der seit seinem Bau leer steht und in dem bislang bestenfalls zwei Hände voll Arbeitsplätze entstanden sind – nämlich zur Bewachung der brachliegenden Anlagen.
Das darf uns in Wilhelmshaven nicht passieren.
Herr Hirche, verehrte Kollegen in CDU und FDP: Sie haben dieses Projekt übernommen, überlegen Sie noch mal realistisch, ob ein "Weiter so” tatsächlich dem Land Niedersachsen dient. Überlegen Sie bitte, ob Sie es nicht für richtiger halten, den Jade-Weser-Port erst dann umzusetzen, wenn er auf tragfähigen Füßen steht, wenn sich also die Privatwirtschaft zu ihm bekennt und so die Aussicht besteht, dass es eine rentierliche Investition wird.
Tun sie alles um Hamburg wieder am JadeWeserPort zu beteiligen – Konkurrenz drückt in diesem Fall auch die Chancen zur Refinanzierung. Nutzen Sie politische und rechtliche Möglichkeiten gegen die weitere Vertiefung der Elbe.

Zurück zum Pressearchiv