Rede Hanso Janßen: Küsten-, Meeresschutz und Schiffssicherheit besser und effektiver gestalten...

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Herr Präsident, meine Damen und Herren,
gut sieben Jahre ist es inzwischen her, seit Ende Oktober 1998 der beladene Frachter Pallas vor Amrum gestrandet ist.
Obwohl damals 16.000 Seevögel verendet sind, hatten wir Glück im Unglück, weil das meiste Öl aus dem Schiffsrumpf abgepumpt werden konnte. Damals sind wir der ganz großen Katastrophe für die gesamte Küste und den einzigartigen Lebensraum des Wattenmeeres nur knapp entgangen.
Nach der Pallas-Havarie war klar: So kann es mit dem Kompetenzwirrwarr zwischen Bund und Ländern, aber auch zwischen den einzelnen Bundes- und Landesbehörden nicht weitergehen. Die nach dem Pallas-Unfall eingesetzte sog. "Grobecker-Kommission" hat im Prinzip schon damals die Einrichtung einer nationalen Küstenwache vorgeschlagen.
Inzwischen sind zwar mit der Gründung des Havariekommandos, mit der Leitstelle der Wasserschutzpolizeien und des maritimen Lagezentrums Schritte in die richtige Richtung gegangen worden. Das hat am Zuständigkeiten-Dschungel innerhalb des Bundes und zwischen Bund und Ländern aber nicht viel geändert: Blockierer und Besitzstandswahrer bei Bund und Ländern haben wirkliche Reformen bisher erfolgreich verhindert.
Anrede,
ich bin deshalb froh, dass der Bundesinnenminister eine jahrelange Forderung der Grünen, aufgegriffen hat und offenbar einen neuen Anlauf zur Einrichtung einer einheitlichen nationalen Küstenwache unternehmen will. Wie die Vorschläge konkret zu bewerten sind, wird man sehen, wenn sie auf dem Tisch liegen.
Anrede,
dass sich Herr Schünemann sofort zu Wort melden und lauthals "mit uns auf keinen Fall" schreien würde, war absehbar. Sie haben sich nicht nur in dieser Frage ja schon öfter als Bremser hervorgetan, Herr Schünemann.
Damit liegen Sie ja auch voll auf der Linie Ihres Ministerpräsidenten. Der spielt sich ja in letzte Zeit auch gerne als Schattenkanzler auf und tut so, als ob Niedersachsen sowieso alles besser kann.
Sehr zum Nachteil unseres Landes übrigens, Herr Wulff, wenn ich da nur daran denke, dass Sie Gorleben zum Atomklo der Republik machen wollen.
Herr Schünemann,
Ihrer Verantwortung für einen effektiven Meeres- und Küstenschutz werden Sie damit jedenfalls nicht gerecht. Dabei muss gerade Niedersachsen ein besonderes Interesse an einer funktionierenden Küstenwache haben: Vor der niedersächsischen Küste liegen nämlich besondere Schwerpunkte des Schiffsverkehrs in der Nordsee. Deshalb ist schon die statistische Wahrscheinlichkeit besonders groß, dass Niedersachsen von einem folgenschweren Unfall direkt betroffen sein würde.
Meinen Damen und Herren von CDU und FDP,
ich kann Sie daher nur dringend auffordern:

Lassen Sie es nicht zu, dass Ihr Innenminister durch seine Blockadehaltung den niedersächsischen Interessen weiter massiv schadet. Anstatt immer wieder lauthals "Nein" zu schreien, ist es fundamental im niedersächsischen Interesse, dass wir uns offensiv in die Diskussion um eine einheitliche nationale Küstenwache einbringen. Wir müssen dafür eintreten, dass die Besitzstandswahrer auch auf der Seite des Bundes endlich in die Schranken gewiesen werden.
Wir brauchen eine effektive und schlanke Entscheidungsstruktur, die nicht nur bei Unfällen schnelles und durchgreifendes Handeln ermöglicht. Wir brauchen klare Verantwortlichkeiten an einer Stelle gebündelt, damit Zuständigkeiten nicht zwischen Bund und Ländern und zwischen einzelnen Ressorts hin und her geschoben werden.
Es geht uns in unserem Antrag aber nicht nur um den Umgang mit Schadenssituationen.
Auch im Alltagsbetrieb müssen wir durch eine schlanke und effektive Verwaltung dafür sorgen, dass sich die Küstenwache wirklich damit beschäftigen kann, wofür sie eigentlich zuständig ist: Für Sicherheit auf See zu sorgen und die immer wieder vorkommenden Umweltsauereien wirksam zu bekämpfen.
Herr Minister Schünemann,
das Maritime Sicherheitszentrum, von dem Sie ja meinen, es mache eine nationale Küstenwache überflüssig, ist lediglich die räumliche Zusammenführung von 12 Behörden und Dienststellen, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Dass dieses Zentrum ein Fortschritt ist, ist unbestritten. Das ist aber zu kurz gesprungen, weil sich damit in der Parallelität des Arbeitens nichts geändert hat: noch immer hat jede Behörde ihren eigenen Zuständigkeitsbereich sowohl räumlich als auch fachlich. Die vorhandenen Schiffe sind damit nicht effizient einsetzbar: Die Fischereiaufsicht des Landes innerhalb der 12 Seemeilen-Zone, die des Bundes außerhalb der 12 Meilen-Zone, die Wasserschutzpolizei hat natürlich nichts mit der Einhaltung fischereilicher Auflagen zu tun usw.
Anrede,
Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordsee schätzt, dass mit der Einrichtung einer nationalen Küstenwache jährliche Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe möglich sind. Selbst wenn keine inhaltlichen Verbesserungen im Alltagsbetrieb oder im Schadensfall zu erwarten wären, allein dieses Einsparpotenzial wäre Grund genug, die einheitliche nationale Küstenwache endlich auf den Weg zu bringen.
Herr Wulff,
wenn Überwachungs- und Vollzugsaufgaben an Land so organisiert wären, wie in der Deutschen Nordsee, hätten Sie schon mindestens dreimal Sonntagabends bei Christiansen gesessen und hätten lautstark Veränderungen gefordert, da bin ich mir sicher.
Nur weil sich staatliches Handeln auf See naturgemäß eher der öffentlichen Kontrolle entzieht, sollten wir hier nicht weniger genau hinsehen, und die über Jahrzehnte in Ressortegoismen entstandenen Strukturen endlich in eine moderne und effiziente Verwaltung überführen.
Deshalb meinen Damen und Herren,
holen Sie gemeinsam mit uns Herrn Schünemann aus seinem Bremserhäuschen heraus. Beteiligen wir uns frühzeitig und offensiv an Überlegungen des Bundes zur Schaffung einer einheitlichen nationalen Küstenwache und sorgen wir so dafür, dass die Sicherheit und der Schutz unserer Küsten besser und effektiver werden.

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