Rede Hanso Janssen: EU-Richtlinie über den Zugang zum Markt für Hafendienste (Port-Package II) darf wettbewerbsfähige Strukturen in Niedersachsen nicht zerschlagen

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Anrede,
der hier vorgelegte Antrag der Regierungsfraktionen ist nicht nur in sich widersprüchlich und in Teilen unverständlich, es stellt sich darüber hinaus die Frage: Wozu soll er überhaupt gut sein?
In der vergangenen Woche hat nicht nur der Bundestag einen Beschluss zu Port-Package II gefasst, auch der Bundesrat hat am 18.02. PP II eindeutig abgelehnt. Die Angelegenheit ist damit erledigt. Die Bundesregierung hat gegenüber der Kommission auch bereits ihre Ablehnung deutlich gemacht.
Der Richtlinienentwurf dürfte damit vom Tisch sein.
Die Kommission hat inzwischen zugesagt, dass zunächst eine Folgenabschätzung des Richtlinienentwurfs vorgenommen werden soll. Diese Forderung ist auch Beschlusslage und unstrittig zwischen allen Parteien, Bundestag und Bundesrat. Sie fordern in Ihrem Antrag also das ein, was bereits gemacht wird.
Die CDU-Bundestagsfraktion hat sich in der Frage PP II in den letzten Monaten wirklich ein starkes Stück geleistet. Im Bundestag lehnte die CDU eine Vorlage der Regierungsfraktionen im Verkehrsausschuss (Dez. 04) ab. In dieser Vorlage wurde PP II in dieser Form abgelehnt wurde, und stimmt damit im Grundsatz der Richtlinie zu. Im Bundesrat bringt Hamburg auf Druck der Hafenwirtschaft einen Antrag ein, der hingegen den Richtlinienentwurf ablehnt. Und jetzt kommen Sie hier in Niedersachsen und wollen auch noch mal was dazu sagen. Da kann ich nur feststellen:
Sie hätten mal jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt, dann hätten Sie uns diese Peinlichkeit erspart, dass Ihr Antrag andere Aussagen macht als die beiden Anträge der Bundestagsfraktionen von CDU und FDP und der Beschluss des Bundesrates. Die Aufforderung an die Landesregierung im Bundesrat tätig zu werden kommt zu spät. Ich kann mir nicht helfen, aber ich möchte doch wissen, in welchem Zustand dieser Antrag verfasst wurde und wie er eigentlich den Weg durch die Regierungsfraktionen gefunden hat!
Meine Damen und Herren,
Und nun denn doch noch zur Sache:
Über die Ablehnung von PP II sind wir uns hier im Landtag völlig einig. Aus unserer Sicht sind die Gründe dafür folgende:
1. für derzeit bestehende Miet- und Pachtverträge mit Hafendienstleistern ist eine Bestandsschutz sichernde Regelung vorzusehen;
2. für Konzessionslaufzeiten aus Eigentumsrechten ist eine Geltungsdauer zumindest über den Abschreibungszeitraum vorzusehen;
3. es ist eine Entschädigungsregelung für den Fall vorzusehen, dass der bisherige Anbieter nach Ablauf des Genehmigungszeitraums keine neue Genehmigung erhält
4. das Lotswesen als nicht kommerzielle Dienstleistung aus der Richtlinie herausgenommen wird und
5. die Wettbewerber explizit verpflichtet sind die standörtlichen Sicherheits- und Umweltbestimmungen einzuhalten.
Die Selbstabfertigung hingegen – auch wenn sie nur auf das bordeigene Personal beschränkt wird – lehnen wir anders als CDU und FDP hier im Landtag grundsätzlich ab. Das bordeigene Personal, d. h. die Besatzung, ist ohnehin schon mit der derzeitigen Arbeit ausgelastet und ermöglicht das Sozialdumping auf Grund der Niedriglöhne für die Besatzung auf Billigflaggen-Schiffen. Bei Selbstabfertigung durch Seeleute besteht zudem erhöhte Unfallgefahr, da nicht auszuschließen ist, dass das Laschen oder Entlaschen bereits auf See durchgeführt wird.
Ein Punkt dieses monströsen Kommissionsentwurfs ist jedoch beachtenswert und sollte strikt auch in Norddeutschland und in Niedersachsen weiterverfolgt werden: In Artikel 16 und Artikel 17 des Richtlinienentwurfs der Kommission wird Transparenz in Hinsicht auf die staatliche Subventionierung der Häfen eingefordert, um zu fairen und sachorientierten Wettbewerbsbedingungen zwischen den Häfen zu kommen.
Hier sollten auch Sie von CDU und FDP endlich ehrlich sein: Hafendienstleistungen sind deshalb in Deutschland und ganz Europa so günstig, weil sie nicht kostendeckend sind, sondern mit öffentlichen Mitteln subventioniert werden. Und darüber müssen wir in der Tat reden und Lösungen finden. Bislang ist der Wettbewerb zwischen unseren eigenen Häfen in erster Linie ein Wettbewerb um die höchsten staatlichen Subventionen.
Und das können wir uns finanziell und unter Wettbewerbsgründen tatsächlich nicht mehr leisten. Unser Antrag hierzu, der auf Harmonisierung und Kostendeckung der Hafengebühren abzielt, findet sich derzeit in der Beratung.
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen
Ich sagte eingangs bereits: Ihr Antrag ist überflüssig und zu spät. Das Thema indes ist zu wichtig, um auf diesem Niveau abgehandelt zu werden, wie sie es hier tun. Einen Antrag zu stellen, nur um auch was zu einem Thema zu sagen, ohne aber klar benennen zu können, was man will, sondern nur diffuse und unausgereifte Forderungen zu stellen, wird diesem wirklich wichtigem Thema in keiner Weise gerecht. Ich kann Sie daher nur auffordern, diesen Antrag gründlich zu überarbeiten.

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