Rede Hans-Jürgen Klein: : Raus aus der Schuldenfalle – generationengerechte Finanzpolitik durch Neuverschuldungsverbot langfristig absichern

Anrede,

auch wir sehen die Notwendigkeit für eine neue Schuldenregel. Die alten Instrumente haben versagt und die gesamtstaatliche Verschuldung hat einen Rekordstand erreicht. Das belastet nicht nur die heutigen Haushalte und schränkt sie durch den zu leistenden Schuldendienst massiv in ihren Handlungsoptionen ein. Darüber hinaus begeben wir uns schon heute auf einen Raubzug durch die Zukunft und verstoßen damit grob fahrlässig gegen das Gebot der Generationengerechtigkeit.

Insoweit stimmen wir mit den Ansätzen von CDU und FDP wie im vorgelegten Antrag formuliert auch überein. Ebenso gibt es keinen wesentlichen Dissens zum ersten Teil ihres Antrages, der die Ist-Situation der öffentlichen Haushalte darstellt. Unserer Einschätzung nach muss eine wirksame Schuldenbremse Verfassungsrang haben. Und dafür brauchen Sie die Stimmen und die Mitarbeit der Opposition. Die Variante Ihres Antrages, ein Neuverschuldungsverbot über die Landeshaushaltsordnung zu regeln, ist ein Papiertiger. Sie wissen genau so gut wie wir alle hier, dass solch eine Regelung kaum die Druckerschwärze auf dem Papier wert ist, weil sie mit einem Haushaltsbegleitgesetz schneller wieder beseitigt als vorher installiert wird.

Anrede,

Herr Finanzminister Möllring, hier drängen sich doch die Fragen auf, warum Sie jetzt diesen Alleingang starten. Warum wird eine Entscheidung, die Bedeutung für die nächsten Jahrzehnte, die nächsten Generationen in Niedersachsen haben müsste, kurzfristig in den Haushaltsausschuss eingebracht und 14 Tage später dem Parlament zur Entscheidung vorgelegt? Warum verweigern Sie im Ausschuss die Diskussion um gleichwertige Alternativen? Warum lassen Sie sich und uns keine Zeit für eine Debatte um die beste Lösung, obwohl wir auch in Niedersachsen nach Ihren eigenen Plänen erst nach der Vorlage eines ausgeglichenen Haushaltes, also frühestens 2010, zu einer Neuregelung der Verschuldung kommen können?

Offensichtlich geht es Ihnen nicht in erster Linie um eine wirksame dauerhafte Lösung; Ihnen ist es wichtig, der Öffentlichkeit vorzugaukeln, dass Sie der brutalstmögliche Schuldenbekämpfer bundesweit sind. Damit werden Sie aber nicht durchkommen.

Anrede,

wir erneuern heute unser Gesprächsangebot, das wir Ihnen bereits im Ausschuss gemacht haben und schlagen in unserem Änderungsantrag dazu vor, dass der Landtag eine entsprechende interfraktionelle Arbeitsgruppe einrichtet. Wir wollen damit auch den Versuch machen, mit unseren grünen Positionen eine Brücke zu schlagen zwischen den derzeit sehr weit auseinander liegenden Konzepten von CDU und SPD.

Sie wären klug beraten auf dieses Gesprächsangebot einzugehen, da Sie sonst Gefahr laufen, dass Ihr Aktionismus entlarvt wird und die Schwachstellen Ihres Antrages deutlich gemacht werden. Ihre vermeintlich einfache Lösung des Problems, das strenge Neuverschuldungsverbot, entpuppt sich bei genaurem Hinsehen als Lösung mit vielen Hintertürchen für den Finanzminister. Wie wollen Sie in Zukunft mit Privatisierungserlösen umgehen, die diese Landesregierung noch reichlich veranschlagt? Diese Erlöse haben materiell auf das Landesvermögen die gleiche Wirkung wie eine Nettoneuverschuldung.

Wie werden Sie die Kassenkredite berücksichtigen? Mit Kassenkrediten lassen sich erhebliche Haushaltsfehlbeträge über Jahre durchtragen ohne eine formale Neuverschuldung, eine Verschuldung gehen Sie aber auch mit diesen Krediten ein.

Wie gestalten Sie die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen? Werden Sie den finanziellen Druck auf die Kommunen erhöhen, werden Sie weitere Aufgaben übertragen, von denen Sie sich, gezwungen durch ein striktes Neuverschuldungsverbot, entlasten wollen? Ihr angeblich so klares und einfaches Regelwerk kann sich unter Umständen als ausgesprochen intransparent und kompliziert erweisen.

Mit unserem Änderungsantrag wollen wir die Voraussetzung schaffen für eine kontinuierliche, stabile, ausgeglichene und verlässliche Haushaltswirtschaft. Wir wollen den so genannten "atmenden Haushalt", der spätestens nach Durchlauf eines Konjunkturzyklus wieder ausgeglichen sein muss. Wir werden aber auch über Ausnahmesituationen wie Katastrophen reden müssen und wir werden auch berücksichtigen müssen, dass ein Land erst von einem wirklich ausgeglichenen Haushalt sprechen kann, wenn dies auch für die Mehrzahl seiner Kommunen gilt.

Anrede,

ich fordere Sie noch einmal ausdrücklich auf: verweigern Sie sich nicht einer ausführlichen Debatte, lassen Sie eine historische Chance zur Neuregelungen der Finanzbeziehungen nicht ungenutzt, um einen kurzfristigen politischen Sieg zu feiern, der Ihnen bei schwierigen Zukunfts- und Haushaltsentscheidungen schnell wieder vor die Füße fallen wird.

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