Rede Hans-Joachim Janßen: Tierschutzplan weiterentwickeln - Schaffen von Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Nutztierhaltung in Niedersachsen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

„Die derzeitigen Haltungsbedingungen eines Großteils der Nutztiere halten wir für nicht zukunftsfähig.“ Das könnte eine Aussage der Grünen sein, ist es aber nicht. Sie stammt sinngemäß aus dem Gutachten des wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik der Bundesregierung „Wege zu einer gesellschaftliche akzeptierten Nutztierhaltung“ aus dem März 2015. Daran mitgearbeitet haben zahlreiche Wissenschaftler, die nicht im Verdacht stehen, hier Gefälligkeitsaussagen zu machen, sondern die sich wie z.B. Prof. Dr. Spiller aus Göttingen akribisch mit der Situation der Nutztierhaltung und der gesellschaftlichen Akzeptanz derzeitiger Haltungssysteme auseinandergesetzt haben. Und die Analyse des Ist-Zustandes ist verheerend:

Die Tierkennzeichnung durch Ohrmarken, Tätowierung, Chip oder der Brand beim Pferd, das Enthornen bei Rindern, das Kastrieren von Ebern, Bullen und Böcken, das Schwanzkürzen bei Ferkeln, Lämmern und Kälbern, das Abschleifen der Eckzähne von Ferkeln und das Schnabelkürzen bei Nutzgeflügel ohne Betäubung ist bei uns noch Gang und Gäbe.

Hier wird verkehrte Welt gespielt, meine Damen und Herren: Nutztiere werden durch Amputationen an die Haltungssysteme angepasst – umgekehrt sollte es sein: Die Haltungssysteme sollten so beschaffen sein, dass ein intaktes Tier in ihnen zurechtkommt. Und das es durchaus möglich ist, sehen wir sowohl an der Tierhaltungspraxis in Norwegen, Schweden oder der Schweiz, als auch anhand der enormen Spannbreiten in den Tierschutzstandards in unserer deutschen Nutzviehhaltung. Es geht also, wie wir sehen, es wird aber zum Teil aus mangelnder Kenntnis, mangelnden baulichen Voraussetzungen oder auch auch ökonomischen Bedenken nicht gemacht.

Sicherlich ist die derzeitige Praxis bequemer – denn die Amputationen können tatsächlich Symptome wie das Schwanz abkauen bei Schweinen reduzieren – Aber, wollen wir das weiter? Ist das tiergerecht? Nein, meine Damen und Herren, ist es nicht, genauso wenig, wie die Haltungsbedingungen, die diese Maßnahmen erst erfoderlich machen. Auch die Studie des wissenschaftlichen Beirates kommt zu dem Schluss, dass das Abkauen von Schwänzen und das Hacken in Geflügelmastställen vielmehr als Signalfunktion dafür gewertet werden sollte, dass etwas schief läuft in unserer aktuellen Tierhaltung. Entgegen der allgemeinen Annahme ist Deutschland übrigens auch nicht Spitzenreiter in Europa in Sachen Tierschutz. Wir befinden uns im EU-Ländervergleich lediglich „im gehobenen Mittelfeld.“

Und deshalb ist die konsequente Umsetzung des Tierschutzplans Niedersachsen richtig und wichtig.

Das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik zeigt einen ganzen Strauß an Maßnahmen auf, mit denen die Nutztierhaltung tierschutzgerechter und mit den Vorstellungen der Gesellschaft wieder stärker in Einklang gebracht werden kann. Dazu zählen die gezielte Forschung für Möglichkeiten verbesserten Tierschutzes, eine zielorientierte Beratung und die Honorierung von Tierwohlleistungen, wie diese Landesregierung es im Zusammenhang mit der Ringelschwanzprämie und  der Prämie für den Verzicht des Schnabelkürzens bei Legehennen vorbildlich umsetzt. Dazu zählen aber auch Vereinbarungen mit Erzeugern und Vermarktern wie z.B. die im Juli 2015 vom Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), dem Bundesverband Deutsches Ei (BDE) und dem Verband Deutscher Putenerzeuger (VDP) unterzeichnete Vereinbarung zum Verzicht auf das Schnabelkupieren in den Brütereien ab August 2016 und die  Selbstbindung des KAT, ab 2017 keine Eier mehr zu zertifizieren, die von Legehennen mit gekürzten Schnäbeln stammen.

Sie sehen, meine Damen und Herren, mit der Umsetzung des Tierschutzplans sind wir im Einklang mit wissenschaftlichen Forderungen, mit den Forderungen der Gesellschaft und auch im Einklang mit vielen Tierhalterinnen und Tierhaltern in Niedersachsen.

Es sind aber auch weitergehende Maßnahmen erforderlich:

Nicht nur in der Haltung, auch beim Transport und der Schlachtung kommt es immer wieder zu Tierwohlverletzungen. Wir brauchen deshalb eine wissenschaftliche Evaluierung des Tierwohls vom Anfang bis zum Ende!

Die Förderung von Stallbauten wollen wir auch künftig an erhöhte Tierschutzstandards binden, aber auch in Intensivtierhaltungsregionen anbieten. Im Übrigen fordern wir -auch hier im Einklang mit der Wissenschaft- ein höheres Tierschutzniveau bundes- und eu-weit.

In diesem Tun wollen wir die Nds. Landesregierung und insbesondere den federführenden Minister Meyer unterstützen. Das sollten wir hier im Hause gemeinsam tun und den Nds. Tierschutzplan als Grundlage für das Handeln des Bundes empfehlen.

Vielen Dank.

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