Rede Hans-Joachim Janßen: Energiewirtschaft zukunftsfähig gestalten – Kohlekraftwerke konterkarieren den Klimaschutz

Anrede,

vor einigen Wochen war ich kurz davor, der Bundeskanzlerin und dem Bundesumweltminister einen Aufnahmeantrag der Grünen zu schicken. Das war ja grüne Programmatik pur, die da von Angela Merkel und Sigmar Gabriel verkündet wurde: Mehr Energieeffizienz, einen Quantensprung bei den regenerativen Energien, Umbau der Kfz-Steuer nach CO2-Austoß und was da sonst alles noch so an Vorschlägen kam.

Kurze Zeit später allerdings konnte man feststellen: Es herrscht längst wieder business as usual. Offenbar hat die Bundeskanzlerin nur irgendein Thema gesucht, mit dem sie sich als EU-Ratspräsidentin profilieren konnte. Sobald die Kammerascheinwerfer aus sind, spielt der Klimaschutz keine Rolle mehr. Da geht es wie mit manchem Soufflé im Ofen: Wenn man so von weitem draufschaut sieht es ganz gut aus, sobald man mal reinpiekt kommt nichts als heiße Luft und das Ganze fällt einfach in sich zusammen.

Anrede,

dass Herr Gabriel offenbar nach der Maxime Politik macht: "was interessiert mich mein Geschwätz von gestern" wissen wir hier in Niedersachsen nur allzu gut. In Berlin hat sich da nichts geändert: Einerseits am Eisbären Knut herumtätscheln  und sich medienwirksam als sein Patenonkel inszenieren und sich fast zeitgleich von der EU-Kommission zwingen lassen müssen, die Emissionszertifikate zumindest etwas zu reduzieren, damit Knuts wilde Verwandten auch zukünftig wenigstens die Chance auf  Heimat haben, dass passt ganz und gar nicht zusammen und macht deutlich, wie ernst es die Bundesregierung wirklich mit dem Klimaschutz meint.

Anrede,

wenn die Planungen Wirklichkeit werden, bis 2018 in Deutschland bis zu 40 neue Steinkohlekraftwerke und sechs neue Braunkohlekraftwerke zu bauen, dann können wir die deutschen Klimaschutzziele, die C02-Emissionen bis zum Jahre 2020 auf der Basis von 1990 um 40% zu reduzieren, gleich vergessen. Dann werden nämlich die CO2-Emissionen im Energiesektor von heute 320 Millionen Tonnen auf 370 Millionen Tonnen hoch gehen. So viel kann man in den anderen Bereichen nicht einsparen um das zu kompensieren, zumindest nicht mit Ihrer Politik. Damit wird bis 2050 eine Struktur der Stromerzeugung zementiert, die von vorgestern ist und mit Klimaschutz nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.

Anrede,

da können Sie sich jetzt nicht hinstellen und sagen, damit hätten Sie nichts zutun, schließlich seien das ja Planungen der Energiekonzerne. Nein, meine Damen und Herren: Das ist das Ergebnis des Energiegipfels der Kanzlerin mit den großen Energiekonzernen. Den haben CDU und FDP ja auch hier im Niedersächsischen Landtag mit einem eigenen Antrag groß gefeiert.

Und die Landesregierung hilft fleißig mit, indem sie durch entsprechende Festsetzungen in der Landesraumordnung den Kohlekraftwerken den Weg ebnet.

Anrede,

EU-Umweltkommissar Stavros Dimas hat völlig Recht, wenn er sagt: Wer heute noch Kohlekraftwerke baut, muss sich im Klaren sein, dass uns eine solche Politik langfristig teuer zu stehen kommt.

Deshalb sagen wir: Schließen Sie diese Dinger im Landesraumordungsprogramm aus. Kohlekraftwerke ohne Kraftwärmekopplung sind  mit den Zielen der Raumordung im Klimaschutz unvereinbar.

Denn, meine Damen und Herren, wir müssen weg kommen von den Großkraftwerken, die den größten Teil der Energie als Wärme ungenutzt in die Luft blasen oder in die Flüsse abgeben. Was wir brauchen, sind neben einem  ambitionierten Ausbau Erneuerbarer Energien, neben wirksamen Maßnahmen zur Energieeinsparung eben auch wirksame Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz. Das haben Sie meine Damen und Herren von der CDU in Ihren ansonsten sehr dürftigen Juister Thesen durchaus richtig erkannt. Nun handeln Sie auch endlich danach!

Für die Energieproduktion aus fossilen Quellen heißt das, wir brauchen die Kraft-Wärme-Kopplung, weil damit der Wirkungsgrad, also der Anteil der wirklich genutzten Energie am Primärenergieeinsatz gegenüber Großkraftwerken – auch gegenüber modernen Großkraftwerken – verdoppelt wird. Und das funktioniert zum Einen nur in vergleichsweise kleinen Einheiten, weil Wärme sinnvollerweise nur über kurze Strecken transportieren kann.

Und zum Anderen braucht man Abnehmer für die Wärme.

Anrede,

ich darf da an dieser Stelle nochmals an unseren Antrag erinnern, es den Kommunen durch eine Änderung der Niedersächsischen Bauordnung zu erleichtern, im Rahmen der Bauleitplanung die Nahwärmeversorgung voranzutreiben. Aber das haben Sie ja abgelehnt. Darüber hinaus brauchen wir für die Etablierung der Kraft-Wärme-Koppelung vernünftige Fördermaßnahmen, die gezielt auf den Aufbau der Wärmenetzwerke wirken.

Meine Damen und Herren von der FDP,

Sie tun  immer so, als ob Sie was von Wirtschaft und Markt verstünden, offenbar sind Sie tatsächlich aber schon bei einfachen Lehrbuchweisheiten mit Ihrem Latein am Ende. Eines ist doch klar: Wenn es richtig ist, was McKinsey und andere sagen, dass uns die eingesparte Tonne CO2 etwa 40 Euro kosten wird, dann sollte es doch selbst Ihnen einleuchten, dass der Emissionshandel derzeit nicht funktionieren kann, weil Emissionszertifikate deutlich unterhalb dieses Preises gehandelt werden. Im Moment werden die Zertifikate so gut wie verschenkt, weil sie nicht knapp genug sind. Deshalb sagen wir: Wir brauchen eine engere Begrenzung als die jetzt geplanten 453 Millionen Tonnen und wir müssen 10% davon versteigern, damit die Marktmechanismen hier endlich greifen und Kohlekraftwerke dürfen natürlich keinen Aufschlag bekommen.

Schließlich schlagen wir eine Begrenzung der CO2-Emissionen auf 365 Gramm pro Kilowattstunde erzeugten Stroms im Bundesimmissionsschutzgesetz vor. Das ist der durchschnittliche Ausstoß der bereits laufenden Gaskraftwerke. Das ist wahrlich keine Verhinderungspolitik, aber ein wichtiger Schritt, um eine verfehlte Energiepolitik für die nächsten Jahrzehnte zu verhindern.

Anrede,

Wenn wir den Klimawandel begrenzen wollen müssen wir neue Wege gehen: mit den alten Rezepten schieben wir diesen Planeten in den Ofen.

Wenn Sie glauben, bessere Rezepte zum Erreichen der Klimaschutzziele zu haben, lassen Sie es uns wissen, damit wir ernsthaft darüber reden können: dann sagen Sie aber mal, wie Sie es konkret machen wollen. So allgemeine Aussagen wie in Ihrer Juister Erklärung helfen dem Klimaschutz in Niedersachsen nicht weiter.

Vielen Dank!

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