Rede Hans-Joachim Janßen: Eine bedarfsgerechte Düngung festschreiben - Die Düngeverordnung EU-rechtskonform novellieren

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

am 14. Mai haben wir mit einem gemeinsamen Beschluss aller Fraktionen die Weichen dafür gestellt, dass in Niedersachsen eine ordnungsgemäße Düngung landesweit sichergestellt werden kann. Da sind wir ja noch längst nicht, wie der erste niedersächsische Nährstoffbericht Ende letzten Jahres deutlich gemacht hat.

Dieser Landtagsbeschluss ist aber nur die halbe Miete, wenn wir tatsächlich sicherstellen wollen, dass das Grundwasser endlich wieder in einen guten Zustand versetzt werden kann und die Oberflächengewässer nicht mit Phosphat überfrachtet werden. Was nämlich eine ordnungsgemäße Düngung tatsächlich ist, das bestimmen nicht wir, sondern das regelt der Bund in der Düngeverordnung.

Und das was bisher ordnungsgemäß ist, das ist schlicht und einfach zu viel, meine Damen und Herren. Das müssen Sie nicht mir glauben, sondern das ergibt sich aus dem laufenden Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland wegen des Verstoßes gegen die EU-Nitratrichtlinie. Der Bund muss also die Düngeverordnung überarbeiten und da können und sollten wir Niedersachsen über den Bundesrat deutlich Position beziehen.

Wie dramatisch die Situation in Niedersachsen tatsächlich ist, das hat uns das LBEG im Zuge der Beratungen des bereits erwähnten Düngekompromisses in der Ausschusssitzung vom 11. Februar ziemlich schonungslos dargestellt: 109 kg pro Hektar beträgt der durchschnittliche Stickstoffbilanzüberschuss in Niedersachsen. 109 kg Stickstoff wird jedes Jahr pro Hektar mehr an Stickstoffdünger aufgebracht, als die Nutzpflanzen tatsächlich aufnehmen können. Wenn man die Pufferfunktion des Bodens mal außer acht lässt und dieser Puffer ist  irgendwann voll, dann landet dieser Überschuss im Grundwasser.

Anrede,

deshalb ist das auch die zentrale Forderung unseres Antrags: Runter mit den maximal zulässigen Stickstoffmengen. Und vor allem Einbeziehung sämtlicher tatsächlich eingesetzter Düngestoffe in die. Bisher ist das lückenhaft: Kompost wird nicht einbezogen, Klärschlamm wird  nicht einbezogen, viele Gärsubstrate aus Biogasanlagen nicht und Kunstdünger auch nicht. Wie uns das LBEG im Februar vorgerechnet hat werden 300.000 Tonnen Stickstoff aus Mineraldünger jährlich in Niedersachsen eingesetzt. In der Düngeverordnung findet dieser Stickstoffdünger gar nicht statt.

Anrede,

und dann gibt es da noch die sogenannten unvermeidbaren Verluste. Bis zu 45% des im Wirtschaftsdünger aus der Tierhaltung anfallenden Stickstoffs können bisher als sog. unvermeidbare Verluste abgezogen werden, weil dieser Stickstoff in Form von Ammoniak in die Luft geht: Aus dem Stall, aus der Lagerung und bei der Ausbringung. Aber dieser Stickstoff ist natürlich nicht weg. Der kommt natürlich wieder runter. Bis zu 50 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr kommen in manchen Teilen Niedersachsens aus der Luft. Das ist in etwa eine landwirtschaftliche Volldüngung der 1950er Jahre. In die Bilanzierung bezieht das aber niemand ein. Die Düngeverordnung kennt nur unvermeidbare Verluste, aber keine unvermeidbaren Gewinne. Auch das muss endlich neu geregelt werden. Schluss mit diesen Bilanzierungstricks.

Anrede,

ich will jetzt nicht auf jede unserer zehn Forderungen zur Novelle der Düngeverordnung im Einzelnen eingehen. Eines ist mir aber noch besonders wichtig: Wir brauchen endlich eine Möglichkeit, die vorhandenen Daten über Tierbestände und Flächenausstattung der einzelnen Betriebe auch tatsächlich für die Kontrolle der ordnungsgemäßen Düngung einsetzen zu können. So wie wir alle gemeinsam das hier im Mai beschlossen haben. Bisher geht das aber nur auf freiwilliger Basis, weil die Düngeverordnung einen systematischen Abgleich nicht zulässt. Auch das muss sich dringend ändern.

Anrede,

bisher haben wir was den Anfall an Wirtschaftsdünger in Niedersachsen angeht, überwiegend ein Verteilungsproblem. Was im Westen zu viel ist, kann im Osten durchaus im Sinne der geltenden Düngeverordnung eingesetzt werden. Wenn wir aber die Düngeverordnung so novellieren wie das notwendig ist, dann werden wir nicht nur ein Verteilungsproblem haben, dann werden wir auch ein Mengenproblem haben. Aber daran geht kein Weg vorbei. Wir müssen dazu kommen, den Stickstoffbilanzüberschuss von derzeit 109 kg mindestens zu halbieren. Wir müssen auf 50 kg runter und eigentlich kann auch das noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Das ist keine Ideologie, das ist ganze einfache Mathematik. Wenn wir einen Nitratwert von 50 Milligramm pro Liter erreichen wollen, dann müssen wir bei einer jährlichen Grundwasserneubildung von 100 bis 200 Millimeter auf 20 bis 30 kg runter. Mehr geht nicht wenn der Bodenpuffer voll ist und da sind wir örtlich nicht weit von entfernt.

Vielen Dank!

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