Rede Hans-Joachim Janßen: Antrag (FDP) zur Nutztierhaltung

- Es gilt das gesprochene Wort - 

Anrede,

einen gewissen Erkenntnisgewinn kann man ja selbst bei Ihnen feststellen, meine Damen und Herren von der FDP: Aus der Überschrift „Diskurs über den Weg zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ spricht ja durchaus die Einsicht, dass die Nutztierhaltung derzeit eben nicht gesellschaftlich akzeptiert ist. Sonst müsste man sich ja nicht auf den Weg machen. Diese Erkenntnis ist ein Fortschritt, Herr Grupe, denn sonst tun Sie ja so, als hätten Sie den Stein des Weisen schon gefunden. 

Was allerdings nicht geht Herr Gruppe, dass Sie bestimmen wollen, wie dieser Diskurs zu verlaufen hat. Die FDP quasi als Oberschiedsrichter einer gesellschaftlichen Debatte, der dann die Rote Karte zeigt, wenn gesellschaftliche Gruppen die Situation mit Begriffen beschreiben, die Ihnen nicht gefallen. So geht das nicht. Da sollten Sie gerade als Partei die die Freiheit großspurig im Namen trägt nochmal drüber nachdenken.  

Anrede,

der Begriff „Massentierhaltung“ ist so ein Begriff bei dem Sie die Rote Karte zeigen wollen. Ich habe mal im Duden nachgeschaut was da unter „Massentierhaltung“ steht: „Massentierhaltung ist die technisierte Tierhaltung in Großbetrieben zur Gewinnung möglichst vieler tierischer Produkte“, Ich weiß überhaupt nicht was Sie dagegen haben. Das ist doch genau das was Sie wollen, meine Damen und Herren von der FDP: Technisiert und in Großbetrieben. Sie nennen das „moderne Tierhaltung“, ich nenne das „Massentierhaltung“.

Dass es den Tieren in großen Beständen automatisch schlechter geht als in Kleinen hat übrigens niemand behauptet. Auch kleine Tierbestände können natürlich schlecht gehalten werden, das ist keine Frage und das haben wir auch nie bestritten.

Denn Probleme folgen schon alleine aus der Züchtung von Nutztieren: Sie ist auf Hochleistung und Intensivhaltung ausgelegt, und das macht dann erhebliche Probleme im Tierschutz.

1960 betrug die Gewichtszunahme eines Hähnchens 20 g am Tag, heute liegt die Tageszunahme bei fast 70 g. Gerade die Brustmuskulatur ist besonders stark ausgeprägt. Das führt zu einer Verlagerung des Körperschwerpunkts und belastet das Skelett. Bis zu 90% der Masthühner leiden unter Gelenkserkrankungen. Oder nehmen wir die Milchkühe: Die Milchleistung einer Kuh hat sich in den letzten 50 Jahren mehr als verdoppelt, die Lebensdauer hat sich gleichzeitig halbiert. Das ist Ergebnis einer auf Massentierhaltung ausgerichteten Züchtung, die oft eben zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führt.  

Große Tierbestände auf engem Raum haben allerdings noch andere Probleme: Mehr Emissionen von Ammoniak und Stäuben, oftmals auch ein für die Nährstoffverteilung ungünstiges Verhältnis von Tierbestand und Flächenausstattung eines Betriebes, weil die vom einzelnen Betrieb bewirtschaftete Nutzfläche natürlich nicht im gleichen Maße angestiegen ist wie die Tierzahl. Nicht zu vergessen auch das Thema Antibiotikaeinsatz. Natürlich gibt es da einen Zusammenhang zwischen Bestandgröße und Antibiotikaeinsatz gerade bei Mastschweinen. Das ist auch logisch: Der Keimdruck ist in großen Beständen einfach höher.  

Anrede,

zu Ihrer Forderung nach Aufstockung der Stallbauförderung: das habe ich schon öfter hier gesagt. Da gibt es nun mal einen deutlichen politischen Unterschied zwischen uns und Ihnen und dazu stehe ich auch. Wir wollen die Mittel der zweiten Säule in erster Linie zur direkten Honorierung von Umwelt- und Tierschutzleistungen der Bäuerinnen und Bauern einsetzen, Sie wollen Ställe bauen und damit den Preisverfall und den Strukturwandel in der Landwirtschaft weiter beschleunigen. Das Ergebnis einer solchen Politik sehen wir doch gerade im Milchbereich. Um 5,6% ist die Milchviehhaltung in Niedersachsen zwischen Sommer 2014 und Sommer 2015 angestiegen. Das können Sie im neuen Nährstoffbericht nachlesen der letzte Woche veröffentlicht wurde. Das ist natürlich noch Ergebnis der von Ihnen so hoch gelobten Stallbauförderung der letzten Förderperiode. Folge: Die Bestände gehen hoch, die Milchmenge geht hoch und die Preise sind im Keller. Das ist übrigens Marktwirtschaft meine Damen und Herren von der FDP.

Anrede,

diese fatale Entwicklung wollen wir nicht und dazu stehen wir auch und deshalb lehnen wir Ihren Antrag heute ab.

Vielen Dank! 

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